Scan (50 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
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Der vom <strong>Rat</strong> eingesetzte Arbeitsausschuß, dem als Mitglieder die<br />
Sachverständigen<br />
Prof. Dr. Ulrich AMMER<br />
Dr. Gerta BAUER<br />
Prof. Dr. Klaus BORCHARD<br />
Akad. R. a. Z. Franz DIRNBERGER<br />
Prof. Reinhard GREBE<br />
Prof. Dr. Gerhard OLSCHOWY (Leiter)<br />
Dr. Siegbert PANTELEIT<br />
Prof. Dr. Hermann SOELL<br />
Dipl.-Ing. Angelika WURZEL<br />
angehörten, hatte die Aufgabe, die Ergebnisse des wissenschaftlichen<br />
Kolloquiums mit seinen Referaten und Aussprachen auszuwerten<br />
und den Entwurf einer gutachtlichen Stellungnahme vorzubereiten.<br />
Die Stellungnahme wurde von den Mitgliedern des Deutschen<br />
<strong>Rat</strong>es <strong>für</strong> <strong>Landespflege</strong> mit Datum vom 20. November 1989<br />
beschlossen.<br />
1 Einführung<br />
Unter „Freizeit" ist der Zeitraum zu verstehen, über den der Einzelne<br />
frei verfügen kann und in dem er frei von bindenden Verpflichtungen<br />
wie Arbeit, Hausarbeit, Schule, Kinderbetreuung, Einkaufen<br />
usw„ ist. Diese Zeit steht <strong>für</strong> die Erholung von den Anstrengungen<br />
beruflicher oder sonstiger Verpflichtungen zur Verfügung, wird<br />
aber oft nicht nur da<strong>für</strong>, sondern auch <strong>für</strong> vielfältige andere Aktivitäten<br />
genutzt. Seit der Jahrhundertwende ist die Arbeitszeit auf die<br />
Hälfte verkürzt worden, damit verbunden ist der Anstieg der verfügbaren<br />
Freizeit; <strong>für</strong> die Zukunft kann aufgrund neuer Technologieund<br />
Kommunikationsformen damit gerechnet werden, daß der Anteil<br />
der Freizeit weiter wächst, wenn auch aufgrund demographischer<br />
Ursachen etwas verlangsamt. Gleichzeitig mit dem Ansteigen<br />
der Freizeit hat sich ein grundsätzlicher Wertewandel in der<br />
Einstellung zu diesem Teil der Lebenszeit vollzogen 2 l:<br />
Die Arbeit und das Leistungsprinzip stehen <strong>für</strong> immer mehr Menschen<br />
nicht mehr im Mittelpunkt ihres Lebens; sie dienen mehr und<br />
mehr dem Zweck, die materiellen Grundlagen <strong>für</strong> die Gestaltung<br />
der Freizeit sicherzustellen. Spaß und Lebensfreude, genossen<br />
zusammen mit der Familie und mit Freunden, rangieren inzwischen<br />
deutlich höher als noch vor 20 Jahren. Freizeitinhalte und<br />
Freizeittätigkeiten werden immer stärker als Bestandteil des Alltags<br />
angesehen; der durch Medien und Freizeitwerbung geprägte<br />
„Idealtyp" ist heute der sportlich vielseitige junge Mensch. Unter<br />
den vielfältigen Formen der Freizeitgestaltung sollen insbesondere<br />
diejenigen näher betrachtet werden, die in enger Beziehung zu<br />
Natur und Landschaft stehen, also vor allem naturbezogene Erholungsarten<br />
(einschl. Sport) und Tourismus.<br />
Die Zunahme der real verfügbaren Einkommen der Bürger der<br />
Bundesrepublik Deutschland, die seit 19<strong>50</strong> um das Vierfache gestiegen<br />
sind, die Zunahme der Mobilität, die zunehmende Verstädterung<br />
in unserem lande und die Verschlechterung der Lebensqualität<br />
in den Ballungsräumen haben den nationalen und internationalen<br />
Tourismus und den Nah- und Wochenenderholungsverkehr<br />
in den vergangenen Jahrzehnten erheblich ansteigen lassen.<br />
Auf die Gesamtbevölkerung umgerechnet ist jeder Bundesbürger<br />
im Durchschnitt pro Jahr 33 Tage, also über einen Monat, aus Freizeit-<br />
und Erholungsgründen nicht zu Hause. Die Reiseintensität,<br />
bezogen auf den Urlaub m it Reisen von mindestens 5 Tagen Dauer,<br />
hat stark zugenommen und im Jahre 1987 den Anteil von 65 % der<br />
Bevölkerung erreicht. Im Zusammenhang damit steht auch die Zunahme<br />
der Reiseziele ins Ausland; im Jahre 1987 haben 69 % der<br />
Urlaubsreisenden das Ausland besucht.<br />
Freizeit und Erholung mit ihren Auswirkungen sind inzwischen ein<br />
verbreitetes internationales Problem geworden. In der gesamten<br />
Welt wurden im Jahre 1988 rd. 390 Millionen Reisen gezählt, während<br />
es vor 40 Jahren nur etwa 25 Millionen waren. Als Folge dieser<br />
Entwicklung wird in vielen Ländern die natürliche Umwelt belastet,<br />
wie auch vielen Kultur- und Kunstdenkmälern die Zerstörung droht.<br />
Die rasante Wandlung mancher Länder der Dritten Welt von Agrarin<br />
Touristikländer mußte zwangsläufig zu Problemen führen.<br />
Immer mehr Menschen machen nicht nur einen oder zwei Urlaube<br />
im Jahr (Sommerurlaub im Süden und am Meer, Winterurlaub in<br />
den Bergen zum Skilaufen = Langzeiterholung), sondern immer<br />
häufiger werden auch die Wochenenden zur kurzzeitigen Erholung<br />
(Radfahren, Wandern, Surfen usw.) genutzt.<br />
Als wichtigstes Verkehrsmittel zur Erreichung von Urlaubsorten<br />
wird der Pkw eingesetzt, der 1987 mit 55 % an den Transportmitteln<br />
beteiligt war. Etwa die Hälfte aller in der Bundesrepublik Deutschland<br />
gefahrenen Personen-Pkw-Kilometer dienen Freizeitzwekken.<br />
Durch den Anstieg der Auslandsreisen hat auch das Flugzeug<br />
als Transportmittel zugenommen und 1987 den Anteil von 23 % erreicht.<br />
Demgegenüber hat der Anteil der Bahnreisen abgenommen<br />
und 1987 nur 11 % betragen; die Busreisen waren mit 9 % beteiligt.<br />
Auch die Art der Unterkünfte der Haupturlaubsreisen hat sich im<br />
l aufe der Zeit verändert; so ist die Benutzung von Camping/Caravan<br />
auf 11 % im Jahre 1987 angestiegen; 1989 sollen nach Angaben<br />
des Deutschen Camping-Clubs 1,2 Millionen Wohnanhänger<br />
und Wohnmobile unterwegs gewesen sein. Ebenfalls bis 1987 ist<br />
die Benutzung von Ferienwohnungen und -häusern auf 18 % angestiegen,<br />
wovon 6 % auf Eigentum entfallen (vgl. Beitrag HAMELE).<br />
Neben den bereits erwähnten Gründen <strong>für</strong> die starke Zunahme von<br />
Freizeit und Erholung ist auch als Motiv die Erhaltung und Wiederherstellung<br />
der Gesundheit anzuführen, so daß manche Freizeittätigkeiten<br />
Teil eines Erholungsprozesses sind. Arbeitsinhalte und<br />
Arbeitsanforderungen können die Art der Freizeitgestaltung und<br />
des Urlaubs mit bestimmen; hier sei an erhöhte Ermüdung sowie<br />
einförmige Beanspruchung und Konzentration der arbeitenden<br />
Menschen, z. B. durch Fließband und Computer, gedacht. Es kann<br />
auch erforderlich sein, sich von der Belastung durch Krankheit und<br />
persönliche Probleme zu erholen.<br />
Die Hauptmotive <strong>für</strong> den Urlaub liegen heute jedoch häufig in dem<br />
Bestreben, .aus dem Alltag herauszukommen", sich den Umweltbelastungen<br />
der Stadt zu entziehen, Natur und Landschaft zu erleben.<br />
Das Freizeitverhalten des einzelnen wird zunehmend von seinem<br />
Lebensstil geprägt, der auch Wahl und Form der Freizeitätigkeit,<br />
Freizeitpartner und Freizeitart weitgehend bestimmt. So sind manche<br />
Menschen bestrebt, sich durch extreme oder exklusive Sportarten<br />
gegenüber anderen individuell darzustellen und abzugrenzen.<br />
Für rd. 71 % der Urlauber im Jahre 1987 waren jedoch .Abschalten"<br />
und .Ausspannen" die wichtigsten Gründe <strong>für</strong> die Urlaubsreise,<br />
fast die Hälfte (47,4 %) der Reisenden wollte .frische<br />
Kraft sammeln" und rd. ein fünftel (19, 1 %) wollte etwas <strong>für</strong> die Gesundheit<br />
tun und Krankheiten vorbeugen. Hieraus wird auch verständlich,<br />
daß den bewegungsorientierten Freizeittätigkeiten, wie<br />
Sport treiben, Spazierengehen und im Garten arbeiten, ein hoher<br />
Anteil zukommt (vgl. Beitrag AGRICOLA).<br />
Viele Menschen unternehmen eine Urlaubsreise aber auch nur<br />
deshalb, weil attraktive Angebote locken, von denen sie sich Abwechslung<br />
und interessante Erlebnisse versprechen.<br />
Schließlich darf nicht übersehen werden, daß der Freizeitsektor<br />
heute einen erheblichen Wirtschaftsfaktor darstellt; so konnten in<br />
den letzten 18 Jahren die Umsätze von <strong>50</strong> Milliarden DM (1970) auf<br />
240 Milliarden DM (1988) gesteigert werden. Für 1995 werden 300<br />
Mrd. DM Gesamtumsatz erwartet 3 >. Der .Freizeiter als Verbraucher"<br />
wird in etwa 60 Freizeit-Fachzeitschriften 4 l über neue Modetrends,<br />
neue Sportarten, geeignete Urlaubsorte u.a.m. informiert.<br />
2) hierzu z. 8.: OPASCHOWSKI, Horst, RADDATZ, Gerhard (1982): Freizeit<br />
im Wertewandel - Die neue Einstellung zu Arbeit und Freizeit, 8-A-T<br />
Freizeit-Forschungsinstitut, Schr.-R. zur Freizeitforschung, Bd. 4<br />
3) Aus: AGRJCOLA, Sigurd, WEHR, Peter (1 989): Entwicklung landschaflsbezogener<br />
Großeinrichtungen. In: UVP-report, H. 1<br />
4) zusammengestellt von der ABN in: Freizeit und Umwelt im Konflikt,<br />
Jahrbuch f. Naturschutz und Landschaftspflege, Bd. 42, 1989<br />
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