Fördert Fernsehen Medienkompetenz? - KOBRA - Universität Kassel
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Das Fernsehprogrammangebot zur Medien- und Genrekompetenz<br />
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(c) RTL2-Mitarbeiter-Trailer – tanzende Programmmacher werben Zuschauer<br />
Abbildung 11:<br />
RTL2, 2000, PE 18520<br />
Sendungsbeschreibung:<br />
In einem kurzen Spot treten RTL2-Mitarbeiter auf. Sie haben große quadratische Schilder umgehängt, die mit<br />
dem RTL2-Logo bedruckt sind. Daniela A., Archivmitarbeiterin und ihre Kollegin erzählen den Zuschauern: „Die<br />
ganz großen Filme, die ganz großen Stars – RTL2 macht einfach Spaß.“<br />
Spaß macht RTL2 offensichtlich auch seinen Mitarbeitern. Sie verkleiden sich mit dem Senderlogo<br />
und werben in dem ca. einminütigen Trailer 84 mit „großen Filmen“ und „großen Stars“.<br />
Die Zuschauer erkennen sofort: bei RTL2 ist Spaß Programm, und die Qualität scheint dabei<br />
auf jeden Fall gewährleistet, schenkt man den beiden Mitarbeiterinnen Glauben. Diese Botschaft<br />
über den Spaß, den ein Sender macht, ist auch dekonstruktiv angelegt. Die üblicherweise<br />
nie auf dem Bildschirm erscheinenden Mitarbeiter eines Senders sind weder „die ganz<br />
großen Stars“, noch werden sie als große Stars präsentiert. „Trash“ als Stilmittel dominiert den<br />
Spot und bildet einen Referenzrahmen, zu dem auch ein Spiel von Inszenierung und Wirklichkeit<br />
eines Senders, gekennzeichnet als Arbeitsort, hinzukommt.<br />
Fazit zu 3.1.2: Sendungen dieser Kategorie arbeiten mit offen legenden Darstellungen der<br />
eigenen Machart oder des eigenen Programms. Dekonstruktion und Eigeninterpretation werden<br />
dabei zum Mittel, um sich durchschaubar zu machen. In diesem Zusammenhang erscheint<br />
<strong>Medienkompetenz</strong> hier als Fähigkeit Strukturen zu durchschauen, die Genres<br />
zugrunde liegen und Einordnungsmaßstäbe aufzubauen, die kritische Distanz zu z.B. Werbung<br />
ermöglichen und dabei hilft, hinter einem lustigen Werbespot den Kalkül der Produktverkäufer<br />
zu sehen. Eigeninterpretation hat dabei einen besonderen Stellenwert, da sie das<br />
Programm den Zuschauern gegenüber so weit öffnet, dass Zuschauern offensichtlich die<br />
Wahl gelassen wird, das (Selbst-)Interpretationsangebot des <strong>Fernsehen</strong>s anzunehmen oder<br />
abzulehnen. Im Fall einer Ablehnung müssen die Programmmacher damit rechnen, dass Zuschauer<br />
sich von dem Programm ab- und sich unter Umständen dem Programm anderer Anbieter<br />
zuwenden.<br />
84 RTL2, 30.05.2000, 20:13 Uhr.<br />
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