Dad saß die ganze Zeit steif wie ein Amboss da, sein Gesicht wie aus Stein gemeißelt. Als ich ihm denZettel reichte, las er ihn zwei Mal und legte ihn dann sorgfältig beiseite.Er schüttelte den Kopf, stand auf und ging zur Haustür.„Wohin gehst du?“, fragte Mom besorgt.„Ich muss mal um den Block“, war alles, was er mit brechender Stimme hervorbrachte.Wir sahen einander unsicher an, Mom und ich, und warteten auf seine Rückkehr. Ich versuchte mirvorzustellen, was in seinem Kopf vorgehen mochte. Nach den Attentaten war er ein so andererMensch geworden, und ich wusste von Mom, dass das, was ihn geändert hatte, die Tage waren,während derer er mich für tot gehalten hatte. Er war zu der Ansicht gelangt, dass die Terroristenseinen Sohn beinahe getötet hatten, und das hatte ihn verrückt gemacht.Verrückt genug, um alles zu tun, was das DHS von ihm verlangte: sich einzureihen wie ein braveskleines Lamm, sich kontrollieren zu lassen, sich antreiben zu lassen.Und nun wusste er, dass es das DHS war, das mich gefangen gehalten hatte, dasselbe DHS, das SanFranciscos Kinder in Gitmo-an-der-Bay als Geiseln hielt. Es war auch völlig logisch, jetzt, da ichdrüber nachdachte. Natürlich musste es Treasure Island sein, wo man mich gefangen gehalten hatte.Was sonst war zehn Minuten Bootsfahrt von San Francisco entfernt?Als Dad zurückkam, sah er so zorniger aus als jemals zuvor im Leben.„Du hättest es mir erzählen müssen!“, polterte er.Mom stellte sich zwischen ihn und mich. „Du beschuldigst den Falschen“, sagte sie. „Es war dochnicht Marcus, der für das Kidnapping und die Einschüchterung verantwortlich war.“Er schüttelte den Kopf und stampfte. „Ich beschuldige nicht Marcus. Ich weiß nur zu genau, wer hierschuld ist. Ich. Ich und das dumme DHS. Zieht eure Schuhe an und holt eure Mäntel.“„Wohin gehen wir?“„Zuerst zu Darryls Vater. Und dann besuchen wir Barbara Stratford.“-----Der Name Barbara Stratford sagte mir irgendwas, aber mir fiel nicht ein, was. Mochte sein, dass sieeine alte Freundin meiner Eltern war, aber ich konnte sie nicht einordnen.Erst mal waren wir jetzt zu Darryls Vater unterwegs. Ich hatte mich nie sehr wohl gefühlt in derGegenwart des alten Mannes, der Funker bei der Navy gewesen war und seinen Haushalt straff wieauf dem Schiff organisierte. Er hatte Darryl schon Morsecode beigebracht, als der noch ein Kind war,und das hatte ich ziemlich cool gefunden. Das war übrigens einer der Gründe dafür, dass ich wusste,ich konnte Zebs Nachricht trauen. Aber auf jedes coole Ding wie Morsecode kam bei Darryls Vaterirgendeine schwachsinnige militärische Disziplinnummer aus anscheinend reinem Selbstzweck – zumBeispiel bestand er auf perfektes Bettenbauen und auf zwei Rasuren pro Tag. Das trieb Darrylziemlich auf die Palme.Darryls Mutter hatte das auch nicht so dufte gefunden und war zu ihrer Familie nach Minnesotazurückgegangen, als Darryl zehn war; er verbrachte seine Sommer- und Weihnachtsferien dort.Ich saß hinten im Auto und konnte den Hinterkopf meines Vaters betrachten, während er fuhr. SeineMuskeln im Nacken waren angespannt und waren in steter Bewegung, weil er mit seinen Kiefernmahlte.Mom behielt ihre Hand auf seinem Arm, aber es war niemand da, der mich tröstete. Wenn ich dochbloß Ange anrufen könnte. Oder Jolu. Oder Van. Naja, vielleicht, wenn dieser Tag rum war.„Er muss seinen Sohn innerlich schon beerdigt haben“, sagte Dad, während wir uns auf denHaarnadelkurven hinauf nach Twin Peaks dem Häuschen näherten, in dem Darryl und sein Vater138
lebten. Es war neblig um Twin Peaks, wie so oft bei Nacht in San Francisco, und dasScheinwerferlicht wurde zu uns zurückreflektiert. In jeder Kurve sah ich die Täler der Stadt tief unteruns, Schüsseln voller glitzernder Lichter, die sich im Nebel bewegten.„Ist es das?“„Ja“, sagte ich, „das ist es.“ Ich war nun monatelang nicht bei Darryl gewesen, aber ich hatte in allden Jahren genug Zeit hier verbracht, um sein Haus auf Anhieb zu erkennen.Wir drei standen einen ausgedehnten Moment lang ums Auto herum, um zu sehen, wer gehen und ander Tür klingeln würde. Zu meiner eigenen Überraschung war ich es.Ich klingelte, und wir warten in angespanntem Schweigen eine Minute lang. Dann klingelte icherneut. Der Wagen von Darryls Vater stand in der Auffahrt, und wir hatten im Wohnzimmer ein Lichtbrennen sehen. Gerade wollte ich ein drittes Mal klingeln, als die Tür geöffnet wurde.„Marcus?“ Ich erkannte Darryls Vater kaum wieder. Unrasiert, in einem Hausmantel und barfuß, mitlangen Zehennägeln und roten Augen. Er hatte Gewicht zugelegt, und unter dem kräftigenSoldatenkinn war ein weiches Doppelkinn zu erkennen. Sein dünnes Haar war strähnig undungepflegt.„Mr. Glover“, sagte ich. Meine Eltern schoben sich hinter mir zur Tür herein.„Hallo, Ron“, sagte meine Mutter.„Ron“, sagte mein Vater.„Ihr auch? Was ist los?“„Können wir reinkommen?“-----Sein Wohnzimmer sah aus wie eins jener Zimmer, die man in den Nachrichtenmeldungen überverwahrloste Jugendliche sieht, die einen Monat eingeschlossen sind, bevor sie von den Nachbarngerettet werden: Schachteln für Tiefkühlkost, leere Bierdosen und Saftflaschen, schmutzigeMüslischüsseln und stapelweise Zeitungen. Ein Hauch von Katzenpisse hing in der Luft, und Müllknirschte unter unseren Füßen. Selbst ohne die Note von Katzenpisse wäre der Geruch unglaublichgewesen, wie in einem Bahnhofsklo.Die Couch war mit einem schmuddeligen Laken und ein paar fettig glänzenden Kissen bedeckt, unddie Polster waren eingedrückt wie nach vielen Nächten Schlaf.Wir standen alle für einen langen, schweigsamen Moment da, während dessen Verlegenheit alleanderen Gefühle überlagerte. Darryls Vater sah aus, als wolle er auf der Stelle sterben.Langsam räumte er dann die Laken vom Sofa, räumte die Stapel schmutzigen Geschirrs von einigender Sofas und trug sie in die Küche, wo er sie, dem Geräusch nach zu urteilen, auf den Boden fallenließ.Vorsichtig setzten wir uns auf die Plätze, die er freigeräumt hatte, dann kam er zurück und setzte sichebenfalls.„Es tut mir Leid“, sagte er undeutlich. „Ich kann euch wirklich keinen Kaffee anbieten. Ich rechne fürmorgen mit der Lebensmittellieferung, deshalb bin ich ein bisschen knapp ...“„Ron“, sagte mein Vater. „Hör uns bitte zu. Wir haben dir etwas zu erzählen, und es wird nicht leichtsein, es anzuhören.“Er saß wie eine Statue da, während ich berichtete. Dann starrte er auf den Zettel, las ihnaugenscheinlich, ohne ihn zu begreifen, und las ihn noch einmal. Dann gab er ihn mir zurück.Er zitterte.139
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Cory DoctorowLittle BrotherDeutsch
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Bona, Heimatort Petaluma) ist ne ga
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werden konnten. Man musste bloß hi
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Aber es gibt ne Menge Leute, die ir
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Kapitel 2Dieses Kapitel ist Amazon.
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sind, die auf seinen Befehl warten.
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Die physische Komponente des heutig
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Kapitel 3Dieses Kapitel ist Borderl
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des Telefonnetzes. Solche Sachen h
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Das Licht im Raum war so grell, das
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Desinfektionslösung, auf der in kl
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Wenn du mit den Bullen sprichst, oh
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Wärter brüllten uns zu, wir sollt
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Die Wahrheit lautet: Ich hatte alle
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Dann zurück in die Zelle; aber sie
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„Warten Sie!“, schrie ich. „B
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Kapitel 5Dieses Kapitel ist Secret
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Gegend gabs schon seit Jahren keine
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Ich verstand den Wink und ging weit
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Ich fand mein Bild und sah, dass es
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Ich wälzte mich aus dem Bett. Inzw
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Hacker gehen durch solche Sperren g
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Meine Kinnlade klappte runter.„De
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Deshalb geben sich Rasierklingen-Fi
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Und tatsächlich ist ziemlich genau
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mit vollem Magen. Außerdem nahm ic
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„Also folgen Sie jedem, der mit e
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„Mom setzte ihren Teebecher ab.
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unnormal warst. Und ich konnte das
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Pigspleens Gründerin hatte die Ant
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Kapitel 8Dieses Kapitel ist Borders
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Sie lag zurückgelehnt in der Sonne
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hat. Damit meine ich, er liefert in
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man machte die Pseudo-Sicherheitsma
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(Klingen kreuzen, um auszufechten,
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dass sie mich abgefangen haben, ist
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Und die Überwachung in Großbritan
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Jetzt konnte ich wirklich nicht meh
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Alles, woran ich denken konnte, war
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Risikokapitalgeber saßen, um eine
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