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Scan (50 MB) - Deutscher Rat für Landespflege

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staatliche Eingriffe sind nur effektiv, wenn auch attraktive Alternativen<br />

und flankierende Maßnahmen getroffen werden. Das ist<br />

insbesondere Aufgabe einer vorausschauenden Landschaftsplanung<br />

13).<br />

a) Instrumentarium<br />

Landschaftsplanung ist Fachplanung <strong>für</strong> den Bereich des<br />

Naturschutzes, der Landschaftspflege und Erholungsvorsorge.<br />

Da sie sich nur mit Natur und Landschaft befaßt, muß<br />

sie von integrierten Gesamtplanungen in Form der Landesplanung<br />

und Bauleitung, die alle raumbezogenen Faktoren<br />

erfassen wollen, unterschieden werden 14 ). Wie die Gesamtplanung<br />

ist sie aber prinzipiell flächendeckend.<br />

Das Bundesnaturschutzgesetz geht in Übereinstimmung<br />

mit den süddeutschen Naturschutzgesetzen von einer dreistufigen<br />

Konzeption der Landschaftsplanung aus. Um einen<br />

Konflikt widerstreitender Interessen zwischen Raumordnung<br />

und Landschaftspflege zu vermeiden, werden die Stufen<br />

der Landschaftsplanung mit den Raumordnungsstufen<br />

sachlich und methodisch verknüpft.<br />

b) Aufgaben der Landschaftsplanung<br />

Sie ist einmal als naturschutzrechtliche Fachplanung auf<br />

den artenökologischen Kern verpflichtet, nämlich Artenreichtum<br />

zu erhalten oder wieder zu ermöglichen durch<br />

Schutz des Naturhaushaltes, Biotopschutz und Biotopvernetzung.<br />

Dazu muß sie hinreichend viele und große Schutzgebiete<br />

sowie die notwendigen Schutzmaßnahmen vorsehen.<br />

Das wiederum setzt ein landesweites Arten- und Biotopschutzprogramm<br />

voraus, das Schutzwürdigkeitsmaßstäbe<br />

aufstellt, die Biotopkartierung in Angriff nimmt und so<br />

der Landschaftsplanung hinreichende ökologische Vorgaben<br />

vermittelt 15 ).<br />

Weiterhin ist die Landschaftsplanung ein geeignetes Instrument<br />

zur Regelung von Freizeit- und Erholungsaktivitäten.<br />

In mehreren Naturschutzgesetzen sind Landschaftspläne<br />

ausdrücklich <strong>für</strong> solche Gebiete vorgeschrieben, in denen<br />

derartige Aktivitäten vorhanden oder zu erwarten sind 16 ). Allgemein<br />

wird die stärkere Berücksichtigung und verbesserte<br />

Stellung der Landschaftsplanung innerhalb der räumlichen<br />

Planung als probates Mittel zur Minderung von Belastungen<br />

durch den Fremdenverkehr angesehen 17 ) , obwohl sich die<br />

Erwartungen bis jetzt noch nicht erfüllt haben.<br />

III. Rechtspolitische Erwägungen<br />

1. Es ist gesagt worden, daß im Naturschutz vorherrschend ein<br />

Vollzugsdefizit und weniger ein Normierungsdefizit <strong>für</strong> die Entwicklung<br />

verantwortlich sei 18 ). Das ist zu einem Gutteil richtig<br />

und wird auch durch die vorstehenden Erwägungen bestätigt.<br />

Beispiele <strong>für</strong> Vollzugsdefizite lassen sich zuhauf finden. Für<br />

Bayern seien nur die Fälle der Rotwand 19 ) und des Wallberges<br />

genannt 20 ). Hier wird berichtet, wie zum angeblich familienfreundlichen<br />

Ausbau einer Skiabfahrt ein steiler und rutschgefährdeter<br />

Hang angeschnitten wird, der von den Behörden<br />

selbst als labil bezeichnet wurde.<br />

Bei den Gründen <strong>für</strong> das Vollzugsdefizit spielt die schwache<br />

Stellung der Naturschutzbehörden sowohl wegen ihrer personellen<br />

Unterbesetzung, als auch deshalb, weil sie keine echten<br />

Mitentscheidungsbefugnisse besitzen 21 ), sicherlich eine wesentliche<br />

Rolle. Hinzu kommt die gesetzlich nur halbherzig gewährte<br />

Wirkungsmöglichkeit gesellschaftlicher Gruppen. Denn<br />

schon im Verwaltungsverfahren wirken die anerkannten Naturschutzverbände<br />

nicht bei der Prüfung und Beurtei lung aller<br />

Großvorhaben mit 22 ) . Darüber hinaus haben sie bundesrechtlich<br />

und nach der Mehrzahl aller Landesgesetze kein Klagerecht,<br />

das ihrer Beteiligung erst Gewicht und Stoßkraft gäbe.<br />

Wir benötigen auch stärkere Einflußmöglichkeiten der Naturschutzbeiräte,<br />

wie wir siez. B. in Art. 41 Abs. 2 des Bayerischen<br />

Naturschutzgesetzes finden, wo eine Appellationsbefugnis an<br />

die nächsthöhere Naturschutzbehörde unter bestimmten Voraussetzungen<br />

vorgesehen ist.<br />

Zu überprüfen ist auch, ob nicht die Möglichkeit der Individualklagen<br />

in größerem Umfange existiert als das bisher angenommen<br />

wird, wenn man an den Grundrechtsbezug der Erholungsmöglichkeiten<br />

und ihrer Erhaltung denkt. Schließlich muß die<br />

Eingriffsregelung aktiviert werden, worauf der Deutsche <strong>Rat</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Landespflege</strong> in seiner letzten Publikation schon aufmerksam<br />

gemacht hat 23 ).<br />

2. Im einem guten Teil beruht das Vollzugsdefizit aber auch auf<br />

konzeptionellen Mängeln der Naturschutzgesetze.<br />

a) Im Grunde hat nach der gegenwärtigen Regelung der Naturschutz<br />

trotz der hehren Zielsetzung des§ 1 BNatSchG nicht<br />

Gleichrang mit anderen Anforderungen von Staat und Gesellschaft<br />

an Natur und Landschaft, sondern Nach rang. Das<br />

läßt sich an drei zentralen Entscheidungen des Bundesnaturschutzgesetzes<br />

verdeutlichen:<br />

- Die Landwirtschaftsklauseln 24 ) führen zu einer weitgehenden<br />

Freistellung der Landwirtschaft, gleich welcher<br />

Couleur, von den materiellen Bindungen des Gesetzes.<br />

Dagegen fehlt bis jetzt jede Festlegung von ökologischen<br />

Bewirtschaftungspflichten 25 ) .<br />

- Die Abwägungsklausel des § 1 Abs. 2 BNatSchG hat<br />

nicht nur eine naturschutzinterne Abwägung zum Gegenstand,<br />

also beispielsweise Schutz von Lebensräumen<br />

zur Erhaltung des Artenreichtums mit Belangen der<br />

Erholung, sondern auch die Abwägung mit allen anderen<br />

Anforderungen an Natur und Landschaft. Im Gegensatz<br />

zum Raumordnungs- und Baugesetz, die ihrem Wesen<br />

nach Gesetze zur Abwägung vieler Belange sind, ist das<br />

Naturschutzgesetz aber ein Fachgesetz, das eigene<br />

Schutzwürdigkeitsprofile und Belastungsgrenzen der<br />

Natur, d. h. spezifische Naturschutzbelange, zum Gegenstand<br />

hat. Daher ist eine Klausel, die schon auf dieser<br />

13) Vgl. LOCHNER, ANL 4/83, S. 87.<br />

14) Vgl. SOELL (Fn. 10), S. 510.<br />

15) Vgl. Arten- und Biotopschutzprogramm, hrsg. vom Bayerischen Staatsministerium<br />

<strong>für</strong> Landesentwicklung und Umweltfragen, 1988; siehe dazu<br />

PLACHTER, Arten- und Biotopschutzprogramme als umfassende<br />

Zielkonzepte des Naturschutzes, in: Jahrbuch Naturschutz und Landschaftspflege,<br />

ADM 39 (1987), S. 106 ff.<br />

16) Vgl. z.B. Art. 3 Abs. 4 S. 1 lil d), S. 2 Nr. 2 BayNatSchG; § 8 Abs. 3 Nr. 7<br />

NatSchG Bin;§ 6 Abs. 4 Nr. 7 NatSchG Hmb.<br />

17) Vgl. Umweltgutachten 1987 des <strong>Rat</strong>s von Sachverständigen <strong>für</strong> Umweltfragen,<br />

Ziff. 2233, S. 681.<br />

18) So z. B. ERBGUTH (Fn. 6), S. 32. Siehe ferner Umweltgutachten 1987,<br />

Ziff. 2230/2231, S. 539.<br />

19) Dieser Fall wird im Umweltgutachten 1987, Ziff. 2230, S. 581 kurz skizziert.<br />

20) Vgl. die Meldung in der Süddeutschen Zeitung vom 24./25. September<br />

1988, Nr. 221, S. 22/ 23, mit der Überschrift: ,Am Wallberg muß der Bergwald<br />

weichen".<br />

21) Vgl. § 8 Abs. 5 BNatSchG, wonach i. d. R. nur das Benehmen und nicht<br />

das Einvernehmen herzustellen ist Anders jetzt der Entwurf zur Änderung<br />

des Bundesnaturschutzgesetzes.<br />

22) Vgl. § 29 Abs. 1 Ziff. 4 BNatSchG.<br />

23) Vgl. Fußnote 7.<br />

Vgl. auch die Empfehlungen zum .Vollzug der Eingriffsregelung• der Arbeitsgruppe<br />

„Eingriffsregelung· der Landesanstalten/-ämter <strong>für</strong> Naturschutz<br />

und Landschaftspflege und der Bundesforschungsanstalt <strong>für</strong><br />

Naturschutz und Landschaftsökologie (BFANL}, Natur und Landschaft,<br />

63. Jahrg. 1988, Heft 5.<br />

24) Vg l.§ 1 Abs. 3 und§ 8 Abs. 7 BNatSchG.<br />

25) Wie beispielsweise der Sachverständigenrat sie fordert, vgl. Umweltgutachten<br />

1987, Nr. 469, S. 156<br />

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