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Scan (50 MB) - Deutscher Rat für Landespflege

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Schutzverordnungen sehr schwierig ist. Je kleiner aber die Pufterzone<br />

um den Kernbereich ist, um so gravierender wirken sich Beeinträchtigungen<br />

außerhalb des Schutzgebietes auf den Kernbereich<br />

aus. Der Konflikt zwischen Naturschutz und Freizeitnutzung<br />

wird also dadurch verschärft, daß die bestehenden Naturschutzgebiete<br />

häufig viel zu klein sind, da sie nur aus der empfindlichen<br />

Kernzone bestehen. Durch eine oftensivere Praxis bei der Schutzausweisung<br />

ließen sich hier einige Probleme entschärfen.<br />

Ein Beispiel <strong>für</strong> die starke Beanspruchung von Naturschutzgebieten<br />

selbst durch die stille Erholung ist das NSG „Westruper Heide"<br />

im Norden von Recklinghausen.<br />

Dieses ca. 63 ha große Heidegebiet wurde 1937 unter Naturschutz<br />

gestellt. Als landschaftlich reizvoller Freiraum am Rande des Ruhrgebietes<br />

ist es ein an Wochenenden sehr stark frequentiertes Naherholungsgebiet.<br />

An warmen, sonnigen Sommerwochenenden<br />

halten sich bis zu 2 000 Personen während eines Tages dort auf.<br />

Aufgrund dieses starken Besucherandrangs hat sich der Anteil der<br />

Wege und Trampelpfade an der zentralen Heidefläche von 1954 bis<br />

1g75 mehr als verdoppelt; heute beträgt er 6,4 % der Gesamtfläche<br />

(Abb. 2). Hier ist die Heidevegetation völlig zerstört. Entlang der<br />

Wege und an zahlreichen Lagerplätzen wurden durch Abfälle und<br />

Fäkalien Nährstoffe eingetragen. Als Folge davon entwickelten<br />

sich auf etwa 10 % der Fläche biotopuntypische Ruderalpflanzen<br />

und trittbedingte Degenerationsstadien der Heide (WITTIG 1980).<br />

Das Schutzziel dieses Naturschutzgebietes, die Erhaltung einer<br />

Sandheide-Biozönose wird heute nur noch unzureichend erfüllt.<br />

Dieses Beispiel zeigt, daß auch die stille Erholung, die in fast allen<br />

Naturschutzgebieten gestattet ist, zu erheblichen Beeinträchtigungen<br />

führen kann. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil sich<br />

die Besucher nicht an die Auflagen der Naturschutzgebiets-Verordnung<br />

halten, wie auf den Wegen zu bleiben und die Hunde anzuleinen.<br />

4 Möglichkeiten naturschutzverträglicher<br />

Freizeitaktivitäten<br />

Im Hinblick auf die von den verschiedenen Freizeitaktivitäten ausgehenden<br />

Beeinträchtigungen sind z.B. grundsätzlich in Naturschutzgebieten<br />

unvertretbar:<br />

Massensport/-tourismus (z.B. Volkslauf),<br />

- alle Aktivitäten abseits der Wege, z.B. Querfeldeinlauf,<br />

- Motorsport und Motocross.<br />

- (Modell-)Flugsport,<br />

- alle wassergebundenen Freizeitaktivitäten wie Segeln, Surfen,<br />

Schwimmen und Angeln,<br />

- Reiten,<br />

- Klettern,<br />

- Skisport,<br />

- Errichtung und Betrieb von Sportanlagen wie Trimm-Dich-Pfade,<br />

Loipen und Golfplätze.<br />

Im Einzelfall toleriert werden können dagegen die verschiedensten<br />

Formen der „stillen Erholung" wie Wandern, Joggen, Radfahren<br />

und „Naturtourismus", wenn die Besucher gezielt und wirkungsvoll<br />

gelenkt werden (s. u.). Nur auf diese Freizeitaktivitäten soll im folgenden<br />

näher eingegangen werden.<br />

Naturschutzgebiete werden zuerst einmal <strong>für</strong> den Schutz der Natur<br />

um ihrer selbst willen ausgewiesen. Sie sollten aber auch<br />

gleichzeitig z.B. pädagogische Bedeutung haben, sofern dies mit<br />

dem Schutzzweck vereinbar ist.<br />

Solche Naturschutzgebiete sollten auch dazu dienen, die Bevölkerung<br />

durch das Natur-Erlebnis, wie die Beobachtung von attraktiven<br />

Arten oder Landschaftsteilen <strong>für</strong> den Schutz der Natur zu interessieren<br />

und zu motivieren. Durch ein besseres Naturverständnis<br />

wird sich mittelfristig ein umfassenderer Schutz der freien Landschaft<br />

erreichen lassen. Denn Art und Intensität des Naturschutzes<br />

hängen entscheidend vom politischen Willen ab, der wiederum<br />

durch das Bewußtsein in der Bevölkerung beeinflußt wird.<br />

Auch aus diesem Grunde sollte geprüft und abgewogen werden, ob<br />

stille Erholung in einem Naturschutzgebiet stattfinden kann. Die<br />

Möglichkeiten und der Umfang dieser Freizeitaktivitäten müssen<br />

daran gemessen werden, daß der in § 1 der Naturschutzverordnung<br />

formulierte Schutzzweck nicht beeinträchtigt wird.<br />

Um hier Unklarheit zu vermeiden, sollten in neuen Verordnungen<br />

detailliert (ggf. zeitlich/räumlich begrenzt) sämtliche Freizeitaktivitäten<br />

aufgeführt werden, die mit dem Schutzzweck nicht verträglich<br />

sind und deshalb nicht ausgeübt werden dürfen.<br />

Die Betrachtung .Naturschutzgebiet" ist hierbei bisweilen weniger<br />

hilfreich, aber vielmehr die von Funktionsräumen. Man kann nämlich<br />

- grob klassifiziert - .NSG der alten Generation" und .NSG<br />

der neuen Generation" unterscheiden. Die Naturschutzgebiete alten<br />

Typs bestehen meist nur aus der besonders schutzwürdigen<br />

Kernzone, während bei den Naturschutzgebieten der neuen Generation<br />

umfangreiche Pufferzonen z. B. zur Sicherung des Wasserhaushalts<br />

einbezogen werden. In diesen Randzonen kann - im<br />

Gegensatz zur Kernzone - auf den vorhandenen Wegen vielfach<br />

stille Erholung stattfinden, ohne den Schutzzweck zu gefährden.<br />

Um die Beeinträchtigungen der Schutzgebiete durch Freizeitaktivitäten<br />

möglichst gering zu halten, reichen Naturschutzgebietsschilder<br />

in der Regel nicht aus. Hier sind überregionale wie lokale<br />

Maßnahmen zur Besucherlenkung notwendig:<br />

A. überregionale Maßnahmen<br />

a) Information der Bevölkerung/Bewußtseinsbildung<br />

b) Erarbeitung von Rahmenplanungen<br />

c) Erhöhung der Attraktivität der gesamten freien Landschaft<br />

B. Lokale Maßnahmen in den einzelnen Schutzgebieten.<br />

Information der Bevölkerung<br />

Ein diszipliniertes Verhalten der Besucher in den Schutzgebieten<br />

würde die Belastungen durch Freizeitaktivitäten erheblich reduzieren.<br />

Das Bewußtsein der Bevölkerung <strong>für</strong> ein solches naturschutzgerechtes<br />

Verhalten kann zuerst einmal durch die Medien, daneben<br />

aber auch vor Ort durch Vorträge, Führungen und Informationstafeln<br />

entwickelt werden. Bei größeren Gebieten sollten Informationszentren<br />

mit Fachpersonal am Rand der Schutzgebiete errichtet<br />

werden. Bisher gibt es allerdings erst wenige solcher Einrichtungen<br />

(z.B. Seevogel-Schutzgebiete, NSG Wallnau, NSG Meißendorfer<br />

Teiche, NSG Mindelsee, Rieselfelder Münster).<br />

Die Organisationen der Freizeitsportler wie Angler, Kletterer oder<br />

Skifahrer sollten gezielt angesprochen werden. Hier bieten sich<br />

Beiträge in Fach- und Vereinszeitschriften, bei Ausbildungslehrgängen<br />

sowie gemeinsame Tagungen mit Naturschutzvertretern<br />

an. Positive Beispiele <strong>für</strong> einen solchen Dialog sind die bereits 1980<br />

verabschiedeten 10 Goldenen Regeln <strong>für</strong> das Verhalten von Wassersportlern<br />

in der Natur oder das Merkblatt .sanft klettern - der<br />

Natur zuliebe" des Deutschen Alpenvereins.<br />

Rahmenplanungen<br />

Durch großräumige Planungen von Erholungseinrichtungen, Wanderwegen<br />

und Parkplätzen (möglichst nicht näher als 2 km an Naturschutzgebieten)<br />

läßt sich ebenso wie z.B. durch Folgenutzungskonzepte<br />

<strong>für</strong> Abgrabungen bereits im Vorfeld von auftretenden<br />

Nutzungskonflikten eine Entflechtung erreichen.<br />

In Nordrhein-Westfalen ist durch Erlaß des Ministers <strong>für</strong> Umwelt,<br />

Raumordnung und Landwirtschaft vom 16. 12. 1983 festgelegt, daß<br />

15 % aller neuen Naßabgrabungen unter Ausschluß aller konkurrie-<br />

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