Scan (50 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
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Vor Ort finden Naherholung, Feierabendbeschäftigungen, Wochenendaktivitäten<br />
und Kurzurlaub im eigenen lande statt, und<br />
dies entspricht auch der natürlichen Entwicklung aus den traditionellen<br />
Gepflogenheiten. In der Auswirkung auf die Tierwelt ist dabei<br />
eine Differenzierung in vier Belastungstypen möglich (Abb. 1 ).<br />
a) unmittelbare Störungen, direkte Schäden:<br />
Überall dort, wo der Erholungsuchende oder der Sportler in unmittelbaren<br />
Kontakt mit freilebenden Tieren in ihren vielfältigen Lebensformen<br />
gerät, besteht die Gefahr existentieller Schädigung<br />
einzelner Individuen oder auch ganzer Populationen oder doch<br />
nachhaltiger Störungen und Beeinträchtigungen einzelner Arten,<br />
die Verhaltensänderungen nach sich ziehen können. Offenkundig<br />
ist diese Beurteilung, wenn die Schraube eines PS- starken Motorbootes<br />
in einem flachen Fließ- oder Stillgewässer die Sedimente<br />
aufwirbelt und damit Gelege von Fischen und Wasserinsekten<br />
oder deren Junglarven zerschlägt oder mit Schlamm zudeckt.<br />
Ebenso offenkundig ist es, wenn eine Motocross-Strecke über einen<br />
sandigen Feld- oder Waldweg führt und hier Ameisenbauten,<br />
die Gelege von Sandbienen oder Wollschwebern oder ganze<br />
Sandlaufkäfer-Populationen zermahlen werden.<br />
Weniger offenkundig ist, daß auch der relativ leise Segler- oder<br />
Windsurferbetrieb, wenn der Sportler zu nahe an Brutplätze von<br />
Wasservögeln heranfährt oder wenn Anfänger in diesen Sportarten<br />
ins Schilf abgetrieben werden, großen direkten Schaden anrichten<br />
kann. Viele der sehr störungsempfindlichen Wasser- oder<br />
Watvogelarten können auf diese Weise nachhaltig im Brutgeschäft<br />
beeinträchtigt werden (GABEL 1986).<br />
Schließlich will es vielen Menschen gar nicht einleuchten, daß auch<br />
der einfache Spaziergang, sofern er durch besonders sensible Lebensraumbereiche<br />
seltener oder gefährdeter Tierarten führt,<br />
nachhaltigen, direkten Schaden anrichten kann. So fliegen Wasservögel<br />
auf, wenn Spaziergänger in 30 m (Stockente) bzw. in 60-<br />
70 m Distanz (Seheilente, Gänsesäger) an ihnen vorbeiwandern<br />
(SELL, 1989). Entsprechend breite Uferbereiche müssen dann als<br />
Störzonen gelten (Abb. 2 und 3). Diese zunächst so harmlos anmutende<br />
tierökologische Belastung durch Spaziergänger wird potenziert<br />
durch die Unsitte, an abgelegenen Orten lautstark Picknick zu<br />
veranstalten oder gar Hunde frei herumlaufen zu lassen.<br />
Die Jagd und das Angeln können in diesem Zusammenhang nicht<br />
unerwähnt bleiben. Beides sind unbestritten einflußreiche Elemente<br />
im Bereich Freizeit und Erholung. Die vielfältigen Konflikte, die<br />
der freilebenden Tierwelt durch beiderlei Tätigkeiten erwachsen,<br />
sind häufig und kontrovers diskutiert und in zahlreichen Fachpublikationen<br />
erörtert worden (u. a.: STOFFLER 1979, ZIEGLER 1981,<br />
BELL & AUSTIN 1985, REICHHOLF 1985, SCHRÖDER 1986, ABN<br />
1987, ANDERLUH 1987). Eine eingehende Erörterung dieser Fragen<br />
würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen.<br />
b) mittelbare (indirekte) Störungen:<br />
In nahezu allen Freizeit- und Erholungssektoren, die von größeren<br />
Menschenmengen genutzt werden, treten indirekte Belastungen<br />
<strong>für</strong> die Tierwelt auf, die teilweise eine erhebliche ökologische Bedeutung<br />
gewinnen. So ist ein großzügiger Ausbau der Verkehrswege<br />
- insbesondere der Straßen - zu den Freizeit- und Erholungsstätten<br />
die Regel. Über die zerschneidende Wirkung von Straßen<br />
auf die Tierwelt ist mehrfach berichtet worden (OXLEY et al. 1974,<br />
MADER 1979, MADER & PAURITSCH 1981 ). Darüber hinaus ist zu<br />
beobachten, daß <strong>für</strong> Spaziergänger in Wald und Feld wie auch <strong>für</strong><br />
Radfahrer zunehmend kleinere unbefestigte Wege in Schwarzdecken-Wege<br />
umgebaut werden. Daß derartige Veränderungen<br />
auf die bodenlebende Kleintierwelt nicht ohne Auswirkungen<br />
bleibt, konnten MADER et al. 1988, sowie MADER et al. 1989 zeigen.<br />
Für Grizzly-Bären wurde kürzlich nachgewiesen, daß das Verkehrsstraßennetz<br />
in einer 2 820 km 2 großen Untersuchungsfläche<br />
in Kanada einen Lebensraumverlust von 8,7 Prozent nach sich zog<br />
(McLELLAN & SHACKLETON 1988). U. U. können die indirekten<br />
Effekte die Auswirkungen der direkten Belastungen in ihrer ökosystemaren<br />
Relevanz weit übertreffen. So werden durch den Bau von<br />
großflächigen Parkplätzen und angeschlossenen Restaurationsbetrieben<br />
erhebliche Teilflächen gerade in der Nähe oder Randzone<br />
sensibler oder besonders wertvoller Biotope überbaut und versiegelt.<br />
Für die Tierwelt kann das Niedertreten der Vegetation, das in Extremfällen<br />
zum totalen Verschwinden der Pflanzendecke führt,<br />
sehr nachhaltige Folgen haben. Für phytophage Insekten wie auch<br />
<strong>für</strong> deren Räuberkomplex fallen derartige Flächen ebenso als Lebensraum<br />
aus wie <strong>für</strong> bodenlebende Kleinsäuger oder Spinnentiere,<br />
die in den Vegetationsstrukturen ihre Netze aufspannen. Gleiches<br />
gilt selbstverständlich <strong>für</strong> alle durch übermäßiges und zur Unzeit<br />
durchgeführtes Ski laufen strapazierten Hänge im Gebirge (vgl.<br />
hierzu CERNUSKA 1985 sowie LÖHMANNSRÖBEN & CERNUS<br />
KA 1985).<br />
Ein typisches Beispiel indirekter Wirkungen ist der von Motorbooten<br />
zurückgelassene Ölfilm auf Seen oder Flüssen. Für viele Wasserinsekten,<br />
die zur Luftatmung an die Wasseroberfläche aufsteigen,<br />
kann ein solcher Ölfilm den Erstickungstod bewirken.<br />
c) langfristige Effekte<br />
Nicht selten ist <strong>für</strong> die Zwecke von Freizeit und Erholung eine Infrastruktur<br />
gewachsen, die die Lebensräume vieler Tierarten langfristig<br />
zerstört. Ähnlich wie die Straßen, die hier als Beispiele <strong>für</strong> indirekte<br />
Störungen aufgeführt wurden und ebenso als Langfristeffekte<br />
zu sehen sind, wirken Campingplätze, Wochenendhaussiedlungen<br />
oder Hotelketten an Ufern und Küstenstreifen. Die Ufer der mitteleuropäischen<br />
Flüsse und mehr noch der Seen und der Meeresküsten<br />
sind teilweise lückenlos und mancherorten mehrzeilig in die<br />
Tiefe gestaffelt mit Caravanstellplätzen, lmbißbuden, Campingplätzen<br />
oder Souvenirläden zugebaut und fallen damit <strong>für</strong> eine<br />
Vielzahl von Tierarten, die die Uferbereiche bewohnen oder doch<br />
zeitweilig aufsuchen als Lebensraum aus.<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
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