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Fördert Fernsehen Medienkompetenz? - KOBRA - Universität Kassel

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Theoretischer Bezugsrahmen<br />

___________________________________________________________________________<br />

bietet Mediennutzung im Alltag den Rahmen für z.B. Uneinigkeiten zwischen Generationen zu<br />

Mediennutzung und Medieninhalten, aber auch kulturell bedingte Verständnisprobleme bei der<br />

Nutzung von unbekannten Genres wie z.B. Mangas oder Animés können sich ergeben:<br />

Mit ihrem Auftauchen in anderen als dem kulturellen Entstehungskontext erscheinen Genres<br />

den Rezipienten oft fremd und in Ermangelung an Einordnungsmöglichkeiten und Interpretationsrahmen<br />

bleibt ihnen der Zugang zu den unbekannten Genres verschlossen. Was z.B. hat<br />

es auf sich mit den Körper- und Kampfinszenierungen in Dragonball Z? Welchen Sinn hat die<br />

Darstellung eines andauernden Wettkampfes mit mutierenden Wesen bei Pokémon? Wie soll<br />

ich als Zuschauer damit umgehen, wenn in der Zeichentrickserie Ranma ½ eine Beziehungsgeschichte<br />

um ein minderjähriges Mädchen und ihren zweigeschlechtlichen Zwangsverlobten<br />

erzählt wird, in der sich die beiden kindlichen Gestalten nachmittags um 16.00 Uhr nackt und<br />

ob ihrer uneindeutigen Sexualität verwirrt auf dem Bildschirm treffen?<br />

Für Heranwachsende mag Ranma ½ zu tun haben mit Körperlichkeit und speziell der Entwicklung<br />

des eigenen Körpers und der eigenen Sexualität. Für Eltern können die Bilder eine altersunangemessene<br />

Darstellung von Sexualität sein. Beides zielt aber wahrscheinlich an der<br />

ursprünglichen Intention der japanischen Serienproduzenten vorbei. Um kulturell bedingten<br />

Verständnisschwierigkeiten entgegenzuwirken, muss <strong>Fernsehen</strong> also „kulturelle Übersetzungsarbeit“<br />

47 leisten und den Zuschauern Interpretationsmuster liefern, an die sie anknüpfen<br />

können. Es muss Verantwortung übernehmen und seinen Zuschauern Informationen geben,<br />

die es ihnen ermöglichen, Fernsehprogramm zu verstehen, fordern Ben Bachmair und Gunther<br />

Kress am Beispiel von Wrestling:<br />

„Globalisierte Genres wie Wrestling erklären nicht die ihnen innewohnende Fremdheit;<br />

es ist vielmehr Angelegenheit der Zuschauer, sich diese fremden Genres anzueignen<br />

und in ihre Lebenswelt zu integrieren. Sollte das wirklich nur eine Angelegenheit der<br />

Zuschauer bleiben? Sind nicht auch die Programmveranstalter gefordert, Verantwortung<br />

für diesen Transfer in eine andere Lebenswelt als Interpretationsleistung der Rezipienten<br />

zu unterstützen?“ 48<br />

Aktivitäten in diesem weitläufigen kulturellen Feld zu operationalisieren und für die Programmanalyse<br />

nutzbar zu machen erfordert den Rückgriff auf Konzepte und Vorstellungen<br />

von kompetentem Medienhandeln, das sich von meist stark operationalisierten pädagogischen<br />

Vorstellungen von <strong>Medienkompetenz</strong> abheben. Charakteristisch für diese Kategorie 1.3<br />

ist m.E. die Weitläufigkeit und Unabgeschlossenheit. In ihr sind die unterschiedlichsten Spielarten<br />

von Medienproduktion und Medienrezeption möglich. Welche möglichen Konsequenzen<br />

für die Nutzer im Umgang mit Medien oder für die Pädagogik daraus erwachsen könnten tendiert<br />

in beiden Fällen wohl in eine ähnliche Richtung: emphatisches Verständnis für und Offenheit<br />

gegenüber Anderem und Anderen.<br />

47 Ben Bachmair bezieht sich bei seiner Forderung, Medien und Medienpädagogik müssten kulturelle Übersetzungsarbeit<br />

leisten („Diese Übersetzungsarbeit zwischen Kulturen ist genauso notwendig wie die Übersetzungsarbeit<br />

zwischen den Generationen und zwischen den neuen Sozialformen der Postmoderne wie Fan-<br />

Gruppen, Milieus oder Szenen.“), argumentativ auf die Rede von Jürgen Habermas in der Paulskirche vom<br />

Oktober 2001. Bachmair, Ben: Themenfelder der Medienpädagogik. In: Bachmair, Ben, Diepold, Peter, de<br />

Witt, Claudia: Jahrbuch Medienpädagogik 5. (Noch nicht erschienen).<br />

48 Bachmair, Ben, Kress, Gunther (Hrsg.): Höllen-Inszenierung „Wrestling“. Beiträge zur pädagogischen Genreforschung.<br />

Opladen (Leske+Budrich) 1996, S. 32.<br />

27

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