26.10.2012 Aufrufe

Fördert Fernsehen Medienkompetenz? - KOBRA - Universität Kassel

Fördert Fernsehen Medienkompetenz? - KOBRA - Universität Kassel

Fördert Fernsehen Medienkompetenz? - KOBRA - Universität Kassel

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Das Fernsehprogrammangebot zur Medien- und Genrekompetenz<br />

___________________________________________________________________________<br />

3.3.4 Medienzitate werden zu anderen Genres umgestaltet<br />

Es gibt auch Programmelemente, die nicht im herkömmlich lehrenden Sinn Aneignungs- und<br />

Handlungsangebote von Medien oder Alltag zeigen, indem sie einen bestimmten Sachverhalt<br />

oder eine Thematik aufgreifen und sie erklären oder ein Thema diskursiv behandeln. „Traditionelle“<br />

Angebote geben nach dieser Auffassung gängige und gesellschaftlich erprobte Meinungen<br />

über und Handhabungsweisen von Medien wieder (z.B. Episoden aus Die Sendung<br />

mit der Maus, Norman Normal oder Disney’s Pepper Ann). Doch welche Elemente des Programmangebotes<br />

kommen als nicht herkömmliche Angebote in Frage? Vermutlich sind es<br />

solche, die augenscheinlich anders als gewöhnlich oder kreativ sind, indem sie mit der potentiellen<br />

Offenheit von Angeboten spielen; Elemente, die individuell unterschiedliche Lesarten<br />

von Fernseh-Text herausstellen und nicht, wie bei Lehr- oder Lernsendungen, normativ sind<br />

und thematisch selbstbezüglich keinen oder nur einen beschränkten (in Form von schlichter<br />

Infragestellung) Diskurs zulassen. Solche unkonventionellen Angeboten liefern keine Antworten<br />

oder Argumente, sondern machen ein Stück weit neugierig, indem sie in andere Richtungen<br />

gehen als erwartet. Die Faszination solcher Elemente entsteht möglicherweise aus der<br />

Spannung zwischen der eigentlichen Orientierungsabsicht der Sendung und ihrem absichtlichen<br />

Anders-Verstehen durch die Rezipienten. Dabei wird Zuschauern sicherlich eine Menge<br />

an Genrekompetenz abverlangt, ein Mangel daran kann aber, wie Stefan Raab es ansatzweise<br />

versucht, durch z.B. Dekonstruktion aufgefangen werden.<br />

Dass nun tatsächlich alle Genres prinzipiell so offen sind und individuell unterschiedliche Lesarten<br />

zulassen, so dass aus ihrer Reproduktion ein völlig anderes Genre entstehen kann,<br />

zeigt Stefan Raab. Sein Maxi Beaver Rap soll hier exemplarisch für die Umgestaltung zu anderen<br />

Genres stehen, die auch durch Rezeptionsvarianten entstehen können.<br />

Sendungen in dieser Kategorie sind diejenigen, die sich über einen Überraschungsmoment<br />

definieren. Im unten angeführten Beispiel wäre das die „Andersnutzung“ von Fernsehprogramm,<br />

verbunden mit der Möglichkeit, diese Nutzung anderen über ein neues Medien-<br />

Produkt zugänglich zu machen. Momente von Dekonstruktion und Eigeninterpretation sind<br />

dabei essentiell, scheinen aber auf einer ersten Stufe zunächst Verständnis und Akzeptanz<br />

hervorrufen zu wollen. Angebote anderer Kategorien hingegen, die ebenfalls mit Dekonstruktion<br />

und Eigeninterpretation arbeiten, möchten über Dekonstruktion und Eigeninterpretation<br />

möglicherweise nicht auf reflektiertes Verständnis und Akzeptanz hoffen, sondern ein schlichtes,<br />

affektives „ja“ oder „nein“ provozieren. Ob letztere These haltbar ist, muss an dieser Stelle<br />

offen bleiben. Vielmehr soll betont werden, dass die Sendungen, die Medienzitate zu neuen<br />

Genres umgestalten, mit „Neuem“ und „Anderem“ arbeiten und so nicht auf bei den Zuschauern<br />

bereits vorhandene Einordnungsmaßstäbe hoffen können, sondern sie erst konstruieren<br />

müssen.<br />

76

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!