Susanne Kosiek - Universität Osnabrück
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3. Exekutive Funktionen<br />
Die Bezeichnung „exekutive Funktionen“ wird in der Neuropsychologie zur Beschreibung<br />
der Funktionen verwendet, die durch Frontalhirnläsionen oftmals beeinträchtigt sind<br />
(Tranel, Anderson & Benton, 1994). Verschafft man sich einen Überblick über die<br />
verfügbare Literatur zum Thema exekutive Funktionen und zugehörige<br />
Operationalisierungen, wird rasch klar, dass sich dahinter nicht eine bestimmte Fähigkeit<br />
oder eine klar definierte Gruppe kognitiver und verhaltensbezogener Funktionen verbirgt.<br />
Dieser Begriff und die damit in Zusammenhang gebrachten Verhaltensweisen werden<br />
vielmehr in unterschiedlichen Kontexten auf ganz verschiedene Arten untersucht und<br />
diskutiert. Tranel et al. (1994) weisen in ihrer Schilderung der Entwicklung des Konzepts<br />
der exekutiven Funktionen auf den losen Gebrauch des Begriffes hin und merken dazu an:<br />
…„Despite ist popularity, the term has remained rather elusive in terms of precise<br />
operationalization, and just what it is that comprises executive functions varies<br />
considerably across theorists and investigators.” (S. 125)<br />
Was verstehen verschiedene Autoren unter exekutiven Funktionen? Nach welchen<br />
Gesichtspunkten treffen sie eine Einteilung, um die zugehörigen Konstrukte um diesen<br />
Begriff zu gruppieren? Ziel dieses Kapitels ist eine Zusammenfassung der in der Literatur<br />
auftauchenden Komponenten dieses vielschichtigen Begriffes und deren Darstellung im<br />
Zusammenhang mit der Forschung zu Frontalhirnläsionen.<br />
3.1 Entstehung des Konzepts<br />
Frühes Interesse an menschlichem Verhalten auf höherem kognitiven Niveau zeigte im<br />
Jahr 1835 der Mediziner Franz Joseph Gall, der sich in seinen Veröffentlichungen mit<br />
Verhaltensweisen wie Voraussicht, Kreativität und sozialem Verhalten beschäftigte (zit. n.<br />
Tranel et al., 1994). Gall entwickelte in dieser Zeit ein „Biobehaviorales Modell“ zur<br />
Beschreibung komplexer Verhaltensweisen, in dem er jedoch keine Angaben über<br />
Prozesse machte, die eine Integration verschiedener Komponenten des Verhaltens leisten.<br />
In der Folge der Veröffentlichung des Modells von Gall gegen Ende des neunzehnten<br />
Jahrhunderts wurden erste Annahmen über die Existenz übergeordneter Zentren im<br />
menschlichen Gehirn gemacht, welche die Aktivität untergeordneter Zentren