Scan (50 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
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Naturschutzbehörden, die verstärkt ortspolitischen Einflüssen<br />
ausgesetzt sind, eine oftmals willkommene Argumentationshilfe<br />
an die Hand gegeben.<br />
So sehr die Vollzugsproblematik im Vordergrund stehen mag, darf<br />
darüber nicht vergessen werden, daß auch das materielle Naturschutzrecht<br />
partiell verbesserungswürdig ist. An dieser Stelle sollen<br />
nur einige wenige neuralgische Punkte angesprochen werden,<br />
deren Änderung sich besonders auf die Konfliktsituation Erholung<br />
und Naturschutz auswirken würde.<br />
a) Vorweg soll darauf hingewiesen werden, daß die Funktion der<br />
Natur auch <strong>für</strong> die Erholung des Menschen nicht aus dem Naturschutzrecht<br />
ausgeklammert werden darf. Das erscheint<br />
schon aus verfassungsrechtlichen Gründen als unzulässig. Es<br />
muß jedoch sichergestellt werden, daß eine Belastung von geschützten<br />
und schutzwürdigen Landschaften, Landschaftsteilen<br />
und Landschaftsbestandteilen durch den Freizeit- und Erholungsverkehr<br />
ausgeschlossen wird, auch wenn die Erholung<br />
im Naturschutzrecht verankert ist; hier<strong>für</strong> muß auch das Instrument<br />
der Landschaftsplanung eingesetzt werden.<br />
b) Die Abwägungsklause/ des§ 1Abs.2 BNatSchG, die bereits auf<br />
der Ebene des Naturschutzrechts eine Abwägung der Belange<br />
des Naturschutzes - wozu auch Freizeit- und Erholungsinteressen<br />
gehören - mit allen anderen Anforderungen an Natur<br />
und Landschaft vorsieht, stellt in einem Fachgesetz einen<br />
Fremdkörper dar. Sie sollte gestrichen oder wenigstens modifiziert<br />
werden.<br />
c) Auf die Schwächen des Eingriffsbegriffes in§ 8 BNatSchG, insbesondere<br />
darauf, daß nicht alle ökologisch relevanten Eingriffe<br />
erfaßt werden, hat der Deutsche <strong>Rat</strong> <strong>für</strong> <strong>Landespflege</strong> in Heft 55<br />
seiner Schriftenreihe .Eingriffe in Natur und Landschaft-vorsorge<br />
und Ausgleich" eingehend hingewiesen. Bedauerlicherweise<br />
ist der Entwurf zur Änderung des BNatSchG (Stand: 27.<br />
Febr. 1989) von einem ursprünglich erweiterten Eingriffsbegriff<br />
wieder abgerückt und zur derzeit geltenden Fassung zurückgekehrt.<br />
d) Die Bedeutung der Einführung einer UVP hat der Deutsche <strong>Rat</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>Landespflege</strong> in Heft 56 seiner Schriftenreihe „Zur Umweltverträglichkeitsprüfung"<br />
ebenfalls ausführlich hervorgehoben.<br />
Gerade bei touristischen Großprojekten, wie Ferienhaussiedlungen,<br />
Freizeitzentren u. ä., ist eine umfassende Überprüfung<br />
aller Auswirkungen auf die Umwelt durch unabhängige Sachverständige<br />
von großer Wichtigkeit. Dabei sind auch Belastungsgrenzen<br />
zu ermitteln und Schutzgebiete zu sichern,<br />
Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege, Gestaltung und Entwicklung<br />
der Landschaft aufzuzeigen und Möglichkeiten zur Umnutzung<br />
geeigneter Brach- und ehemaliger Industrie- und Gewerbeflächen<br />
<strong>für</strong> Freizeit und Erholungszwecke zu überprüfen.<br />
e) Ein letzter Punkt, der Anlaß zu Verbesserungen im materiellen<br />
Naturschutzrecht geben könnte, ist das Betretungsrech t. Zumindest<br />
überlegenswert wäre es, wenn der Gesetzgeber selbst<br />
bestimmte, besonders sensible Flächentypen bzw. die Natur<br />
erheblich gefährdende Betretungsformen vom Betretungsrecht<br />
ausnehmen würde. Jedenfalls in Naturschutzgebieten<br />
sollte ein Wegegebot nach dem Vorbild des § 24 (2) Niedersächsisches<br />
Naturschutzgesetz eingeführt werden.<br />
Das <strong>für</strong> den Ausgleich von Freizeit- und Erholungsinteressen einerseits<br />
und Naturschutzbelangen andererseits vielleicht wichtigste<br />
Instrument ist bei der rechtspolitischen Betrachtung bislang<br />
ausgeklammert geblieben: die Landschaftsplanung.<br />
a) Die Landschaftsplanung als Fachplanung umfaßt die Bereiche<br />
des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie der Erholungsvorsorge.<br />
Eine zusätzliche . Fachplanung Erholung und<br />
Freizeit" ist daher weder erforderlich noch den Interessen des<br />
Naturschutzes dienlich.<br />
b) Auch bei der Landschaftsplanung liegt die Hauptproblematik<br />
im Vollzug der geltenden Vorschriften. Da den Ländern bei der<br />
Landschaftsplanung ein erheblicher Regelungsspielraum verblieben<br />
ist, existiert eine ganze Reihe unterschiedlicher Modelle<br />
und Lösungen, insbesondere was das Verhältnis zwischen<br />
Landschaftsplänen und Raumplänen und die Verbindlichkeit<br />
der einen Planung <strong>für</strong> die andere betrifft. Nicht zuletzt ist bereits<br />
dieser Verzicht des Bundesgesetzgebers auf eindeutige, länderverbindliche<br />
Vorschriften und der daraus folgende Mangel<br />
an Klarheit, Bestimmtheit, Einheitlichkeit und letztendlich Wirksamkeit<br />
der landesrechtlichen Regelungen mit Ursache <strong>für</strong> die<br />
Vollzugsdefizite bei der Aufstellung von Landschaftsplänen.<br />
Wünschenswert wäre es demnach, wenn der Bund seine Rahmenkompetenz<br />
in Art. 75 Nr. 3 Grundgesetz ausschöpfen und<br />
einheitliche Vorschriften über Verbindlichkeit von Landschaftsplänen<br />
und die Zuständigkeit zu deren Aufstellung erlassen<br />
würde. Dabei sollte die Kompetenz zur Aufstellung der fachlichen<br />
Pläne den Naturschutzbehörden übertragen werden; diese<br />
Pläne könnten dann Grundlage <strong>für</strong> die gemeindlichen Landschaftspläne<br />
sein, die auf der Ebene der Bauleitplanung von<br />
den Gemeinden aufgestellt werden. Dabei sollte da<strong>für</strong> gesorgt<br />
werden, daß die Vorgaben der naturschutzrechtlichen Fachpla·<br />
nung tatsächlich in die gemeindlichen Bauleitpläne eingehen,<br />
so daß die Landschaftsplanung wirklich eine ökologische Vorlaufplanung<br />
darstellt. Vor allem müssen die Aufsichtsbehörden<br />
bei der Überprüfung der Bauleitplanung ihre Kompetenzen<br />
ausschöpfen und ggf. ihre Zustimmung zu den Plänen verweigern<br />
bzw. deren Aufhebung betreiben.<br />
3.5 zusammenfassende Empfehlungen -<br />
die Antworten der <strong>Landespflege</strong><br />
In den vorhergehenden Abschnitten wurden die Probleme und<br />
Konflikte, die sich aus den Ansprüchen der Nutzungen Freizelt<br />
und Erholung an Natur und Landschaft ergeben, dargestellt.<br />
Die ebenfalls oben vorgestellten Lösungsansätze werden im<br />
folgenden zu Empfehlungen <strong>für</strong> die künftige Planung und Ent·<br />
wicklung im Freizeit- und Erholungssektor zusammengefaßt.<br />
Es muß davon ausgegangen werden, daß der Bedarf an Ein·<br />
richtungen und Flächen <strong>für</strong> die Freizeit- und Erholungsnut·<br />
zung unter den derzeitigen Rahmenbedingungen weiter ansteigen<br />
wird.<br />
Der Deutsche <strong>Rat</strong> <strong>für</strong> <strong>Landespflege</strong> vertritt die Auffassung -<br />
wie sie auch in den Grundsätzen(§ 2) des 2. Novellierungsentwurfes<br />
des Bundesnaturschutzgesetzes (Stand: 27. Febr.<br />
1989) enthalten ist-, daß Natur und Landschaft einerseits <strong>für</strong><br />
die Erholung des Menschen zu schützen, zu pflegen, zu ent·<br />
wickeln und wiederherzustellen sind und genutzt werden dür·<br />
fen, andererseits die Freizeit- und Erholungsansprüche dort<br />
zurücktreten müssen, wo Natur und Landschaft durch Freizeit·<br />
und Erholungsnutzung gefährdet s ind.<br />
Zur Lösung der Konflikte, die die <strong>Landespflege</strong> unmittelbar be·<br />
t reffen, wird folgendes vorgeschlagen:<br />
- Die vorhandene Freizeitinfrastruktur sollte regelmäßig in<br />
ihren Erscheinungsformen, ihrem Flächenanspruch und lh·<br />
rer Verteilung bundesweit erfaßt und statistisch aufbereitet<br />
werden. Zur Zeit liegen nur vereinzelt statistische Daten vor.<br />
Die Daten können im Rahmen des Flächennutzungskatasters<br />
oder der Bodenstatistik erfaßt werden; auch die Einrichtung<br />
einer eigenen Freizeitdatenbank erscheint sinn·<br />
voll.<br />
- In der Landes- und Regionalplanung müssen die Ziele der<br />
Freizeit- und Erholungsentwicklung (dargestellt in eigenen<br />
Freizeitentwicklungsplänen) in Zusammenarbeit mit der<br />
Landschaftsplanung besser als bisher abgestimmt wer·<br />
den. Es Ist ein integriertes Zielkonzept notwendig, das so·<br />
wohl den Ansprüchen der Erholungsuchenden - vertreten<br />
z. B. durch Ihre Verbände - als auch den Schutzzielen <strong>für</strong><br />
Natur und Landschaft Rechnung tragen muß.<br />
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