Fördert Fernsehen Medienkompetenz? - KOBRA - Universität Kassel
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Das Fernsehprogrammangebot zur Medien- und Genrekompetenz<br />
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Fazit zu 3.2: Kinder werden als medien- und genrekompetente Teilnehmer an gesellschaftlichen<br />
Diskursen gezeigt. Dabei spielen auch die Aspekte erfolgreicher Alltagsgestaltung<br />
mit Medien sowie Medienkritik und zwischenmenschliche<br />
Beziehungen eine große Rolle<br />
Das Bild von <strong>Medienkompetenz</strong> wird in dieser Kategorie über die Kompetenz mit Genres umzugehen<br />
und über die Fähigkeit mit ihnen individuelle Bedürfnisse zu befriedigen und Alltag zu<br />
gestalten aufgebaut. Die gesellschaftlich definierten Regeln, die sich dabei herauskristallisieren,<br />
werden als im Alltag nutzbar und aber auch diskutierbar dargestellt. Kompromisslösungen,<br />
die dabei gefunden werden (müssen), beinhalten sowohl althergebrachte und<br />
möglicherweise bisher bewährte Ansichten über Medien, Genres und ihre Nutzung als auch<br />
die Möglichkeit für die Kindergeneration, ihren Nutzungsmuster und -präferenzen nachzukommen.<br />
„Regeln anwenden“ heißt dabei, dass im Umgang mit Medien und Differenzen zwischen<br />
Eltern und Kindern deutlich wird, wie sehr der Umgang mit Medien gesellschaftlich<br />
reguliert ist, auf der anderen Seite aber auch diskursiver Umgang mit diesen Regelungen<br />
möglich ist. Dabei ist nicht auszuschließen, dass bisher gültige Regeln gebrochen werden.<br />
Letztlich jedoch werden Übereinstimmungen im Umgang mit Medien getroffen, die wohl alle<br />
beteiligten Parteien zufrieden stellen und in ihrem Umgang mit Medien bestärken.<br />
Die vier Sendungen begreifen Medien als Teil des Alltags. In diesem Alltag gehen Menschen<br />
mit Medien um, stoßen dabei allerdings manchmal an Grenzen, die aufzeigen, dass Umgang<br />
mit Medien auch Umgang mit den Mitmenschen und Umgang mit gesellschaftlich ausgehandelten<br />
Regeln und Normen bedeutet. Das Regelwerk, das die Protagonistenanwenden, bezieht<br />
sich nicht auf Strukturen des Fernsehprogramms wie in Kategorie 1.3. Bezugspunkt sind<br />
die Bedürfnisse und Kompetenzen der Mediennutzer, die sich als generationenspezifisch, also<br />
vor unterschiedlichen kulturellen und gesellschaftlichen Kontexten entstanden, herausstellen.<br />
Dabei fällt deutlich ins Auge, dass solche kulturellen Differenzierungen über Genrekompetenzen<br />
der beteiligten Parteien thematisiert werden. Gewaltgenres stehen dabei im Vordergrund,<br />
die von Kindern anders genutzt werden als von Eltern.<br />
In allen vier Sendungen haben Qualitätsdiskussionen um Medieninhalte ihren Ursprung in den<br />
Genrekompetenzen der Kinder und den nicht vorhandenen Genrekompetenzen der Eltern. Was<br />
die Pfefferkörner nur erahnen lassen, diskutieren die Simpsons voll aus: Die ästhetische Präferenzen<br />
der beiden Generationen Eltern und Kinder stimmen nicht überein. An ihnen hängen<br />
Konzepte von Kindheit, Lebensgestaltung, Kultur. Der „Eigensinn“ der Kinder tritt deutlich zu<br />
Tage, wenn es darum geht, ihren Alltag mit Medien zu gestalten, besonders mit den Genres, mit<br />
denen die Eltern nicht umgehen können. Auch sind es die „preferred reading patterns“, die sich<br />
bei Kindern und Eltern unterscheiden. Sie sind kulturell abhängig, haben unterschiedliche Lebensentwürfe,<br />
Bedürfnisse, Erfahrungen, Ideale, Notwendigkeiten u.s.w. als Hintergrund und<br />
drücken sich in den Vorstellungen von Mediennutzung aus, v.a. im Umgang mit Genres, die mit<br />
Gewaltdarstellungen arbeiten. Die Kinder schaffen es in den betrachteten Sendungen meistens,<br />
sich ihrer Elterngeneration gegenüber durch selbstbezogene und reflektierte Argumente und<br />
Aussagen zu behaupten und ihre Lebensentwürfe mit großen Anteilen von Populärkultur (diese<br />
Seite vertreten die Kinder sicher und kompetent) gegen die mit Affinitäten zur Hochkultur (von<br />
den Eltern vertreten) zu verteidigen. Sie sind in der Lage, massenmediale Angebote sinnstiftend<br />
in ihr Leben und ihren Alltag zu integrieren und zeigen den Erwachsenen auf diese Art, dass vor<br />
allem <strong>Fernsehen</strong> nicht zwangsläufig schlecht, bösartig und gewalttätig macht. Und die Eltern<br />
führen ihre Kinder über die Schule an ihre Vorstellungen von Kultur, die der Hochkultur entsprechen,<br />
heran. So stehen am Ende der betrachteten Sendungen jeweils Kompromisslösungen, bei<br />
denen beide Parteien als Sieger aus der Auseinandersetzung hervorgehen.<br />
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