Scan (50 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
Scan (50 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
Scan (50 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
kenntnis und Naivität. Gleichwohl wachsen die Schwierigkeiten,<br />
weil selbst bei einer relativen Abnahme der Verstöße diese bei<br />
wachsenden Besucherzahlen trotzdem konstant bleiben (so hat<br />
z. B. die Zahl der Besucher im Nationalpark Bayerischer Wald von<br />
1975 bis 1982 von 0,2 auf 1,6 Millionen zugenommen). Ähnliches<br />
gilt <strong>für</strong> Naturschutzgebiete, wie das Rote oder das Schwarze Moor<br />
in der Rhön, zumal viele Schutzobjekte durch die allgemeine Umweltverschlechterung<br />
(Bodenversauerung, Düngereintrag in<br />
Hochmoore, Herbizidbelastung usw.) in ihrem Arteninventar ständig<br />
verarmen. Es ist davon auszugehen, daß das Konfliktpotential in<br />
diesen Gebieten weiter zunimmt, wenn nicht gewisse Beschränkungen<br />
der Freizeitnutzung vorgenommen werden.<br />
2.1.3 Ausmaß und Auswirkungen der Belastungen von Natur<br />
und Landschaft<br />
Nahezu jede Art von Erholung, selbst das als naturbezogene Erholungsform<br />
angesehene Wandern und Spazierengehen und vor allem<br />
aber intensive Freizeitaktivitäten, belasten in irgendeiner Weise<br />
die Ökosysteme und sind von daher als Eingriffe zu werten.<br />
Die hierdurch auftretenden Konflikte sind im einzelnen landschaftsraumspezifisch<br />
sehr unterschiedlich. Sie sind abhängig<br />
von der Empfindlichkeit der Ökosysteme und ihrer Kompartimente<br />
sowie von der Art und der Größenordnung der Erholungsnutzung.<br />
Die Zusammenhänge zwischen Freizeit- und Erholungsnutzung<br />
und Art und Umfang der Störempfindlichkeit von Ökosystemen<br />
sind häufig nur anhand von einzelnen Fallstudien untersucht worden.<br />
Hierdurch wird die Beurteilung der Belastbarkeit erschwert,<br />
nach der in der Freizeit- und Erholungsnutzung immer wieder gefragt<br />
wird. Bei der Darstellung der Belastung von Einzelfaktoren der<br />
Ökosysteme muß grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß<br />
sich eine Störung oder Schädigung von Einzelfaktoren stets im System<br />
ausbreitet.<br />
Neben den zahllosen Eingriffen in Natur und Landschaft durch<br />
Siedlung, Gewerbe, Industrie, Bergbau, Wasserwirtschaft, Energiewirtschaft<br />
und Verkehr erfaßt die Nutzung der Landschaft <strong>für</strong> Freizeit-<br />
und Erholungszwecke häufig die letzten Rückzugsräume<br />
(z. B. Naturschutzgebiete „NSG"), in denen sich Ökosysteme bisher<br />
weitgehend ungestört entwickeln konnten. Das gilt <strong>für</strong> alle<br />
Landschaftstypen von der Meeresküste bis zum Hochgebirge (nahezu<br />
flächendeckend).<br />
Es lassen sich sowohl auf der Ebene des Ökosystems als auch <strong>für</strong><br />
die Einzelfaktoren Boden, Wasser, Pflanzen- und Tierwelt im wesentlichen<br />
vier Typen der Belastung durch Freizeit- und Erholungsnutzung<br />
erfassen (vgl. auch Beitrag MADER):<br />
1. unmittelbare (direkte) Störungen bzw. Schäden,<br />
2. mittelbare (indirekte) Störungen bzw. Schäden,<br />
3. langfristige Effekte,<br />
4. diffuse oder globale Effekte.<br />
Hinzu kommen Effekte, die sich aus der Summe der Störungen ergeben.<br />
Auswirkungen auf den Boden<br />
Die zunehmende Inanspruchnahme der noch naturnahen, freien<br />
Landschaft („Landschaftsverbrauch") durch Freizeit- und Erholungsaktivitäten<br />
hat erhebliche Auswirkungen auf den Boden. Eine<br />
wesentliche direkte Auswirkung ist die Versiegelung von Bodenflächen<br />
<strong>für</strong> die vielfältigen Freizeitanlagen und deren Erschließung.<br />
Hier sind vorrangig zu nennen:<br />
- Ausbau von Wegen,<br />
- Ausbau von Straßen, Parkplätzen, Sportplätzen,<br />
- Versiegelung durch bauliche Anlagen, wie Wochenendhäuser,<br />
Freizeitzentren, Gaststätten, Hotels und Sportanlagen.<br />
Als weitere direkte Bodenschäden treten Erosionsschäden auf. Sie<br />
sind bedingt durch<br />
- intensive Flächennutzung im Gebirge (z. B. im Bereich von Skiabfahrten,<br />
intensiv genutzten Wandergebieten im Gebirge auf<br />
empfindlichen Hangböden),<br />
- Verlassen der Wege in Heidegebieten, auf Dünen, im Bereich<br />
von Gewässerufern,<br />
- wildes Lagern und Campen in Dünen,<br />
- Motocrossanlagen, Mountain-Bikes,<br />
- Aufschüttungen, Abtragungen, Planierungen, Entwässerung<br />
(im Zusammenhang mit der Schaffung von Erholungseinrichtungen),<br />
- Bodenverdichtung (als Folgewirkung von Tritt und Befahren auf<br />
druckempfindlichen Bodenarten).<br />
Indirekte Bodenschäden sind z. B. die vielfältigen Eutrophierungserscheinungen<br />
und Bodenverschmutzungen durch Exkremente,<br />
Müll und sonstigen Unrat in den Randbereichen von Erholungsanlagen<br />
sowie die Bodenbelastung aufgrund hohen Verkehrsaufkommens<br />
(Abgase, Materialbetrieb usw.). Häufig treten solche<br />
Schäden auch erst nach langfristigen Einwirkungen auf, insbesondere,<br />
wenn mehrere Schadstoffe beteiligt sind.<br />
Auswirkungen auf das Wasser<br />
Bei den hier auswahlweise angeführten Auswirkungen von Erholungs-<br />
und Freizeitaktivitäten sollen nur die Belastungen bzw. Veränderungen<br />
des Wassers in physikalisch-chemischer Hinsicht sowie<br />
die Veränderung des Fließverhaltens infolge von Eingriffen in<br />
die Morphologie der Gewässer erfaßt werden. Sie haben direkte<br />
oder indirekte Folgewirkungen auf die Ökosysteme der Gewässer.<br />
Hier sind zu nennen:<br />
- Beanspruchung von Wasserflächen und Uferbereichen <strong>für</strong><br />
Bootshäfen, Lie~eplätze, Uferbefestigungen,<br />
Wellengang durch Bootsfahrten, Wasserski etc. (hierdurch<br />
Schäden im Uferbereich),<br />
Eintrag von Nährstoffen, Schadstoffen (mit u. U. grundlegender<br />
Veränderung des Wasserchemismus),<br />
- Gewässerausbau (Veränderung der Ufermorphologie, der<br />
Wasserführung, des Fließverhaltens usw.),<br />
- Aufstau (Veränderung des Gewässertyps, des Fließverhaltens,<br />
der Temperaturverhältnisse, der Sedimentführung usw.).<br />
Auswirkungen auf die Tierwelt<br />
Die Belastung der Tierwelt stellt sich im einzelnen je nach Landschaftstyp<br />
bzw. Biotoptyp sowie Art und Intensität der Freizeit- und<br />
Erholungsnutzung sehr differenziert dar. Ihre Beurteilung setzt neben<br />
der Bestandserhebung eine genaue Kenntnis der Biotopstrukturen<br />
sowie der syn- und autökologischen Charakteristika und der<br />
populationsdynamischen Vorgänge <strong>für</strong> die einzelnen Tierarten<br />
voraus. Wegen der Kompliziertheit der Erfassung tier-ökologischer<br />
zusammenhänge ist in der Praxis meist eine Beschränkung der<br />
Untersuchungen auf lndikatorarten und/ oder auf besonders<br />
schutzwürdige bzw. schutzbedürftige Arten (Schutzziel) erforderlich.<br />
Hierzu liegen bereits gut fundierte Einzeluntersuchungen sowie<br />
zahlreiche Fallstudien vor, die sich allerdings i. a. auf höhere<br />
Tierarten (Wirbeltiere) beschränken (vgl. u. a. REICHHOLF) 12 l. In<br />
12) REICHHOLF, Josef (1988): Belastung von Ökosystemen durch Freizeit<br />
und Erholung. In: Schr.-R. des Deutschen <strong>Rat</strong>es <strong>für</strong> <strong>Landespflege</strong>, H. 57<br />
564