Scan (50 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
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einzelnen besonders wertvollen Naturschutzgebieten in Nordrhein-Westfalen<br />
wurden die Besucher durch Abzäunung der Kernbereiche<br />
- teilweise sogar mit Nato-Draht (Abb. 6)-hieraus ferngehalten.<br />
Anders ist es bisher nicht gelungen, etwa ein landesweit<br />
bedeutsames Moor oder einen Orchideen-Standort (z.B. von Cypripedium<br />
calceoius) zu sichern, an dem die Pflanzen immer wieder<br />
ausgegraben wurden (Abb. 7). Diese rigorose Vorgehensweise<br />
wird - bei geeigneter Öffentlichkeitsarbeit - von der Bevölkerung<br />
durchaus akzeptiert.<br />
4.3.1 Natur-Erlebnisgebiete<br />
Da viele Menschen „Natur erleben" wollen, sollte man die Besucher<br />
dort, wo dies mit dem Schutzzweck vereinbar ist, an interessanten<br />
Stellen Beoachtungsmöglichkeiten bieten. Aber muß das immer in<br />
Naturschutzgebieten geschehen?<br />
Vor allem in Sekundärbiotopen wie Baggerseen, Kiesgruben oder<br />
in Steinbrüchen ließen sich bevorzugt in der Nähe von Ballungsund<br />
in Urlaubsgebieten „Natur-Erlebnisgebiete" als touristische<br />
Anziehungspunkte gezielt gestalten. In diesen, <strong>für</strong> die Besucher<br />
gut erschlossenen Bereichen (kein NSG!) müßten sich allerdings<br />
einige interessante Arten beobachten lassen.<br />
So wäre es möglich, einmal eine (evtl. mit technischen Mitteln angelegte)<br />
Uferschwalben-Steilwand, eine Lachmöwen- oder eine<br />
Graureiher-Kolonie oder auch gebietstypische Schwimmvögel in<br />
.freier Natur" von versteckten Beobachtungshütten den Besuchern<br />
gezielt zugänglich zu machen.<br />
In anderen Ländern, z.B. in Spanien am Rande der Nationalparks<br />
„Coto Donana" oder „Tablas de Damiel", werden solche Maßnahmen<br />
seit Jahren praktiziert, um aus dem Kerngebiet die Bevölkerung<br />
fernzuhalten.<br />
Dadurch läßt sich sicherlich in Verbindung mit Maßnahmen zur Besucherlenkung<br />
in den Naturschutzgebieten ein besserer Schutz<br />
erreichen.<br />
5 Ausblick<br />
Gegenwärtig stehen nur ca. 1,2 % der Fläche der Bundesrepublik<br />
unter Naturschutz. Die Anzahl der Naturschutzgebiete wird in den<br />
nächsten Jahren zunehmen. Die Landesregierung von Nordrhein<br />
Westfalen hat beispielsweise in ihrem Umweltprogramm 1983 festgelegt,<br />
daß 3 % der Landesfläche als Naturschutzgebiete mit strengem<br />
Schutz ausgewiesen werden sollen (z. Z. 1,6 % NSG; Stand: 31.<br />
August 1989). Naturschutzgebiete können aber nur dann ihre<br />
Funktion als die Vorrangflächen des Biotop-und Artenschutzes erfüllen,<br />
wenn sie ausreichend groß sind, Pufferzonen besitzen und<br />
in der Verordnung die am Schutzzweck orientierten Restriktionen<br />
festgesetzt sind, die dann auch wirklich durchgesetzt werden. Gerade<br />
dieses Vollzugsproblem ist aber bisher häufig ungelöst.<br />
Unter Berücksichtigung der folgenden 6 Randbedingungen, verbunden<br />
mit intensiver Öffentlichkeitsarbeit, müßte es auch künftig<br />
in vielen Naturschutzgebieten möglich sein, in Teilräumen und evtl.<br />
zeitlich begrenzt naturschutzverträglich stille Erholung auszuüben:<br />
- Die gegenwärtig ausgeübten Freizeitaktivitäten in den Naturschutzgebieten<br />
dürfen nicht zunehmen.<br />
Besonders empfindliche Naturschutzgebiete, in denen z.B. Tiere<br />
mit hohen Fluchtdistanzen oder nährstoffarme/ trittempfindliche<br />
Lebensgemeinschaften geschützt werden sollen, müssen<br />
von allen Freizeitaktivitäten freigehalten werden. Hierzu müssen<br />
dort vorhandene Freizeiteinrichtungen und Wege verlegt<br />
und direkte Zufahrten aufgehoben werden.<br />
- „Stille Erholung" kann ggf. räumlich und/ oder zeitlich begrenzt<br />
dann erfolgen, wenn hierdurch der Schutzzweck nicht gefährdet<br />
wird.<br />
- Die Verbote der Naturschutzverordnung müssen wirkungsvoll<br />
durchgesetzt werden. Hierzu reichen qualifizierte und didaktisch<br />
gut aufbereitete Informationen der Besucher häufig nicht<br />
aus. Neben der dringend notwendigen besseren Kontrolle sind<br />
im Einzelfall auch wirkungsvolle Absperrungen notwendig.<br />
- Ansprache der organisierten Gruppen von Freizeitsportlern wie<br />
Wassersportlern, Anglern, Kanufahrern, Kletterern über ihre<br />
Dachverbände, um Verständnis <strong>für</strong> den Verzicht der Ausübung<br />
ihres Sportes in Naturschutzgebieten zu erreichen.<br />
- Hier<strong>für</strong> geeignete Naturschutzgebiete sollten durch gezielte<br />
Wegeführung, Bohlenstege, Beobachtungstürme und Führungen<br />
durch Fachleute sowie Informationszentren <strong>für</strong> die Besucher<br />
„erlebbar" werden.<br />
Literatur:<br />
FRITZ, G. (1977): Zur Inanspruchnahme von Naturschutzgebieten durch<br />
Freizeit und Erholung. - Natur und Landschaft 52, 191 - 197.<br />
HAAR MANN, K„ PRETSCHER, P. (1988): Naturschutzgebiete in der Bundesrepublik<br />
Deutschland, Übersicht und Erläuterungen. - Naturschutz aktuell<br />
Nr. 3; Greven: Kilda-Verlag, 2. Aufl.<br />
GESSNER, E., BRANDT, K., MRASS, W. (1974): Ermittlung von aktuellen und<br />
potentiellen Erholungsgebieten in der Bundesrepublik Deutschland. -<br />
Schr.-Reihe <strong>für</strong> <strong>Landespflege</strong> und Naturschutz 9.<br />
STUDIENKREIS FÜR TOURISMUS (1987): Urlaub in Deutschland - eine<br />
Grundlagenuntersuchung über Verhaltensweisen, Meinungen und Einstellungen<br />
von Urlaubern. - Starnberg.<br />
WITIIG, R. (1980): Vegetation, Flora, Entwicklung, Schutzwürdigkeit und Probleme<br />
der Erhaltung des NSG „Westruper Heide" in Westfalen. - Abh.<br />
Landesmuseum Naturkunde Münster 42, 3- 30.<br />
ZIEGLER, G. (1987): Zur Entstehung eines Mauserplatzes der Reiherente<br />
(Aythya fuligula) von überregionaler Bedeutung im nördlichen Westfalen.<br />
- Vogelwelt 108, 67-70.<br />
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