Scan (50 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
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Die Zahlen könnten den Eindruck erwecken, als sei es darum gegangen,<br />
möglichst viel von allem zu bieten. Tatsächlich standen<br />
planerische Gesamtüberlegungen dahinter. Wanderparkplätze<br />
sollten den Wald von Autos freihalten, Feuerstellen mögliche Gefahren<br />
lokalisieren, Grillhütten waren auf das Vereinsleben zugeschnitten,<br />
und die Kanalisierung wurde von Anfang an als wesentliche<br />
Lösungsmöglichkeit <strong>für</strong> die Zielkonflikte mitbedacht. Dies<br />
kommt besonders bei den Loipen zum Ausdruck. Von vornherein<br />
wurden die Forstämter in schneesicheren Gebieten in der Anlage<br />
und Pllege von Loipen geschult. Es war die Forstverwaltung, die in<br />
Baden-Württemberg das Loipennetz in Zusammenarbeit mit den<br />
Fremdenverkehrsgemeinden und Skivereinen schuf, um die Langläufer<br />
dorthin zu lenken, wo es landschaftlich und von der Natur her<br />
vertretbar erschien. Ähnlich wurden auch Skiabfahrten behandelt,<br />
wenngleich die alpinen Möglichkeiten im Schwarzwald begrenzt<br />
sind.<br />
3 Kritik - Lasten<br />
Die Kritik setzte früh ein und wurde an dem Schlagwort vom „möblierten<br />
Wald" aufgehängt. Wesentlicher war der Vorwurf, daß trotz<br />
guter Absicht eine genügende Systematik in der Planung und Anlage<br />
der Erholungseinrichtungen nicht erreicht und ohne ausreichende<br />
ökologische Rücksicht gebaut wurde. Tatsächlich kam mit<br />
dem wachsenden Besucherdruck die Kehrseite der Walderholung<br />
immer mehr zum Vorschein. Einige der Probleme seien angeführt:<br />
- Verteilung der Besucher<br />
Eine der schwierigen Aufgaben ist die Kanalisierung der Besucherströme.<br />
Das dichte Wegenetz verlockt dazu. in alle Waldbereiche<br />
zu wandern und damit überallhin Unruhe zu tragen, Gefahren<br />
<strong>für</strong> seltene Pllanzen und Tiere heraufzubeschwören und<br />
Ruhebereiche zu stören.<br />
Was ein starker touristischer Verkehr bedeutet, zeigen die Erosionsschäden<br />
am Feldberg, die durch Besucher im Sommer neben<br />
den Hauptwanderwegen entstanden sind. Mannstiefe Rinnen<br />
mußten wieder aufgefüllt und begrünt werden. Eine eigens<br />
gegründete Arbeitsgemeinschaft saniert mit kommunalen und<br />
Landesmitteln in Höhe von über <strong>50</strong>0 000,-DM seit einigen Jahren<br />
diese Schäden. Im Gegensatz dazu waren keine Schäden<br />
durch den Wintersport am Feldberg zu beseitigen.<br />
- Wildbeeinflussung<br />
Der Einfluß der Waldbesucher auf die Jagd wurde lange Zeit zu<br />
gering eingeschätzt. Eine Seite dabei ist, daß mit dem Besucherdruck<br />
der notwendige Abschuß des Schalenwildes erschwert<br />
wird. Die andere Seite ist womöglich gravierender,<br />
wenn das Verhalten des Wildes so beeinflußt wird, daß es zu<br />
Schadenskonzentrationen in empfindlichen Bereichen kommt<br />
oder die Lebensräume von seltenen Arten wie dem Auerwild<br />
weiter bedrohlich eingeengt werden.<br />
Im Bereich der Forstdirektion Freiburg wurde versucht, dem<br />
vorzubeugen und es wurden Schutzgebiete <strong>für</strong> gefährdete<br />
Wildtiere durch Verordnung festgelegt. Es wurde bewußt der allgemeine<br />
Begriff .Wildtiere" gewählt, um nicht auf die einzelne<br />
Art hinzuweisen. Bereits 8 <strong>50</strong>0 ha wurden so geschützt, wobei<br />
es in der Zeit vom 1. November bis 15. Juli in den gesperrten<br />
Waldgebieten nicht erlaubt ist, Fahr-, Wanderwege oder markierte<br />
Loipen zu verlassen. Auf größerer Fläche galt diese Bestimmung<br />
versuchsweise sogar ganzjährig. Die Fremdenverkehrsgemeinden<br />
waren ausdrücklich damit einverstanden, und<br />
es gab nur einen einzigen Protest dagegen. Weitere Flächen<br />
sind als Schongebiete vorgesehen.<br />
- Falsche Standortwahl<br />
Eine Reihe von Konflikten ist auf die falsche Standortwahl zurückzuführen.<br />
So erwies es sich als falsch, Grillplätze zu nahe<br />
an Siedlungen zu errichten, oder sie in Schonbereichen anzulegen.<br />
Lärmbelästigung, Vandalismus und andere Folgen rechtfertigen<br />
die Frage, ob es überhaupt notwendig ist, den Wald <strong>für</strong><br />
solche Massenveranstaltungen zur Verfügung zu stellen.<br />
- Müll<br />
Die Müllmengen, die im Wald hinterlassen werden, sind nicht<br />
geringer geworden. Für ihre Beseitigung müssen jährlich.in Baden-Württemberg<br />
Millionenbeträge aufgewendet werden. Das<br />
Angebot mit Müllkörben und -containern erwies sich nicht als<br />
ausreichende Lösung. Die Werbung <strong>für</strong> ein Umdenken nach<br />
dem Motto, das die Forstd irektion zusammen mit dem Schwarzwaldverein<br />
verbreitete: „Nimm die Erinnerung mit - und den<br />
Abfall" hat nur einen bescheidenen Erfolg. Das Müllproblem<br />
scheint nur durch eine ganzheitliche Umgestaltung lösbar zu<br />
sein.<br />
- Beanspruchung von Biotopen<br />
Leider werden bei der Erholungsnutzung auch wertvolle Biotope<br />
in Mitleidenschaft gezogen. Häufig ist es ihre besondere<br />
Schönheit oder Attraktion, die dazu herausfordert: Weiher, die<br />
unberechtigt zum Baden benutzt werden; Wiesen mit seltener<br />
Flora, die zum Spielplatz werden; Felspartien, die dem Klettern<br />
dienen; Moore und Auerwild-Balzplätze, die von Loipen durchzogen<br />
werden. In dem Maße, in dem dies sichtbar wurde, erfolgten<br />
Korrekturen. Es besteht jedoch kein Zweifel, daß die Feinplanung<br />
einer künftigen Erholungsgestaltung dem Biotopschutz<br />
hohen Vorrang einräumen muß.<br />
- Schutzgebiete<br />
Sie laufen schon allein durch ihre Ausweisung und ihr Bekanntwerden<br />
Gefahr, noch mehr Besucher anzulocken. Gebiete unter<br />
Schutz zu stellen kann nur heißen, gefährdete Landschaftsteile<br />
vor Schaden zu bewahren, natürliche Entwicklungen zu fördern<br />
und Bestände zu sichern. Die Konflikte mit dem Tourismus sind<br />
offenbar, und selbst sachkundige Führungen sind fragwürdig.<br />
Die Erfahrungen mit den bekannten Naturschutzgebieten Taubergießen<br />
oder Wutachschlucht zeigen, dpß Besucherzahlen<br />
und auch Lehrwanderungen Grenzen haben müssen.<br />
- Wintersport<br />
Der ursprünglich als problemlos angesehene Langlauf hat über<br />
die Dichte der Anlagen und die Länge des Loipennetzes zu einer<br />
flächenhaften Beeinflussung geführt. Die Besucherzahlen<br />
auf den Loipen haben im Schwarzwald ähnliche Dimensionen<br />
angenommen wie an den Liften (gezählte Besucher an einem<br />
Sonntag am Loipenzentrum Notschrei: über 3 <strong>50</strong>0). Die Hauptprobleme<br />
liegen im Abweichen von gespurten Loipen, ausgewiesenen<br />
Pisten und Routen. Der Kompromiß, der mit der Natur<br />
durch das Angebot dieser Einrichtungen geschlossen wurde,<br />
kann ausufern. Es müssen alle Möglichkeiten genutzt werden,<br />
um die Skifahrer an die Spur und die Pisten zu binden. Gute<br />
Pflege, im ausgewiesenen Skigebiet unschädliche Varianten,<br />
sind eine wichtige Vora_ussetzung.<br />
Umfang und Entwicklung der Wintersporteinrichtungen sind im<br />
Schwarzwald bei weitem nicht so dramatisch wie in den Alpen.<br />
Die Loipen führen zu 90 % über vorhandene Wege, die alpinen<br />
Abfahrten sind begrenzt und machen nicht einmal 2%o der<br />
Waldfläche des Schwarzwaldes aus. Dennoch ist die Erschließung<br />
neuer Gebiete nicht vorgesehen. Das Augenmerk gilt der<br />
Verbesserung, besonders der Ökologie. Die Lösungen·werden<br />
nicht isoliert gesucht, sondern in Abstimmung mit den Gegebenheiten<br />
des Gesamtraumes.<br />
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