Kaiserschnittgeburten – Entwicklung und regionale Verteilung
Kaiserschnittgeburten – Entwicklung und regionale Verteilung
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3 Bedarfsgerechte Versorgung <strong>und</strong> Evidenz<br />
3.4.3.3 Vergütungsanreize<br />
In der Beurteilung der Frage nach den betriebswirtschaftlichen Anreizen zur Durchführung von<br />
Kaiserschnitten müssen allerdings Veränderungen konstatiert werden. In den Zeiten vor Einführung<br />
des Vergütungssystems der Fallpauschalen (DRG-System) gab es Hinweise darauf, dass die<br />
Kosten einer primären Sectio unter den Erlösen, die Kosten einer vaginalen Entbindung hingegen<br />
über den Erlösen lagen. Dies bedeutet, dass primäre Sectiones den finanziellen Verlust bei<br />
Spontangeburten ausgeglichen haben. Einige Autoren kommen auf Basis der Kalkulationen für<br />
einzelne Krankenhäuser auch heute noch <strong>–</strong> also unter den Bedingungen des DRG-Systems <strong>–</strong> zu<br />
dem Schluss, dass Schnittentbindungen vaginale Geburten subventionieren <strong>und</strong> es mithin für<br />
Krankenhäuser einen ökonomischen Anreiz gibt, häufige Schnittentbindungen zu machen (z. B.<br />
Hornemann et al. 2008).<br />
Kaiserschnitte werden<br />
höher vergütet …<br />
Eine Analyse auf Basis der Daten des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) zeigt<br />
hingegen, dass die Fallerlöse für vaginale Geburten (je nach B<strong>und</strong>esland zwischen 1.477 <strong>und</strong><br />
1.638 Euro) niedriger liegen als jene für Kaiserschnitte (2.554 bis 2.836 Euro), zugleich aber auch<br />
die Kosten für eine Schnittentbindung höher sind (Schwenzer & Schwenzer 2010). Die geschätzten<br />
mittleren Fallkosten liegen bei 1.514 Euro (vaginale Geburt) <strong>und</strong> 2.683 Euro (Sectio). Die Autoren<br />
weisen darauf hin, dass sich hieraus kein Anreiz für Kliniken ableiten lässt, die Kaiserschnittrate<br />
zu erhöhen, weil den Mehrerlösen auch Mehrkosten gegenüberstehen. Selbst wenn es der Klinik<br />
bei höheren Sectioraten gelingt, die Gewinne durch Skaleneffekte zu steigern, könnte dieser<br />
Vorteil dadurch neutralisiert werden, dass die Kosten für die verbleibenden vaginalen Geburten<br />
steigen würden, weil die Infrastrukturkosten auf eine geringere Zahl vaginaler Geburten umgelegt<br />
werden müssten (siehe auch Beckmann et al. 2011).<br />
… verbrauchen aber<br />
auch mehr Ressourcen<br />
Kritisiert wurde nach Einführung der DRGs, dass zunächst keine Differenzierung zwischen<br />
primärer <strong>und</strong> sek<strong>und</strong>ärer Sectio vorgesehen war, obwohl der Aufwand für die Krankenhäuser<br />
unterschiedlich ist. Im Jahr 2010 wurde deshalb die Einteilung der Fallschweren für die Sectio<br />
angepasst <strong>und</strong> eine entsprechende Differenzierung eingefügt. Inwieweit dies perspektivisch zu<br />
einer Verschiebung in der Relation primäre versus sek<strong>und</strong>äre Sectio führt, bleibt abzuwarten.<br />
Beeinflussen<br />
Änderungen bei<br />
DRGs die KS-Raten?<br />
In Abschnitt 5.2.2.4 werden erste Untersuchungsergebnisse zu den Auswirkungen dieser Anpassung<br />
des DRG-Katalogs im Jahr 2010 präsentiert; zudem wird untersucht, ob die Rate der primären<br />
Kaiserschnitte die Höhe der Gesamtkaiserschnittrate auf <strong>regionale</strong>r Ebene beeinflusst.<br />
Zusammenfassend sollte hinsichtlich der ökonomischen Anreize nicht aus dem Blick verloren<br />
werden, dass es aus betriebswirtschaftlicher Perspektive nicht eines primär monetären Anreizes<br />
bedarf, um eine hochgradig planbare Leistung (primärer Kaiserschnitt) einer ungeplanten Leistung<br />
(vaginale Entbindung) vorzuziehen.<br />
Nicht nur Entgelthöhe,<br />
sondern Planbarkeit<br />
attraktiv<br />
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