Scan (50 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
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gegen rationale Verplanung zu setzen, stehen zur Lösung an erster<br />
Stelle Veränderungen in der gesellschaftlichen Organisation zur<br />
Diskussion. Dabei geht es weniger um die Betrachtung sozialer<br />
Randgruppen, sondern um Organisations- und Verhaltensänderungen<br />
in der größten gesellschaftlichen Gruppe, die wir in der<br />
Bundesrepublik haben. Die neue Sport- und Freizeitbewegung ist<br />
in erster Linie eine breite Bewegung des sogenannten gut verdienenden<br />
Mittelstandes. Änderungen erfordern hier jedoch viel Ausdauer<br />
und Phantasie. Kurz- bis mittelfristig sind daher parallel andere<br />
Wege zu beschreiten.<br />
• Durchmischung der täglichen Arbeitszeiten mit Freizeit- und<br />
Sportaktivitäten. Eine individuellere Gestaltung der täglichen<br />
Arbeitszeit ermöglicht dem einzelnen, Sport- und Freizeitaktivitäten<br />
auch zu attraktiven Tageszeiten im Verlaufe der Woche<br />
auszuüben.<br />
So können z. B. um die Mittagszeit Familien Freizeit gemeinsam<br />
verbringen. Erforderlich ist dabei eine Verlagerung der täglichen<br />
Arbeitszeit in die Morgen- und Abendstunden hinein. In<br />
den südeuropäischen Ländern gehören derartige Regelungen<br />
zur Normalität.<br />
• Konsequent ist dann auch eine flexible Regelung der Wochenarbeitszeiten,<br />
wobei insbesondere das Wochenende entlastet<br />
werden muß.<br />
2 Handlungsebenen und Maßnahmen zum Abbau von<br />
Belastungen durch Sport- und Freizeitaktiv it äten<br />
Die Frage, wo und wie die einzelnen Wünsche (Beweggründe) sozial<br />
und umweltverträglich realisiert werden können, ist zu beantworten.<br />
Dabei können keine Rezepte gegeben werden, sondern<br />
nur richtungsweisende Grundregeln formuliert werden, die ständig<br />
auf ihre zeitliche Gültigkeit zu überprüfen sind.<br />
2.1 Zeitliche Organisationsveränderungen<br />
Besonders in der Urlaubszeit wird deutlich, daß Freizeitanlagen<br />
und Erholungslandschaften <strong>für</strong> Spitzenbedarfe ausgebaut werden.<br />
Der Grund liegt in einer nahezu völligen zeitlichen Gleichschaltung<br />
der Freizeitaktivitäten. Zumindest die gesellschaftliche<br />
Gruppe, die den Boom auslöst, erholt sich in der Regel im jahreszeitlichen<br />
Verlauf immer zur gleichen Zeit. Dieses Phänomen wiederholt<br />
sich sowohl im wöchentlichen als auch im täglichen Ablauf.<br />
Eine zeitliche Entzerrung des gesamten Freizeitaufkommens ist<br />
die erste Voraussetzung zur Schaffung umweltverträglicher Freizeitformen.<br />
Die Wirkung tritt in zweierlei Hinsicht auf:<br />
• Verzicht auf großflächige und aufwendige Freizeitinfrastruktur<br />
inkl. der dazugehörigen Ver- und Entsorgungsanlagen, Verkehrsflächen,<br />
Übernachtungsmöglichkeiten und Gastronomiebetriebe.<br />
Eine auf den Spitzenbedarf ausgebaute Freizeitinfrastruktur<br />
verhindert indirekt auch eine gleichmäßige Auslastung über<br />
das Jahr. Nutzer, die sich außerhalb der Haupterholungszeiten<br />
in den Gebieten aufhalten, fühlen sich in den dann überdimensionierten<br />
Freizeitanlagen unwohl und suchen <strong>für</strong> sie maßstabsgerechtere<br />
Landschaften auf. Die Ausbauspirale beginnt<br />
von vorne.<br />
• Massenaufkommen von Freizeit wird abgebaut. Das Ziel, in der<br />
Freizeit der Massengesellschaft zu entkommen, wird eher erreicht,<br />
wenn der Erholungssuchende am Ort seiner Sport- und<br />
Freizeitaktivitäten auf überschaubare Gruppen von Miterholern<br />
trifft.<br />
Um die Erholungszeiten zeitlich zu entzerren, bieten sich folgende<br />
Möglichkeiten an:<br />
• Differenzierte Ferienregelung in den Schulen sowie flexiblere<br />
Urlaubsgestaltung in den Betrieben der gewerblichen Wirtschaft<br />
und des öffentlichen Dienstes. Gerade bei großen Verwaltungsbetrieben<br />
könnte eine Auflösung der oft starren Urlaubsregelung,<br />
die auf eine jährliche Vorausplanung und Konzentration<br />
auf die Haupturlaubszeiten beruht, ein erster Einstieg<br />
sein. Das Favorisieren von spontanen Kurzurlauben<br />
durchbricht die tägliche gesellschaftliche und berufliche Regelung<br />
des Einzelnen. Allein die Tatsache, daß man jederzeit gewisse<br />
Freiheiten genießen kann (Selbstbestimmung), hilft dabei,<br />
bestimmte Wünsche <strong>für</strong> die Freizeit erst gar nicht aufkommen<br />
zu lassen.<br />
2.2 Räumliche Entzerrung<br />
• Der Abbau von Belastungen und Beeinträchtigungen in der<br />
Landschaft ist die Voraussetzung da<strong>für</strong>, daß eine Entlastung der<br />
wenigen naturnahen Erholungslandschaften gelingt. Mit der<br />
Anreicherung von ausgeräumten Agrarlandschaften durch<br />
Kleinstrukturen wie Feldgehölze, Waldparzellen, Brachen ist<br />
die Erlebniswirkung der Landschaften zu verbessern. Die Nutzungsfähigkeit<br />
<strong>für</strong> Freizeitaktivitäten kann z. B. durch die Renaturierung<br />
von Gewässersystemen, durch Gewässersanierungsprogramme<br />
erhöht werden. Im Endeffekt ist durch ein erhöhtes<br />
Angebot an Erholungslandschatten in günstiger räumlicher<br />
Zuordnung zu den Nachfragegebieten eine Ausdünnung<br />
des Erholungsaufkommens in den traditionellen z. Z. über die<br />
Belastungsgrenzen hinaus touristisch genutzten Gebieten anzustreben.<br />
Wie beim Arten- und Biotopschutz, nach dem Motto<br />
„Natur aus zweiter Hand" praktiziert, könnten analog „Erholungslandschaften<br />
aus zweiter Hand" entstehen. (Siehe Erholungsgebiete<br />
in Braunkohletageabbaugebieten, Sportgelegenheiten<br />
auf Halden des Steinkohlenbergbaues, Gestaltung von<br />
Abgrabungsgewässern usw.)<br />
• Die Forderung, Freizeit- und Sportgelegenheiten im direkten<br />
Wohnumfeld vorzuhalten, ist nicht neu, muß aber weiterhin konsequent<br />
durchgehalten werden. Neben der Freihaltung entsprechender<br />
Räume und der Erhaltung bzw. Neuschaffung ihrer<br />
Nutzungsfähigkeit <strong>für</strong> Freizeitaktivitäten müssen überzogene<br />
Empfindlichkeiten gegenüber Sport- und Freizeitnutzungen<br />
insbesondere in Wohngebieten abgebaut werden.<br />
Mit der Einbeziehung natu rnaher Gestaltungselemente bei der<br />
Konzeption von Freizeitanlagen im Wohnumfeld kann ein Teil<br />
der Nachfrager unmittelbar in den Quellgebieten verbleiben.<br />
Auch Sportanlagen selbst sollten dabei naturnaher gestaltet<br />
werden, z. B. Sandlaufbahnen, Umgestaltung ehemaliger Abgrabungsgewässer<br />
<strong>für</strong> Baden und Wassersport, Halden und<br />
Aufschüttungen <strong>für</strong> den Klettersport.<br />
• Der Sport am Arbeitsplatz ist die dritte Säule bei der räumlichen<br />
Entzerrung. Angefangen von Sport- und Fitneßräumen direkt<br />
am Arbeitsplatz bis hin zu entsprechenden Freiräumen in Zuordnung<br />
zu den Arbeitsstätten muß die Gelegenheit gegeben<br />
werden, den täglichen Arbeitsrhythmus durch sportliche Aktivitäten<br />
zu unterbrechen. Die Trägerschaft <strong>für</strong> arbeitsbezogene<br />
Sportanlagen sind von den jeweiligen Betrieben, Behörden<br />
oder Schulen, unterstüzt durch öffentliche Förderungen, zu<br />
übernehmen. Die Attraktivität der Sportgelegenheiten ist durch<br />
auf die jeweiligen Ansprüche der Berufsgruppen zugeschnittene<br />
Fißneßprogramme bis hin zu den Sportfolgeeinrichtunen<br />
wie Sanitäranlagen zu steigern.<br />
3 Kriterien <strong>für</strong> umwelt- und sozialverträgliche Sportund<br />
Freizeitaktivitäten<br />
Der Anstieg des Freizeitsports in der freien Landschaft erfordert<br />
vorrangig eine inhaltliche Erweiterung und Ergänzung der derzeitigen<br />
Sportgelegenheiten. Dazu müssen Kriterien genannt werden,<br />
die als Orientierungshilfe <strong>für</strong> Planung, Politik und Öffentlichkeit dienen.<br />
Betrachtet werden soll dabei der Freizeit- oder Breitensport,<br />
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