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Fördert Fernsehen Medienkompetenz? - KOBRA - Universität Kassel

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0. Einleitung: Problemaufriss und Lesehinweis zum Aufbau der Arbeit<br />

Was könnte <strong>Medienkompetenz</strong> bedeuten? Ein Fallbeispiel aus der alltäglichen Fernsehnutzung<br />

„Da kannst du ruhig zuschauen, das ist ein Witzfilm.“ Der sechsjährige Junge sitzt zusammen<br />

mit seiner zwei Jahre älteren Nachbarin vor dem Fernseher und schaut Darkwing Duck, eine<br />

Zeichentrickserie, auf „11“ an. SuperRTL liegt bei diesem Fernsehgerät auf dem Programmplatz<br />

11, und den Sender schaltet Tim jedes Mal ein oder zappt dorthin, wenn er mich besucht.<br />

Er weiß, dass dort Sendungen laufen, die er ohne Bedenken anschauen kann. Seine<br />

Freundin hat nicht so viel Fernseherfahrung wie er. Sie ist sich nicht sicher, ob die Sendung,<br />

die sie noch nie vorher gesehen hat, etwas für sie ist. Tim versucht, ihr die Unsicherheit zu<br />

nehmen, indem er die Sendung als witzig kategorisiert. Zeichentrick ist für ihn immer witzig,<br />

also können Kinder das anschauen, so seine Logik. Dass der „Film“ eigentlich eine Serie ist,<br />

spielt dabei keine Rolle. Wesentlicher ist die Zuordnung zu einem Genre, das sich seiner Erfahrung<br />

nach auf jeden Fall für Kinder eignet.<br />

Tim geht im Rahmen seines Alltagshandelns sicher mit dem Medium <strong>Fernsehen</strong> um: Er bedient<br />

selbständig das Fernsehgerät, kennt Sender und Genres, die relevant für ihn sind, und<br />

weiß diese auch einzuordnen. Sogar eine soziale Komponente, nämlich gemeinsames <strong>Fernsehen</strong>,<br />

findet dabei ihren Platz. Dank Tims Erfahrungen mit und seines Wissens über das<br />

Medium <strong>Fernsehen</strong>, seine Sender und seine Genres schauen er und schließlich auch seine<br />

Freundin entspannt auf dem Sofa lümmelnd die Sendung.<br />

Woher hat der sechsjährige Junge dieses Wissen über Medien?<br />

Zum einen sind seine Geschwister und Freunde diejenigen, mit denen er sich über Medien<br />

austauscht. Das geschieht vor allem in Spielsituationen: Pokémon auf dem Gameboy zocken,<br />

mit den Nachbarskindern Pokémon-Karten tauschen und dabei Yu-Gi-Oh! als blöd abtun, vor<br />

dem PC-Spiel „Spongebob Schwammkopf“ sitzen und mit seinem Bruder versuchen, das<br />

nächste Level zu erreichen ist für Tim alltägliches Geschäft. Über Filme redet er gerne mit<br />

seinen älteren Geschwistern und Erwachsenen wie seinen Nachbarn, z.B. dann, wenn er alle<br />

Teile der Star Wars Trilogie gesehen hat, die seinem älteren Bruder gehört oder wenn er über<br />

seine große Schwester an den neuen Austin Powers Film kommt. Tim verblüfft dann mit detailliertem<br />

inhaltlichen Wissen und stellt sich als kleiner Filmexperte heraus.<br />

Zum anderen beruht Tims Wissen über Medien, speziell über <strong>Fernsehen</strong>, in erster Linie auf<br />

seinen ganz persönlichen Erfahrungen. Wissen zu Sendern und Sendungen erarbeitet er sich<br />

durch genaues Hinschauen und reflektiertes Zusehen: Er merkt sich genau, auf welchem<br />

Programmplatz die Sender liegen, die er gerne sieht und kennt die Uhrzeiten, zu denen die<br />

Sendungen laufen, die er mag. Während einer Sendung macht Tim ab und zu die anderen<br />

Zuschauer, wenn er gemeinsam mit anderen fernsieht, z.B. auf das Aussehen von Figuren<br />

aufmerksam und kommentiert ihr Verhalten oder ihr Handeln. Wo er etwas nicht begreift, fragt<br />

er nach, um das Gesehene einzuordnen – vor allem dort, wo in Humorsendungen Irreales für<br />

den genretypischen Witz sorgt. So entwickelt Tim nicht nur die Fähigkeit, sicher mit Sendern,<br />

Programmen und Genres umzugehen. Er lernt, sein Programm gezielt auszuwählen, über das<br />

Gesehene zu sprechen und es zu reflektieren, in Bezug auf kindgerechtes Programm zu argumentieren<br />

und Fernsehunerfahrenen die Angst vor der ihnen fremden Sendung zu nehmen.<br />

Das alles könnte medienkompetentes Handeln sein. Im Alltag jedenfalls scheint Tim mit seinen<br />

Strategien im Umgang mit Medien Erfolg zu haben.

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