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Scan (50 MB) - Deutscher Rat für Landespflege

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Auswirkungen auf die Pflanzenwelt<br />

Durch die verschiedenen Arten der Freizeit- und Erholungsnutzung<br />

werden die z. T durch andere Nutzungen bereits erheblich<br />

geschädigten oder beeinträchtigten Pflanzenstandorte weiter eingeengt,<br />

verändert oder zerstört<br />

Die Vegetationsdecke mit ihrem standortspezifischen, vielfältigen<br />

Aufbau ist wegen ihrer strukturellen Funktionen und als Nahrungsgrundlage<br />

<strong>für</strong> die Tierwelt von grundlegender Bedeutung <strong>für</strong> die<br />

Biotopzusammensetzung, so daß Eingriffe in die Vegetation stets<br />

Veränderungen in der gesamten Biozönose zur Folge haben.<br />

Durch Eingriffe bedingte Umweltveränderungen wirken sich zeitlich<br />

etwas versetzt auf die Vegetation und die Tierwelt aus. Insbesondere<br />

Pflanzenarten und Pflanzengesellschaften lassen sich als<br />

Indikatoren <strong>für</strong> qualitative und quantitative Veränderungen, die<br />

durch die Erholungsnutzung verursacht werden, verwenden.<br />

Folgende Schäden an der Vegetation lassen sich feststellen:<br />

Artenrückgang bzw. Vernichtung einzelner Arten bedingt durch<br />

- Inanspruchnahme des Standortes <strong>für</strong> Freizeiteinrichtungen<br />

(z. B. Bebauung, Erschließung, Versiegelung von Flächen, Abtrag<br />

oder Aufschüttung von Boden),<br />

- Veränderung des Standortes (z. B. durch Eutrophierung und<br />

dadurch Verdrängung empfindlicher Arten, durch gezielte Pflege,<br />

Entwässerung),<br />

- selektive Entnahme von einzelnen (meist seltenen und gefährdeten)<br />

Pflanzenarten oder Artengruppen (z. B. Orchideen auf<br />

Kalkmagerrasen, Bergblumen im Hochgebirge, Sammeln von<br />

begehrten Pilzarten),<br />

- mutwillige Zerstörung.<br />

Veränderung der Pflanzengesellschaften<br />

bedingt durch<br />

- Trittbelastung (z. B. Trampel- und Reitpfade in Heide- und Dünengebieten,<br />

in Röhrichten und Seggenwiesen, in Berg- und<br />

Gipfelregionen),<br />

- Eutrophierung (durch Müll, Fäkalien, Düngung auf oligotrophen<br />

oder mesotrophen Standorten, hierdurch Verdrängung der<br />

Spezialisten und Förderung von .Allerweltsarten", in Gewässern<br />

durch Einleitung von Abwässern oder durch Belastung mit<br />

Abfällen),<br />

- Nutzung von Flachwasserzonen und Röhrichtbeständen (Beschädigung<br />

der Vegetation durch Surfen, Segeln, Tauchen, unkontrolliertes<br />

Baden),<br />

Entwässerung (Moore und Feuchtgebiete, Quellbereiche)<br />

durch direkte Maßnahmen, z. B. um Flächen <strong>für</strong> Freizeiteinrichtungen<br />

zu erhalten, oder durch indirekte Folgewirkungen (z. B.<br />

Ausbau von Gewässern, Anlage von trockenen Wegen),<br />

- Aufstau von Fließgewässern (z. B. Anlage von Badegewässern,<br />

Angelteichen, Kanustrecken ),<br />

- Degradierung von Pflanzengesellschaften (durch gezielte Vegetationsveränderung,<br />

z. B. Anlage von Rasenflächen, Ruderalisierung<br />

im Umfeld von Freizeiteinrichtungen; durch Bodenverdichtung:<br />

Umwandlung artenreicher Pflanzengesellschaften in<br />

artenarme Trittgesellschaften, Verarmung alpiner Rasengesellschaften<br />

infolge des Skibetriebs; Veränderung des Bergwaldes<br />

durch Wildverbiß und durch Beunruhigung des Wildes).<br />

Vernichtung von Vegetationsdecken<br />

bedingt durch<br />

- Anlage und Nutzung von Skipisten (Waldrodung, mechanische<br />

Schädigung der Vegetationsdecken},<br />

- Inanspruchnahme von Vegetationsflächen (z. B. durch Bebauung),<br />

- extreme Trittbelastung (Zerstörung von Ufervegetation, Heideflächen,<br />

Dünen, Berggipfeln und Trockenrasen durch hohe Besucherdichten),<br />

- Wellenschlag (Zerstörung von Schwimmblatt- und Röhrichtzonen<br />

durch Bootsbetrieb} und<br />

- Nutzung von Gewässerufern (Zerstörung der Ufer- und Unterwasservegetation<br />

durch Angel-, Boots- und Badesport).<br />

2.1.4 Bewertung der Landschaftsbelastungen durch Freizeit<br />

und Erholung<br />

Freizeitnutzungen außerhalb der im Zusammenhang bebauten<br />

Ortslagen sind Landnutzungsformen. Wie oben dargestellt, verursachen<br />

sie mehr oder weniger starke Belastungen. Um weitere<br />

nachhaltige Schäden und ökologische Destabilisierungen zu vermeiden,<br />

müssen sich die mit der Freizeitplanung verfolgten Nutzungsziele<br />

an der natürlichen Leistungs- und Funktionsfähigkeit<br />

des Naturhaushaltes als grundsätzlichem Wertziel orientieren.<br />

Dieses Wertziel ist zwar im Naturschutzrecht verankert, seine allgemein<br />

verbindliche Beachtung jedoch bislang nicht realisiert. Es<br />

fehlen im Prinzip allgemein politisch verbindliche, normative Grenzen,<br />

die die Tolerierbarkeit von Umwelteingriffen objektiv festlegen<br />

(vgl. Beitrag FINKE).<br />

Bei der Bewertung der Belastung wird das Ausmaß des Eingriffs in<br />

vielen Fällen erheblich unterschätzt, die Belastbarkeit dagegen<br />

häufig beträchtlich überschätzt. Vielfach werden die Eingriffsfolgen<br />

<strong>für</strong> Natur und Landschaft aus meist wirtschaftlichen Erwägungen<br />

in Kauf genommen. Letztlich ist eine Freizeitplanung unter einseitig<br />

ökonomischen Gesichtspunkten und Wertzielen unsinnig<br />

und langfristig unökonomisch, da sie sich durch Zerstörung ihrer<br />

eigenen Grundlage, der Landschaft, den Boden selbst entzieht<br />

(BAUER 1973) 15 i<br />

Um zu eindeutigen Aussagen <strong>für</strong> Freizeitplanungen oder zur Beurteilung<br />

bestehender Einrichtungen zu kommen, ist neben der Untersuchung<br />

der Belastungsauswirkungen auf die landschaftlichen<br />

Ökosysteme sowohl eine Bewertung der ökologischen Funktionen<br />

der durch Erholung und Freizeit beanspruchten Landschaftsräume<br />

als auch eine Bewertung der Belastungen durch diesen Nutzungsanspruch<br />

erforderlich. Dies läuft im wesentlichen auf ein<br />

UVP-ähnliches Bewertungsverfahren hinaus.<br />

2.2 Rechtliche Lage<br />

Das geltende Recht versucht, die Konfliktsituation Freizeit und Erholung<br />

in Natur und Landschaft aufzugreifen. Es existieren sowohl<br />

verfassungsrechtliche Vorgaben als auch eine Reihe von einfachgesetzlichen<br />

Instrumenten, die sich mit dieser Problematik beschäftigen.<br />

2.2. 1 Verfassungsrechtliche Vorgaben<br />

Eine ausdrückliche verfassungsrechtliche Verankerung des Umweltschutzes<br />

und speziell des Naturschutzes findet sich im Grundgesetz<br />

nicht, obgleich die Einführung einer derartigen Verfassungsbestimmung<br />

in letzter Zeit immer wieder gefordert und auch<br />

von politischer Seite in Aussicht gestellt worden ist. Trotzdem gibt<br />

es auch verfassungsrechtliche Anknüpfungspunkte <strong>für</strong> den Naturschutz<br />

und die Landschaftspflege. Das Sozialstaatsprinzip in Verbindung<br />

mit dem Schutz der Würde des Menschen ist in diesem<br />

15) BAUER, Gerta (1973): Die Belastbarkeit der Landschaft durch Freizeiteinrichtungen.<br />

In: Seminare 1973 d. Landesst. f. Naturschutz u. Landschaftspflege<br />

in NRW, Freizeit und Naturschutz, S. 9-16<br />

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