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100 «Gesellschaft und radioaktive Abfälle» Siegrist und Kollegen untersuchten die Akzeptanz von Nanotechnologie, wobei sie davon ausgehen, dass diese eine neue Technologie darstellt, über die das Publikum noch nicht gut informiert ist. Somit, so ihre Argumentation, komme Informationen noch eine wichtige Rolle zu und Vertrauen bestimme, wie diese interpretiert würden. Analog argumentieren wir, dass es sich bei der Lagerung radioaktiver Abfälle um ein schon lange diskutiertes Phänomen h<strong>and</strong>elt, dass dementsprechend Emotionen schon stärker verankert sind und somit auch schon die Einschätzung des Vertrauens prägen. Analog haben dies bereits Poortinga und Pidgeon (2006) postuliert. In ihrem Review-Artikel halten Visschers und Siegrist (2008) fest, dass die Richtung des Zusammenhangs von Vertrauen und Emotion empirisch noch nicht geklärt sei. Entsprechend diesen Ausführungen haben wir die zwei Modelle zusammengeführt (Abbildung 5.11). Die Auswertung zeigt, dass der von Siegrist (2000) postulierte Zusammenhang zwischen Vertrauen und wahrgenommenen Risiken deutlich reduziert wird (von –0.61 im Originalmodell von oben auf –0.22), d. h. über die zusätzlich aufgenommenen Variablen erklärt wird. Positive Emotionen hängen sowohl mit dem Vertrauen in institutionelle Akteure, wahrgenommenen Chancen und auch direkt mit der Akzeptanz eines Lagers zusammen. Analog korrelieren negative Emotionen sehr stark mit wahrgenommenen Risiken und mit der Akzeptanz. Auch dieses Modell erklärt knapp 60% der Varianz der Fragen nach der Akzeptanz eines Lagers. Positive Emotionen 0.41 0.31 0.21 Chancen 0.08 –0.56 0.53 Vertrauen in Institutionen Akzeptanz Lager –0.13 Risiken –0.22 Negative Emotionen 0.70 –0.33 Abbildung 5.11 Um die Rolle der Emotionen erweitertes Erklärungsmodell von Siegrist (2000) für die Akzeptanz eines Lagers radioaktiver Abfälle. (N = 2’368, Modellfit CFI 0.96).
Methodik der Studie 101 Zum Schluss stellt sich die Frage, was wohl die Emotionen prägt. Wie wir oben dargestellt haben, hängen Emotionen zu radioaktiven Abfällen und die Einstellung zur Kernkraft wie auch das Geschlecht eng zusammen und wurden in einem letzten Schritt auch in das Modell eingefügt. Falls wir die Einstellung zur Kernkraft als eine Art Werthaltung verstehen, die relativ stabil verankert ist, können wir diese als den Emotionen vorgeschaltet betrachten: Die Einstellung zur Kernkraft prägt stark, welche Emotionen gegenüber radioaktiven Abfällen empfunden werden. Analog argumentiert auch Sjöberg (2004), der die Einstellung zur Kernenergie als treibende Kraft hinter der Risikowahrnehmung sieht. Wie wir nun in Abbildung 5.12 sehen können, korreliert insbesondere die Einstellung zur Kernkraft sehr stark mit den positiven (0.27) und insbesondere den negativen Emotionen (–0.50). Das Geschlecht dagegen korreliert sowohl mit der Einstellung zur Kernkraft (0.24, d. h. Männer stehen der Kernkraft positiver gegenüber) wie auch den negativen Emotionen (–0.14, d. h. Frauen äussern mehr negative Emotionen als die Männer). Der Erklärungsanteil zur Akzeptanz eines Lagers bleibt gleich, da keine neuen direkten Einflüsse eingefügt worden sind. 0.27 Positive Emotionen 0.39 0.41 0.31 –0.41 0.21 Chancen 0.08 0.24 Positive Einstellung KKW 0.30 Vertrauen in Institutionen Akzeptanz Lager Männer vs. Frauen –0.13 Risiken –0.22 –0.14 –0.50 Negative 0.69 Emotionen –0.33 Abbildung 5.12 Um Geschlecht und Einstellung zur Kernkraft ergänztes Erklärungsmodell der Akzeptanz eines Lagers. (N = 2’368, Modellfit CFI 0.95).
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