Scan (50 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
Scan (50 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
Scan (50 MB) - Deutscher Rat für Landespflege
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Georg Fritz<br />
Bildung von räumlichen und sachlichen Schwerpunkten <strong>für</strong> Freizeiteinrichtungen<br />
Problemstellung<br />
Der folgende Beitrag versucht, die .Bildung von Freizeitschwerpunkten"<br />
zu differenzieren und dabei Handlungsempfehlungen<br />
auch zu sachlichen Schwerpunkten der Landschaftspflege abzuleiten.<br />
Der SACHVERST ÄNDIGENRAT FÜR UMWELTFRAGEN (SAU)<br />
greift im Umweltgutachten 1987 die Frage auf, .ob zur Vermeidung<br />
von Umweltbelastungen eine örtliche Konzentration touristischer<br />
Einrichtungen oder aber eine räumliche Dispersion zweckmäßiger<br />
wäre" (Nr. 2257). Aber er enthält sich eines Hinweises, auf welcher<br />
Grundlage und nach welchen Kriterien eine Antwort auf die Frage<br />
nach Konzentration und Dispersion gegeben werden könnte. Er<br />
bestätigt lediglich den über die Konzentrations- oder Dispersionsstrategie<br />
zu erledigenden Steuerungsbedarf. Und er rät, differenziert<br />
zu entscheiden, .da wegen der Verschiedenartigkeit der Einrichtungen<br />
und Aktivitäten keine allgemeine Empfehlung gegeben<br />
werden kann". Mit diesem <strong>Rat</strong> hat der SAU zweifellos recht, sind<br />
doch in der Vergangenheit eine Vielzahl von Entscheidungen zur<br />
Bildung von Freizeitschwerpunkten getroffen worden, die im Ergebnis<br />
als unbefriedigend bewertet werden müssen. Stichwortartig<br />
seien genannt:<br />
- Ausweisung von Freizeitschwerpunkten durch die Landesplanung<br />
nach freizeitfunktionalen, aber ohne Einbeziehung von<br />
Umweltverträglichkeits-Aspekten,<br />
- Export von Freizeitbedürfnissen aus den Verdichtungsräumen<br />
in den ländlichen Raum und dort Errichtung von Freizeitzentren<br />
nach städtischem Leitbild,<br />
- Schaffung von 'Ablenkungsangeboten', die sich jedoch als Zusatzangebot<br />
nachfragesteigernd - und belastend - auswirken,<br />
- mangelnde Abwägung bzw. Einseitigkeit hinsichtlich der verschiedenartigen<br />
Interessen an der Bildung von Freizeitschwerpunkten.<br />
Angesichts des oftmals leerformelartigen Gebrauchs der Konzentrations-<br />
oder Dispersionsstrategie, ohne daß Qualitätsziele sowie<br />
räumliche und funktionale Bedingungen präzisiert worden sind, ist<br />
es nicht verwunderlich, daß eben auch der Begriff 'Freizeitschwerpunkt'<br />
schillernd geblieben ist.<br />
Freizeitschwerpunkte lassen sich theoretisch in fünf Grobkategorien<br />
unterscheiden. In der Praxis kommen dagegen zahllose Varianten<br />
und Übergangsformen vor.<br />
- Massive Ansammlung von landschaftsorientierten Aktivitäten<br />
mit kommerziellen Infrastrukturen, z.B. mit Campingplatz,<br />
Bootshafen, Reitstall, Alpin-Skisportgelände<br />
- Ansammlung von infrastrukturorientierten Aktivitäten mit dazugehörigen<br />
kommerziellen Einrichtungen in „Freizeitparks". Einen<br />
Eindruck der Definitionenvielfalt von 'Freizeitparks' vermittelt<br />
FICHTNER.<br />
Zu unterscheiden ist ferner zwischen der Betrachtung auf lokaler,<br />
regionaler und überregionaler Ebene, weil sich mit dem Betrachtungsmaßstab<br />
auch die Maßstäbe <strong>für</strong> die Nutzungsintensität bzw.<br />
lnfrastrukturdichte und Komplexität des Freizeitschwerpunktes<br />
ändern können. Tourismusplanung auf Landes-bzw. Regionalebene<br />
zählt zum Freizeitschwerpunkt z.T auch Flächen <strong>für</strong> ruhige Erholung<br />
dazu, die das infrastrukturelle Angebot ergänzen sollen. Ein<br />
System aus Konzentration und Dispersion bildet einen komplexen<br />
'Schwerpunkt'. Das Für und Wider der Konzentrationsstrategie soll<br />
unter der jeweiligen Sichtweise der unterschiedlichen Interessen<br />
erörtert werden.<br />
2 Aus der Sicht des Naturschutzes<br />
2.1 Tierartenschutz<br />
Eine zunehmend als gravierende Belastung erkannte Auswirkung<br />
von Freizeit und Erholung ist die Beunruhigung der Tiere durch die<br />
Anwesenheit des Menschen. Ergebnisse entsprechender Forschungen<br />
besagen, daß nicht erst die Masse von Ausflüglern oder<br />
Sportlern, sondern der erste, der von ihnen auftaucht, der begrenzende<br />
Faktor <strong>für</strong> die Ungestörtheit der Tiere ist. Gerade von der 'ruhigen<br />
Erholung' und den 'Natursportarten' wie Kanuwandern, Skiwandern<br />
und auch dem Drachenfliegen geht wegen ihrer extensiven,<br />
flächendeckenden und naturorientierten Ausprägung mit steigender<br />
Beteiligung immer mehr Beunruhigung der Wildtiere aus.<br />
Viele Wildtiere können sich an Regelmäßigkeiten gewöhnen. So<br />
werden Loipenbenutzer toleriert, auch Drachenflieger, wenn sie<br />
immer dieselben Routen wählen, sogar das im Zeittakt eines Wettbewerbes<br />
erfolgende Vorbeifahren von Kanuten wurde ohne<br />
Flucht hingenommen. Solche Ergebnisse sprechen eindeutig da<strong>für</strong>,<br />
die Erholungsnutzung dort, wo sie Lebensräume empfindlicher<br />
Wildtiere tangiert, zu kanalisieren, um den Tieren die Gewöhnung<br />
zu erleichtern, bzw. sie vor Beunruhigungsstreß zu schützen. Bei<br />
nichtgewöhnungsfähigen Tieren (Auerwild) kann keine Freizeitnutzung<br />
geduldet werden, denn im Gegensatz zur Freizeltnutzung<br />
haben diese Tiere keine Standortalternativen. Freizeitnutzung muß<br />
dann aus 'Tabuzonen' ausgegrenzt werden.<br />
.Freizeitschwerpunkt"<br />
- Aktivitätenselektierendes lokal höheres Besucheraufkommen,<br />
z.B. Badeplatz oder Loipe, z.T gänzlich ohne Infrastruktur<br />
- Aktivitätenkombinierendes höheres Besucheraufkommen, z.B.<br />
wassergebundene Freizeit am See mit Bade- und Surfsegelbetrieb;<br />
geringe Infrastruktur vorhanden, z.B: Erschließung und<br />
Parkplatz, gewisse „Möblierung"<br />
- Aktivitäten- und Einrichtungskombination kleineren Zuschnitts,<br />
nicht kommerziell, z.B. kommunales Freizeitgelände<br />
2.2 Schutz von Vegetation und Biotopen<br />
Die Belastbarkeit der Vegetation und ihre Disposition <strong>für</strong> Erholungsuchende<br />
ist sehr unterschiedlich (z.B. haben Moor, Ufervegetation,<br />
Heide, Hochwald je nach Erholungsform eine unterschiedliche<br />
Attraktivität). RINGLER befaßt sich im Rahmen der Diskussion<br />
zum Betretensrecht eingehend mit dieser Thematik urrd empfiehlt,<br />
dann Lenkungsmaßnahmen zu ergreifen, wenn in Folge der Beanspruchung<br />
erste Artenumschichtungen zu erkennen sind. Die Frage<br />
nach Konzentration oder Dispersion beantwortet sich also daraus,<br />
ob die je nach Biotoptyp kritische Besucherdichte unter- oder<br />
667