Scan (50 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
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2 Auswirkungen von Freizeitaktivitäten auf Flora<br />
und Fauna<br />
Es kommt sowohl durch anlagegebundene wie ungebundene Freizeitaktivitäten<br />
zumindest lokal stets zu einer Beeinträchtigung der<br />
zu schützenden Lebensgemeinschaften. Die wichtigsten ökologischen<br />
Auswirkungen der Erholungsaktivitäten sind:<br />
a) Beunruhigung/Streß von Tieren<br />
b) Zerstörung bzw. Veränderung der Pflanzen- und Tierwelt durch<br />
- Verlust von Lebensräumen durch Flächenversiegelung und<br />
Zerschneidung,<br />
- mechanische Belastungen z.B. durch Tritt (Abb. 1 ), Lagern,<br />
Skilauten, Kanufahren, Motocross, Klettern oder Mountain<br />
Bikes,<br />
- Eutrophierung z.B. durch Abfälle oder Wildfütterung,<br />
- direkte Vernichtung von Pflanzen und Tieren z.B. durch<br />
Sammeln, Abreißen, Jagd und Angeln,<br />
- Aussetzen von Tieren (Jagd, Angeln).<br />
c) Verunreinigung von Luft, Boden und Wasser durch<br />
- Aufsuchen der Schutzgebiete mit Kraftfahrzeugen<br />
Befahren der Gewässer mit Motorbooten (Lärm, Abgase,<br />
Eintrag von Öl und sonstigen Schadstoffen)<br />
Einleitung von nicht ausreichend geklärten Abwässern von<br />
Erholungseinrichtungen wie z.B. Wochenendhäusern,<br />
- Ablagerung von Müll.<br />
d) Bodenverdichtung/Bodenerosion, z. B. durch Tritt, Motor- und<br />
Wintersport.<br />
Der Belastungsfaktor „Beunruhigung/Streß" tritt bei allen Freizeitaktivitäten<br />
auf. Die größten Schäden werden hierbei häufig nicht<br />
von der Vielzahl der Besucher verursacht, die sich auf den vorgegebenen<br />
Wegen halten, sondern von den Personen, die bewußt die<br />
Wege verlassen, z. B. um die Natur besonders gut zu erleben oder<br />
Tiere und Pflanzen zu beobachten bzw. zu fotografieren. Durch die<br />
Anwesenheit auch von einzelnen Menschen werden insbesondere<br />
Vögel und Großsäugetiere von ihren Vermehrungs-, Rast- und<br />
Mauserplätzen vertrieben. Besonders empfindlich sind in Schwärmen<br />
lebende Großvögel, wie z.B. Gänse, Schwimmvögel und Limikolen.<br />
Der zuerst auffliegende, also der störungsempfindlichste<br />
Vogel, veranlaßt häufig den gesamten Schwarm, das Gebiet zu verlassen.<br />
3 Umfang der Freizeitaktivitäten in Naturschutzgebieten<br />
Etwa <strong>50</strong> % der Gesamtfläche der Bundesrepublik werden <strong>für</strong> die<br />
Erholung in der freien Landschaft genutzt (GESSNER, BRANDT &<br />
MRASS 1974). Über 27 % der Landesfläche der Bundesrepublik<br />
stehen unter Landschaftsschutz. Die Gesamtfläche der Naturschutzgebiete<br />
beträgt dagegen nur 1,2 % der Landesfläche, verteilt<br />
auf 2593 Gebiete, Stand 31. 12. 1986 (HAARMANN & PRETSCHER<br />
1988). Damit liegt der Flächenanteil der Naturschutzgebiete sehr<br />
weit unter dem <strong>für</strong> den Schutz der Pflanzen- und Tierwelt immer<br />
wieder geforderten Anteil von mind. 10 %. Dieser geringe Flächenanteil<br />
von 1,2 % könnte vermuten lassen, daß Naturschutzgebiete,<br />
in denen gesetzlich alle Beeinträchtigungen und nachhaltigen Störungen<br />
untersagt sind (§ 13 Abs. 2 BNatSchG), <strong>für</strong> die Erholungsnutzung<br />
in der freien Landschaft von untergeordneter Bedeutung<br />
sind und daß Konflikte hier kaum auftreten.<br />
Nach einer Untersuchung der Bundesforschungsanstalt <strong>für</strong> Naturschutz<br />
und Landschaftsökologie (FRITZ 1977) über den Umfang<br />
von Erholungseinrichtungen und Erholungsnutzung in Naturschutzgebieten<br />
der Bundesrepublik waren bereits damals schon<br />
über <strong>50</strong> % aller Naturschutzgebiete von Erholungsnutzungen betroffen.<br />
In 28 % der Gebiete befand sich eine Erholungsanlage (z.B.<br />
Wildgehege, Angelsteg, Badestelle, Trampelpfad, Minigolfplatz,<br />
Wochenendhaus und Motorrennstrecke). Parkplätze lagen in 25 %<br />
der Naturschutzgebiete. Besonders stark betroffen waren Gewässer:<br />
70 % waren durch Erholungsnutzung beeinträchtigt.<br />
Eine zentrale Bedeutung <strong>für</strong> den Umfang der Freizeitaktivitäten in<br />
Naturschutzgebieten spielt der Grad der Erschließung insbesondere<br />
durch Parkplätze. Von den untersuchten Naturschutzgebieten<br />
mit offenen Wasserflächen waren nachhaltig beeinträchtigt:<br />
- 57 % der Naturschutzgebiete, in denen ein Parkplatz lag,<br />
- 30 % der Naturschutzgebiete, wenn der Parkplatz bis <strong>50</strong>0 m entfernt<br />
lag,<br />
23 % der Naturschutzgebiete bei einer Entfernung des Parkplatzes<br />
von <strong>50</strong>0-1000 m.<br />
Hierbei ist zu berücksichtigen, daß sich diese Erholungseinrichtungen<br />
vielfach bereits in den Gebieten zum Zeitpunkt der Schutzausweisung<br />
befanden. Dies zeigt die hohe „Grundbelastung" der<br />
Naturschutzgebiete in der Bundesrepublik.<br />
Eine neue Untersuchung in der Südhälfte der Bundesrepublik bestätigt,<br />
daß etwa <strong>50</strong> % der Naturschutzgebiete durch Freizeitaktivitäten<br />
belastet sind. Quantitativ werden hierdurch mehr Naturschutzgebiete<br />
beeinträchtigt als durch die intensive landwirtschaftliche<br />
Nutzung oder forstwirtschaftliche Nutzung (HAAR<br />
MANN & PRETSCHER 1988).<br />
Abb. 3: Zusatzschilder mit leicht verständlichen Symbolen weisen auch<br />
den eiligen Besucher auf die wichtigsten Verbote hin. (Foto: Woike)<br />
Generell sind die Belastungen durch Freizeitaktivitäten um so größer,<br />
je weniger Fläche <strong>für</strong> die Erholungsuchenden zur Verfügung<br />
steht. Besonders gravierend sind die Konflikte in der Umgebung<br />
der Großstädte sowie den vielbesuchten Urlaubsgebieten (z.B.<br />
Nord-, Ostsee, Alpen). Dies gilt um so mehr, als hier die Ausweisung<br />
von ausreichend großen Naturschutzgbieten mit restriktiven<br />
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