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Fördert Fernsehen Medienkompetenz? - KOBRA - Universität Kassel

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Das Fernsehprogrammangebot zur Medien- und Genrekompetenz<br />

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verbindet er mit einem Genre aus dem Musikbereich, das mit Sprechgesang arbeitet, dem<br />

Rap. Ihm kam es sicherlich entgegen, dass Maxi Biewer sich im Takt ihres Gesprochenen<br />

bewegt, der Schritt von einem einfachen Lied hin zu einem Musikvideo bot sich an. Aus Bildern<br />

und Sprache entsteht zusammen mit Rhythmus und Musik ein Musikvideo.<br />

Zwei Personen, die ursprünglich in unterschiedlichen Räumen (Studios) standen und dort ihre<br />

Sendungen gestalteten, die auf unterschiedlichen Sendern zu sehen waren, begegnen sich im<br />

Film auf einer gemeinsamen Bühne. Zwei Bühnen, Räume oder Programmausschnitte werden<br />

in einem Film zusammengeführt. An dieser Stelle kann Medienkritik ansetzen und die<br />

Frage nach dem Realitätsgehalt von Fernsehbildern fokussiert.<br />

Im Maxi Beaver Rap erscheinen Elemente, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstanden,<br />

zusammen in einem neuen Werk. Die Verdichtung auf der personellen Ebene ergibt sich aus<br />

der Verdichtung der medialen, zeitlichen und der räumlichen Ebene. Raab stellt Situationen<br />

her, die ursprünglich nicht so gedacht waren und gestaltet dabei Beziehungen – wenn auch<br />

nur fiktiv. Raab macht aus der Wetteransagerin kurzerhand eine Rap-Sängerin, er selbst tritt<br />

als DJ auf. Das zwischenzeitliche „Abklatschen“ und synchrone Bewegungsabläufe machen<br />

die Inszenierung perfekt.<br />

Umgestaltung von Genres über die Variablen Ort und Zeit<br />

Kommunikationssituationen sind abhängig von Ort und Zeit: Bei einem face-to-face-Gespräch<br />

befinden sich die Kommunikationspartner zur gleichen Zeit am gleichen Ort, bei einem Telefongespräch<br />

bspw. sind die Gesprächspartner zur gleichen Zeit an unterschiedlichen Orten<br />

und bei Brief- oder Emailverkehr zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten. Wird<br />

also eine der Variablen Raum oder Zeit verändert, ändert sich auch die Gattung der Gesprächssituation.<br />

Genau das macht Raab mit Fernsehgenres. Er verändert das Raum- und<br />

Zeitverhältnis in einem Element und schafft damit eine neue Kommunikationssituation. Mit<br />

dieser Verschiebung ändert sich auch das Fernsehgenre. Der einmalig sinnvoll brauchbare<br />

Zwecktext Wetterbericht (Informationsgenre) wird zu einem Format eines Unterhaltungsgenres,<br />

einem oft wiederholbaren Musikvideo. Ein „einmaliges“ Produkt wird zu einem „seriellen“<br />

Produkt.<br />

Aus dieser Betrachtung leitet sich die Annahme ab, dass zu bestimmten Genres eine bestimmte<br />

Art der Raum-Inszenierung gehört. Diese Raum-Inszenierungen begünstigen bestimmte<br />

Sozialsysteme und Kommunikationssituationen. Über die Gesprächssituationen im<br />

<strong>Fernsehen</strong> wird die Orientierungsabsicht definiert, die das <strong>Fernsehen</strong> den Zuschauern gegenüber<br />

hat. Ein Beispiel: Bei der Sendung „Volle Kanne“ im ZDF unterhält sich die Moderatorin<br />

mit ihrem Gast, während die beiden an einem gedeckten Frühstückstisch sitzen und neben<br />

ihrem Gespräch auch essen. Zwischen den beiden entsteht eine recht entspannte Atmosphäre<br />

in gemütlicher Umgebung, die einen relativ vertrauten Umgang miteinander hervorbringt.<br />

Fernsehzuschauer sehen also eine ruhige und integrierende Unterhaltung in einer möglicherweise<br />

vertrauten Umgebung und sind Zuhörer eines „zwanglosen“ Gesprächs unter „guten<br />

Bekannten“. Ähnlich funktioniert das z.B. in Talkshows oder Dauerwerbesendungen wie dem<br />

„RTL-Shop“. Vor diesem Hintergrund können Genres als Kommunikationssituationen begriffen<br />

werden, die spezifischen Raum-Inszenierungen unterliegen, einem bestimmten Timing, einem<br />

Rhythmus oder einer Wiederholbarkeit. Ein Teil von <strong>Medienkompetenz</strong> wäre in diesem Sinne,<br />

auch zwischen der Raum-Inszenierungen und den dazugehörigen Zeitabläufen bei unterschiedlichen<br />

Genres unterscheiden zu können und sie zu entschlüsseln, sowohl die Kommunikation<br />

der Gesprächspartner in den Sendungen als auch die Kommunikationssituationen<br />

zwischen Fernseh-Produzenten und Fernseh-Rezipienten betreffend.<br />

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