Scan (50 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
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Planung beginnt mit der Erfassung des Ist-Zustandes in einem<br />
Raum. Zunächst ist daher zu klären, was unter der Perspektive Natur-<br />
und Landschaftserleben erhoben werden soll.<br />
Die bereits zitierten Begriffe der Naturschutzgesetze „Vielfalt, Eigenart<br />
und Schönheit" können nicht ohne weiteres als Grundlage<br />
eines entsprechenden Kriterienrahmens herangezogen werden<br />
(KIEMSTEDT, H.; WIRZ, St. 1989). Durch eine Reihe umweltpsychologischer<br />
Grundlagenarbeiten sind in der letzten Zeit die wesentlichen,<br />
auf den landschaftlichen Freiraum gerichteten Bedürfnisse<br />
und die sie betimmenden Erlebnisfaktoren ermittelt worden (u. a.<br />
NOHL, STOCKS 1987). Nachstehende Übersicht gibt den Zusammenhang<br />
zwischen Bedürfnissen und Erlebnisfaktoren wieder.<br />
Danach sind die Faktoren Vielfalt, Eigenart und Naturnähe die wesentlichen<br />
Determinanten, die das Natur- und Landschaftserleben<br />
bestimmen. Die Faktoren lassen sich in folgende Teilqualitäten auflösen<br />
und erfassen:<br />
- Vielfalt als Vielzahl von Strukturen, Formen und Farben, natürlichen<br />
und kulturellen Erscheinungen, Einzelelementen und<br />
räumlichen Konfigurationen<br />
auf den Freiraum<br />
gerichtete<br />
Bedürfnisse nach<br />
zugeordnete<br />
Erlebnis fak toren<br />
HEIMAT EIGENART<br />
~<br />
i<br />
ANREGUNG<br />
VIELFALT<br />
-+<br />
-4<br />
FREIHEIT<br />
NATURNÄHE<br />
1<br />
- Eigenart einer Landschaft, geprägt durch natürliche Standortfaktoren<br />
und jeweils spezifische historische, sozioökonomische<br />
und kulturelle Konstellationen (z. B. naturraumtypische<br />
prägende Elemente wie Moränenrücken, Terrassenkanten,<br />
Trockenrasen oder kulturhistorische Eigenheiten wie Wurten,<br />
Bewässerungssysteme, Niederwälder oder Hohlwege)<br />
- Naturnähe als . Naturcharakter" einer Landschaft, der dadurch<br />
bestimmt wird, ob und wie weit er scheinbar dem Betrachter Naturelemente<br />
und spontane Naturprozesse signalisiert, darf<br />
nicht mit dem wissenschaftlich definierten .Natürlichkeitsgrad"<br />
gleichgesetzt werden.<br />
Die Eignung eines Gebietes <strong>für</strong> Natur- und Landschaftserleben<br />
muß über diese drei Erlebniskomponenten bestimmt werden. Eine<br />
differenzierte, flächendeckende Biotoptypenkartierung liefert hier<strong>für</strong><br />
weitgehende Informationen. Die entsprechenden Auswertungsmöglichkeiten<br />
und -beispiele <strong>für</strong> Naturnähe, Vielfalt und Eigenart<br />
der Landschaft sind an verschiedener Stelle beschrieben<br />
und in der Praxis erprobt worden (u. a. HOISL et al. 1987). Wichtig ist,<br />
daß auf jeden Fall eine rationale Landschaftsbewertung durchgeführt<br />
wird. Dazu gehört, daß die Kriterien, die zur Bewertung herangezogen<br />
werden, ihre Bedeutung <strong>für</strong> die Bewertung (Gewicht) und<br />
ihre Erfaßbarkeit (Meßgrößen) klar benannt sind. Das Gesamturteil<br />
muß begründet werden. Da<strong>für</strong> sind keine hochstilisierten Bewertungsverfahren<br />
notwendig, schon gar keine pseudogenauen<br />
Quantifizierungen.<br />
Ergänzend zur Biotoptypenkartierung sind Erhebungen über die<br />
geomorphologischen und kulturhistorischen Besonderheiten<br />
durchzuführen. Mit Hilfe dieser Informationen können Erlebnisräume<br />
als Gebiete homogener Erlebnisvoraussetzungen abgegrenzt<br />
und charakterisiert werden (siehe hierzu HOISL et al.).<br />
Mit der Erfassung und Bewertung der Erlebnisdimension und Abgrenzung<br />
von Erlebnisräumen ist jedoch die planerische Operationalisierung<br />
noch nicht zu Ende. Als nächstes gilt es, die derzeitigen<br />
Beeinträchtigungen des Natur-und Landschaftserlebens zu erfassen.<br />
Hierzu zählen neben visuellen Störungen (z.B. bauliche Struktur)<br />
die Schadstoffimmissionen, Lärm und Klimabelastungen, aber<br />
auch negative Wirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt.<br />
Das Ausmaß der Beeinträchtigungen wird durch die Empfindlichkeit<br />
der <strong>für</strong> das Natur- und Landschaftserleben bedeutsamen Räume<br />
gegenüber Eingriffen bestimmt. Ausschlaggebend da<strong>für</strong> ist<br />
insbesondere die Transparenz einer Landschaft Die von vorgesehenen<br />
Maßnahmen und Eingriffen ausgehenden Beeinträchtigungen<br />
werden steigen mit dieser Transparenz, d. h. dadurch, wie weit<br />
Landschaftsräume einsehbar und überschaubar sind. Anleitungen<br />
zur Erfassung dieser Art der Empfindlichkeit („Verwendbarkeit") liegen<br />
ebenfalls vor (siehe wiederum HOISL et al. 1987).<br />
Um Natur und Landschaft erleben zu können, müssen sie zugänglich,<br />
d. h. betretbar und erschlossen sein. Darüber hinaus ist es erforderlich,<br />
daß sie er reichbar sind. Der Katalog der Bewertungsfaktoren<br />
ist daher um einige wichtige sozioökonomische Größen zu<br />
erweitern. Diese Ermittlungen sind auch <strong>für</strong> die an späterer Stelle<br />
zu klärende Frage nach dem Bedarf zu schaffender Strukturen <strong>für</strong><br />
das Natur- und Landschaftserleben von Bedeutung.<br />
Da die Fachaufgabe . Erlebnisvorsorge" eine Planungsaufgabe ist,<br />
müssen weitere Verfahrensschritte im Rahmen der Landschaftsplanung<br />
vollzogen und in Maßnahmen umgesetzt werden. Dazu<br />
gehört, daß die Sicherung der Möglichkeiten <strong>für</strong> Natur- und Landschaftserleben<br />
gerade heute auch die Lenkung der Inanspruchnahme<br />
erfordert. Derjenige, der die räumlichen Qualitäten <strong>für</strong> Natur-<br />
und Landschaftserleben erfaßt und bewertet, ist am ehesten<br />
kompetent, etwas über die mögliche Art und das Ausmaß der Inanspruchnahme<br />
zu sagen. Dies kann bis gegen Null gehen. Landschaftsbereiche,<br />
die aufgrund ihrer Bedeutung <strong>für</strong> den Artenschutz<br />
und ihrer extrem hohen ökologischen Empfindlichkeit keine<br />
Erholungsnutzung verkraften, müssen dann als ,Jabuflächen" gekennzeichnet<br />
werden.<br />
Weiterer Planungs- und Handlungsbedarf ergibt sich daraus, daß<br />
in vielen Räumen zu wenig oder gar keine Eignung <strong>für</strong> diesen Erholungsanspruch<br />
mehr vorhanden ist. In einem solchen Fall müssen<br />
Vielfalt und Naturnähe wieder angehoben, neu geschaffen und<br />
entwickelt werden. Der Anteil .naturnaher" Elemente und ganzer<br />
Landschaften muß erhöht werden, um Handlungsspielräume <strong>für</strong><br />
Ersatzangebote, Alternativstandorte und damit <strong>für</strong> die Besucherlenkung<br />
zu eröffnen. Zwar gilt der Anspruch auf Möglichkeiten des<br />
Natur- und Landschaftserlebens generell <strong>für</strong> die gesamte Fläche,<br />
trotzdem müssen realistischerweise Prioritäten gesetzt werden.<br />
Die Sicherung und Entwicklung dieser Raumqualitäten ist vorrangige<br />
Aufgabe besonders in den Siedlungs- und Randbereichen.<br />
Diese Frage nach dem Bedarf kann sicher nicht in jedem Fall durch<br />
langwierige Bedarfsanalysen geklärt werden. Einfache Erreichbarkeitsermittlungen<br />
und Defizitermittlungen innerhalb der Haupterreichbarkeitszonen<br />
reichen hier vollständig aus.<br />
zusammenfassend sind die Schritte, die u. E. zur Ausfüllung der<br />
Fachaufgabe „Erholungsvorsorge" zu vollziehen sind, am Beispiel<br />
der Landschaftsplanung auf kommunalen Ebenen, also des Landschaftsplanes,<br />
in der nachstehenden Übersicht dargestellt.<br />
5 Inhalte und Arbeitsschritte <strong>für</strong> die Aufgaben der<br />
. Erholungsvorsorge" im Rahmen der Landschaftsplanung<br />
5.1 Bestandsaufnahme<br />
5.1.1 Auswertung vorliegender Unterlagen <strong>für</strong> die aktuelle Freizeitnutzung<br />
5.1.1.1 Erfassung der Gebiete, die <strong>für</strong> verschiedene Freizeitaktivitäten<br />
bereits genutzt werden<br />
5.1.1.2 Derzeitige Ausstattung dieser Gebiete mit Freizeiteinrichtungen<br />
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