Skript - Universität Paderborn
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4.5 Konstruierbarkeit mit Zirkel und Lineal 89<br />
quadratische Gleichung mit Koeffizienten in L und somit zu Punkten mit Koordinaten<br />
in L( √ α), wobei α ∈ L sich aus den Koeffizienten der quadratischen<br />
Gleichung ergibt.<br />
⇐“: Diese Richtung beweist man mit Induktion über die Höhe n des Körperturms.<br />
”<br />
Für n = 0 ist nichts zu zeigen und für n > 0 ist jede Zahl der Form α + β √ γ<br />
mit α, β, γ ∈ L n−1 Lösung einer quadratischen Gleichung mit Koeffizienten in<br />
L n−1 . Damit ist sie durch eine passende Schnittkonstruktion aus Punkten mit<br />
Koeffizienten in L n−1 konstruierbar. Mit Induktion folgt dann die Behauptung.<br />
⊓⊔<br />
Korollar 4.5.4. Wenn a ∈ R konstruierbar ist, dann gibt es eine Körpererweiterung<br />
L/Q mit a ∈ L und [L : Q] = 2 k .<br />
Beweis. Dies folgt sofort aus Satz 4.5.3 und Lemma 4.2.15.<br />
⊓⊔<br />
Korollar 4.5.5. (i) Wenn a ∈ R algebraisch (über Q) ist und der Grad des Minimalpolynoms<br />
von a keine Zweierpotenz ist, dann ist a nicht konstruierbar.<br />
(ii) Wenn a ∈ R transzendent (über Q) ist, dann ist a nicht konstruierbar.<br />
Beweis. Wegen [Q(a) : Q] = ∞ für jede transzendente Zahl a ∈ R und [Q(a) : Q] =<br />
deg(p) für das Minimalpolynom p einer algebraischen Zahl a ∈ R, folgt dies sofort<br />
aus Korollar 4.5.4.<br />
⊓⊔<br />
Beispiel 4.5.6. (i) Eine Zahl a ∈ R mit a 3 = 2 ist nicht konstruierbar, weil das<br />
Minimalpolynom X 3 − 2 ∈ Q[X] eines solchen Elements keine Zweierpotenz<br />
als Grad hat. Damit ist das sogenannte Delische Problem, einen Würfel mit<br />
dem doppelten Volumen eines vorgegebenen Würfels zu konstruieren, nicht mit<br />
Zirkel und Lineal lösbar.<br />
(ii) Die Zahl √ π ∈ R ist nicht konstruierbar, weil π transzendent ist (das wurde<br />
1882 von F. Lindemann (1852–1939) bewiesen und erfordert andere Methoden<br />
als sie in dieser Vorlesung vorgeführt wurden). Damit ist es nicht möglich, zu<br />
einem Kreis mit Radius 1 (d.h. Fläche π) ein Quadrat derselben Fläche mit<br />
Zirkel und Lineal zu konstruieren (Kreisquadrierung). Ganz analog seht man,<br />
dass es auch nicht möglich ist, ein Quadrat zu konstruieren, dessen Umfang<br />
gleich dem Umfang 2π des Kreis mit Radius 1 ist.<br />
(iii) Im Allgemeinen ist es nicht möglich, einen Winkel mit Zirkel und Lineal in drei<br />
gleiche Teile zu teilen. So ist zum Beispiel der Winkel 20 ◦ nicht konstruierbar,<br />
weil die Zahl a = cos(20 ◦ ) die Gleichung a 3 − 6a − 1 = 0 erfüllt, also ein<br />
Minimalpolynom vom Grad 3 hat.<br />
⊓⊔<br />
Beispiel 4.5.7 (Regelmäßige n-Ecke). Ein regelmäßiges n-Eck ist genau dann<br />
mit Zirkel und Lineal konstruierbar, wenn der Punkt ζ = e 2πi<br />
n ∈ C ∼ = R 2 konstruierbar<br />
ist. Wenn ζ m und ζ k für teilerfremde m und k konstruierbar sind, dann ist<br />
auch ζ mk konstruierbar. Um das einzusehen, wählt man s, t ∈ Z mit sm + tk = 1<br />
und findet für n = mk<br />
ζ n = e 2πi<br />
mk<br />
2πis<br />
= e k + 2πit<br />
m = (ζk ) s (ζ m ) t .<br />
damit reduziert sich die Frage nach der Konstruierbarkeit regulärer n-Ecke auf<br />
solche n, die Primzahlpotenzen sind.<br />
Die Einheitswurzeln ζ n sind gerade die Nullstellen des Polynoms X n − 1 in C.<br />
Für n = p prim ist das Minimalpolynom von ζ p das p-te Kreisteilungspolynom Φ p<br />
(siehe Korollar 4.4.8). Mit Korollar 4.5.5 sieht an also, dass ζ p nur konstruierbar