Scan (50 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
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wird. Das durch die Medien geprägte Idealbild des Menschen<br />
wird heute im sportlich-geselligen Freizeittyp gesehen. Zur Erreichung<br />
dieses Idealbildes wird viel Geld investiert.<br />
- Der gestiegene Lebensstandard erlaubt es vielen Menschen,<br />
mindestens zwei Urlaube durchzuführen. Zusätzlich werden<br />
die verlängerten Wochenenden <strong>für</strong> Kurzzeiturlaube genutzt.<br />
- Das am häufigsten gewählte Verkehrsmittel ist das Auto. Der<br />
Pkw-Bestand von derzeit etwa 28 Millionen wird bis zum Jahr<br />
2000 auf mindestens 32 Millionen ansteigen. Hohe Zuwachsraten<br />
gibt es im Bestand von Wohnmobilen und Caravans. Die<br />
durch den Kraftfahrzeugverkehr verursachten Umweltprobleme<br />
können sich weiter verschärfen.<br />
- Die Freizeit dient nicht mehr unbedingt der stillen Erholung;<br />
Abenteuer, Aktivität, Abwechslung, Möglichkeiten zur Ausübung<br />
von z. T. landschaftsbelastenden Sportarten sind gefragt.<br />
Dabei ist eine erhebliche Zunahme von immer exklusiveren<br />
Sportarten, wie z. B. Mountain-Biking, Drachenfliegen, Free<br />
Climbing, Motocross, Helikopter-Skiing und Bachwandern festellbar.<br />
- Die Freizeitindustrie bietet verlockende Angebote und umwirbt<br />
die potentiellen Kunden. Die <strong>für</strong> viele Freizeitaktivitäten benötigten<br />
Gerätschaften werden immer aufwendiger und unterliegen<br />
zudem der Mode, wie die Freizeitmessen zeigen. Die Branche<br />
verzeichnet stete Zuwächse. Dadurch werden die vorgenannten<br />
Trends unterstützt.<br />
- Zur stillen Erholung zählende Aktivitäten, wie Angeln, Wandern,<br />
Lagern und Picknicken, sowie als neue Form der „Ökotourismus",<br />
d. h. Entdecken der heimatlichen Natur, werden überwiegend<br />
in den Naherholungsgebieten {z. B. Eifel, Westerwald und<br />
Sauerland <strong>für</strong> das Ruhrgebiet, Lüneburger Heide und Harz <strong>für</strong><br />
Hamburg, Berlin, Hannover) ausgeübt. Die betroffenen Regionen<br />
sind planerisch meist nicht ausreichend hierauf eingestellt.<br />
Die Freizeitindustrie geht überwiegend mit hohem Kapitaleinsatz<br />
bei gleichzeitiger <strong>Rat</strong>ionalisierung und Konzentration vor;<br />
so sind große Hotelkomplexe und Freizeitanlagen <strong>für</strong> den Massentourismus<br />
der Hauptsaison entstanden. Diese Anlagen<br />
schaffen nicht nur Ver- und Entsorgungsprobleme - häufig wirken<br />
sie negativ auf das Landschaftsbild und die kulturelle Identität<br />
der betroffenen Regionen.<br />
- Freizeit und Erholung helfen aber auch, in den betreffenden Urlaubsgebieten<br />
zahlreiche Arbeitsplätze zu sichern und zu<br />
schaffen.<br />
- Freizeit und Erholung werden nach den Wünschen der Erholungsuchenden<br />
am liebsten in freier Naturverbracht, wobei die<br />
jeweils aufgesuchten Landschaftstypen gewissermaßen als<br />
Kulisse <strong>für</strong> die verschiedenen Freizeitaktivitäten dienen. Das<br />
Landschaftsbild spielt also eine entscheidende Rolle <strong>für</strong> die<br />
Gestaltung der freien Zeit.<br />
- Besonders attraktive Gebiete, wie Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete,<br />
Naturparke und Nationalparke, sind<br />
stark gefragt und teilweise schon heute übernutzt {z. B. Alpenraum,<br />
Nordseeküste). Sie werden aber nicht nur <strong>für</strong> extensive<br />
Erholungsformen genutzt (z. B. Wandern, Radfahren auf Wegen,<br />
Reiten auf Wegen), sondern auch <strong>für</strong> intensive Freizeitaktivitäten<br />
(Mountain-Biking querfeldein, Langlauf-Ski abseits vorgespurter<br />
Loipen, Surfen, Segeln).<br />
- Gebiete ohne besondere Landschaftsstrukturen und Untergliederung<br />
gelten als nicht attraktiv und bieten wenig Anreiz <strong>für</strong> eine<br />
Freizeit- und Erholungsnutzung.<br />
- Freie und intakte Natur läßt sich in den Städten und den Verdichtungsgebieten<br />
kaum in ausreichendem Ausmaß und in der gewünschten<br />
Qualität finden. Wegen der Auslastung innerstädtischer<br />
Freiräume nimmt daher der Druck auf das Umland und<br />
auf entfernter liegende Gebiete zu.<br />
- In der Entwicklung des Stadtumlandes ist durch die Neuschaffung<br />
attraktiver Naherholungsgebiete {z. B. Badeseen, Freizeit-<br />
parks, Wander- und Radwegenetze) den Bedürfnissen der<br />
Stadtbewohner R echnung getragen worden; jedoch zeigt sich<br />
in der Praxis, daß auch solche Gebiete den Druck auf weiter entfernt<br />
liegende Erholungsgebiete nur teilweise mindern können.<br />
3 Konfliktlösungen<br />
3. 1 Strategien zur Lösung der Konflikte<br />
Mehr und bessere Planung<br />
Man urteilt sicher nicht zu har~ wenn man einen Großteil der Probleme<br />
zwischen Naturschutz und Freizeit in der Vergangenheit auf<br />
ein Versäumnis angemessener Planung zurückführt. Abgesehen<br />
davon, daß ökologische Analysen und Untersuchungen zur Belastbarkeit<br />
einer Landschaft bei Entwicklungsvorhaben des Fremdenverkehrs<br />
oder der Freizeitinfrastruktur häufig überhaupt nicht angestellt<br />
worden sind, fehlt es auch heute noch vielfach an einer vorausschauenden<br />
ökologisch orientierten Planung. Dabei stehen<br />
hier<strong>für</strong> die Instrumente (Regional- und Landschaftsplanung und<br />
bedingt Umweltverträglichkeitsprüfung und Raumordnungsverfahren,<br />
vgl. Ziff. 3.3) z ur Verfügung. Was verbessert werden muß, ist<br />
die konsequente Auswertung und Umsetzung der vorhandenen<br />
Kenntnisse über ökologische zusammenhänge mit dem Ziel der<br />
Schonung bzw. Entlastung sensibler Räume auf der einen und Entwicklung<br />
und Stärkung (Erhöhung der Attraktivität) relativ belastbarer<br />
Gebiete auf der anderen Seite. Stark vereinfacht bedeutet<br />
dies, daß naturschützerisch besonders bedeutsame (i.d.R. gleichzeitig<br />
sehr reizvolle) Bereiche geschont werden müssen, während<br />
- von der natürlichen Ausstattung her gesehen - eher durchschnittliche,<br />
aber stärker belastbare Räume durch Verbesserung<br />
von Struktur und Vielfalt der Landschaft {vgl. Ziff. 3.2.3 Pflege, Gestaltung<br />
und Entwicklung der Kulturlandschaft) bzw. durch infrastrukturelle<br />
Entwicklungen und Freizeiteinrichtungen attraktiv gestaltet<br />
werden können. Dies setzt eine wirkungsvolle Abstimmung<br />
der landschaftsbezogenen Planungen mit den unteren und oberen<br />
Ebenen voraus.<br />
Konsequentere Anwendung bewährter Modelle<br />
(der Konzentration bzw. Dekonzentration)<br />
Für viele Freizeitaktivitäten - vornehmlich solche, die einen hohen<br />
infrastrukturellen Ausstattungsgrad (z. B. Ver- und Entsorgungseinrichtungen)<br />
aufweisen - läßt sich die landschaftliche Belastung<br />
verringern, wenn sie an geeigneten Punkten konzentriert angeboten<br />
werden. Beispiele hier<strong>für</strong> sind gut angelegte Badeseen<br />
oder Zentren des Wintersports (gut gepflegte Pisten). So sind etwa<br />
die ökologischen Schäden und Störungen {vor allem bezogen auf<br />
die Zahl der Erholungsuchenden) beim Pistenskilauf geringer als<br />
beim Varianten- oder Tourenskilauf.<br />
Die Schaffung von Zentren der Konzentration muß aber zur Folge<br />
haben, daß zwischen ihnen ausreichend große Gebiete entlastet<br />
bzw .• ruhig gestellt" werden können. Hier<strong>für</strong> sind neben Lenkungsmaßnahmen<br />
(Information, Werbung etc.) notfalls auch Ge-und Verbote<br />
in Betracht zu ziehen (vgl. Ziff. 3.4).<br />
Maßnahmen zur Steigerung der Leistungsfähigkeit von<br />
Erholungsräumen bzw. zum Schutz sensibler Gebiete<br />
Neben Planung und gezielter Erschließung können Freizeit- und<br />
Erholungsgebiete durch Maßnahmen der Gestaltung nicht nur in<br />
ihrer Tragfähigkeit, sondern auch hinsichtlich ihrer Attraktivität verbessert<br />
werden. Diese Möglichkeiten reichen von der Schaffung<br />
gliedernder Strukturelemente (Hecken, Feldgehölze, Einzelbäume,<br />
Wasserflächen, Raine, Böschungen) in ausgeräumten Kulturlandschaften<br />
bis hin zur Verbesserung vorhandener Landschaftsbestandteile,<br />
wie Wald- oder Wasserflächen durch naturnahe<br />
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