Scan (50 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
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der Planung wird die Auswirkung der Freizeit- und Erholungsnutzung<br />
auf die Tierwelt nach wie vor unzureichend berücksichtigt.<br />
Im Rahmen dieser Stellungnahme kann nicht das gesamte Spektrum<br />
der Störungen, Schädigungen und Zerstörungen durch Freizeit-<br />
und Erholungsnutzung dargestellt werden. Es sollen daher im<br />
folgenden die charakteristischen Belastungsarten herausgestellt<br />
werden, die bei bestimmten Freizeit- und Erholungsaktivitäten immer<br />
wieder auftreten.<br />
Die Tierwelt reagiert je nach Art und Ausmaß des Eingriffs mit Aussterben<br />
von Populationen, Bestandseinbußen (Arten- und Populationsrückgang)<br />
und Verhaltensänderung (Anpassung von Individuen<br />
und Populationen).<br />
Surfen, Segeln und Bootsfahren<br />
Durch diese Freizeitaktivitäten werden empfindliche Wasservogelarten<br />
unmittelbar gestört und in unzugängliche Uferbereiche verdrängt.<br />
Werden diese zusätzlich durch Angler, Surfer und Badende<br />
genutzt, so können Bruten nicht großgezogen werden, die Populationen<br />
erlöschen. Es bleiben nur anpassungsfähige Tierarten<br />
übrig.<br />
Motorboote, die Schilf- und sonstige Ufergürtel berühren, verschärfen<br />
die Störungen, schädigen zusätzlich die im Boden lebenden<br />
Tiere und verseuchen u. U. die Gewässer mit Öl und Abgasen.<br />
Angeln<br />
Wie von REICHHOLF (1988) nachgewiesen, werden durch die bloße<br />
Anwesenheit von Anglern bei sonst fehlenden Freizeitaktivitäten<br />
erhebliche Verluste bei Wasservogelbruten verzeichnet:<br />
30 Nester/ km Uferlinie ohne Anwesenheit von Anglern<br />
10 Nester /km Uferlinie bei Anwesenheit von 1- 2 Anglern<br />
2 Nester/km Uferlinie bei Anwesenheit von 10 Anglern.<br />
Durch den Angelsport, der bevorzugt in abgelegene Bereiche ei n<br />
dringt, aber auch durch Badende und Spaziergänger werden Röhrichte,<br />
Flachwasserbereiche mit ihrer Wasserpflanzenzone sowie<br />
Uferbiotope vielfach erheblich gestört und geschädigt (höhere und<br />
niedere Tierarten und ihre Laich- und Brutplätze), so daß in diesem<br />
sehr empfindlichen Bereich Dezimierung und Vernichtung von<br />
Tierpopulationen eingeleitet werden, die oft einschneidende Änderungen<br />
<strong>für</strong> das gesamte ökologische Gefüge der Gewässerbiozönose<br />
zur Folge haben.<br />
Die Belastungen werden durch die Vielzahl an Sportarten am gleichen<br />
Gewässer sowie infolge von bereits vorhandenen Grundbelastungen<br />
durch andere Nutzungen akkumulativ gesteigert. Hierbei<br />
sind die belastungsempfindlicheren kleinen, oligotrophen Gewässer<br />
stärker betroffen als die großen, eutrophen Seen.<br />
Direkte Belastungen sind z. B. Abwassereinleitungen von Freizeitanlagen<br />
(Campingplätze usw.) in stehende Gewässer sowie indirekte<br />
Belastungen über das Grundwasser oder Vorfluter, z. B. bei<br />
lntensivpflege von Rasenplätzen (Dünger, Biozide) im Einzugsbereich.<br />
Bootssport (Kanu- und Paddelsport), Lagern und Wandern an Flüssen<br />
und Bächen<br />
Bei Fließgewässern sind die Schäden durch Freizeit- und Erholungsnutzung<br />
häufig als zusätzliche Belastungen zu den bereits<br />
vielfältigen Störungen und Veränderungen aufgrund anderer Nutzungseingriffe<br />
in die Gewässer zu werten.<br />
Neben dem Kanusport, der vor allem gern naturnah verbliebene<br />
Gewässerstrecken bevorzugt und durch mechanische Beschädigung<br />
von Uferbereichen, Aufwirbeln von Sand und abgestorbener<br />
organischer Substanz die wasserbewohnenden Kleinlebewesen<br />
und Fischlaichzonen stört und Uferbewohner (z. B. Vogelarten wie<br />
Eisvogel und Wasseramsel, Bewohner von Sandbänken) vertreibt,<br />
sind das Lagern, Transportieren von Booten, Spielen und Campen<br />
an naturnahen Gewässerstrecken als erheblicher Störfaktor zu<br />
nennen (vgl. hierzu die Stellungnahme des Deutschen <strong>Rat</strong>es <strong>für</strong><br />
<strong>Landespflege</strong> zum Naturpark Südeifel, in der auf die Problematik<br />
der Kanuregatten und Kajakmeisterschaften im Gebiet des Naturdenkmals<br />
lrreler Wasserfälle eingegangen wird) 13 >. Daneben entwickelt<br />
sich als neue Freizeitbetätigung das sog .• Bachwandern",<br />
das in einem Durchwaten unwegsamer flacher Bachstrecken besteht<br />
und gravierende Störungen und Zerstörungen letzter Gewässerrefugien<br />
zur Folge hat.<br />
Wandern, Spielen, Lagern, Klettern<br />
Auf die negativen Auswirkungen des Wanderns auf die Tierwelt im<br />
Bereich von Gewässern wurde bereits eingegangen. Negative Folgen<br />
sind jedoch auch in anderen Bereichen, hier besonders in<br />
empfindlichen Lebensräumen, wie Mooren, Feuchtwiesen, auf<br />
Trockenrasen, Heiden, Dünen, in Felsregionen oder in Biotopen mit<br />
seltenen, besonders störanfälligen Arten, festzustellen. Diese Flächen<br />
sind vielfach als NSG ausgewiesen.<br />
- In Mooren und Feuchtgebieten sind vor allem direkte Störungen<br />
und Beunruhigungen von seltenen Tierarten zu nennen. Betroffen<br />
sind z. B. letzte Rückzugsgebiete von Weißstorch, Kranich,<br />
Graureiher, aber auch von Amphibien- und Reptilienarten.<br />
Durch die Befestigung von Wegen (Wanderwege) werden u. a.<br />
Brutstätten von Unken und Gewässerkleintieren (Kleinstbiotope<br />
in Wagenspuren) zerstört.<br />
- Auf Trockenrasen und Heiden werden durch Betreten, Lagern,<br />
Spielen, Eutrophierung und Abpflücken seltener Pflanzen das<br />
Arten- und Biotopgefüge derart belastet, daß zahlreiche Kleintierpopulationen<br />
zerstört werden (z. B. zahlreiche wärmeliebenden<br />
Insektenarten, aber auch Reptilien und Vögel).<br />
- Dünen werden zum Querfeldeinwandern, Spielen, Befahren<br />
und Lagern vielfach derartig intensiv genutzt, daß diese Biotope<br />
nur noch <strong>für</strong> wenige Tierarten bewohnbar sind.<br />
- Felsregionen und Felswände im Mittelgebirge werden häufig intensiv<br />
zu Kletterzwecken (Übungsfelsen) genutzt. Hierdurch<br />
sind seltene Tag- und Nachtgreifer sowie zahlreiche Kleintiere<br />
betroffen. Der gleiche Konflikt entwickelt sich beim ständig expandierenden<br />
Klettersport im alpinen Raum. Hierdurch wird die<br />
hochempfindliche, speziell angepaßte Tierwelt des Hochgebirges<br />
gestört.<br />
- Hohe Besucherdichten und Verlassen der Bergpfade beim<br />
Bergwandern haben z. T. zu erheblichen Bestandseinbußen bei<br />
Auer- und Birkwild geführt und beunruhigen Gamswild sowie<br />
Rot- und Rehwild (SCHRÖDER, W., et al 1981, 1982 u. 1983 14 l.<br />
Wintersport<br />
Die tierökologischen Probleme des Wintersports betreffen vor allem<br />
den Varianten-Skilauf (mit Aufstiegshilfen) und den Tourenskilauf<br />
(ohne Aufstiegshilfen).<br />
Hier ist infolge der Störungen und häufigen Flucht der Wildtiere<br />
(Schalenwild, Auer- und Birkwild) in den Wintereinständen deren<br />
Energiehaushalt (vorzeitiger Verbrauch der Fettreserven) gestört,<br />
so daß es zur Schwächung und zum Tod der Tiere kommen kann.<br />
13) <strong>Deutscher</strong> <strong>Rat</strong> <strong>für</strong> <strong>Landespflege</strong> (1982): Belastungen der Landschaften<br />
des Naturparks Südeifel. Schr.-R. des Deutschen <strong>Rat</strong>es <strong>für</strong> <strong>Landespflege</strong>,<br />
H. 39, S. 772 .<br />
14) SCHRÖDER, W., et al (1981 ): Das Birkhuhn in Bayern<br />
(1982): Das Auerhuhn in Bayern<br />
(1982): Die Gemse<br />
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