„Er ...“„Darryl lebt“, sagte ich. „Darryl lebt, und er wird auf Treasure Island als Gefangener festgehalten.“ Erpresste seine Faust in seinen Mund und gab ein furchterregendes Stöhnen von sich.„Wir haben eine Freundin“, sagte mein Vater. „Sie schreibt für den ‚Bay Guardian‘. Eine investigativeReporterin.“Daher also kannte ich den Namen. Die kostenlose Wochenzeitung „Guardian“ verlor häufiger ihreReporter an die größeren Tageszeitungen und ans Internet, aber Barbara Stratford war dort schon seitEwigkeiten. Ich hatte eine vage Erinnerung an ein Abendessen mit ihr, als ich ein Kind war.„Wir gehen jetzt zu ihr“, sagte meine Mutter. „Wirst du mit uns kommen, Ron? Wirst du ihr DarrylsGeschichte erzählen?“Er schlug die Hände vors Gesicht und atmete schwer. Dad versuchte ihm die Hand auf die Schulter zulegen, aber Mr. Glover schüttelte sie vehement ab.„Ich muss mich auf Vordermann bringen“, sagte er. „Gebt mir eine Minute.“Mr. Glover kam als veränderter Mensch wieder die Treppe herunter. Er hatte sich rasiert und seinHaar zurückgegelt, und er hatte eine makellose Militär-Ausgehuniform mit einer Reihe Abzeichen aufder Brust angezogen. Am Fuß der Treppe blieb er stehen und wies auf die Uniform.„Ich habe momentan nicht allzu viele saubere Sachen, die vorzeigbar sind. Und das hier schien mirangemessen. Ihr wisst schon, falls sie Fotos machen möchte.“Er und Dad saßen vorn und ich auf dem Rücksitz hinter ihm. Aus der Nähe roch er ein wenig nachBier, als ob es durch seine Poren käme.-----Als wir in Barbara Stratfords Einfahrt bogen, war es bereits Mitternacht. Sie lebte außerhalb der Stadt,unten in Mountain View, und während wir über die 101 sausten, sprach keiner von uns ein Wort. DieHightech-Gebäude längs des Highways flitzten an uns vorbei.Das war eine ganz andere Bay Area als die, in der ich lebte, eher wie das kleinstädtische Amerika, dasich manchmal im Fernsehen sah. Jede Menge Autobahnen und segmentierte Ansammlungenidentischer Häuser; Städte, in denen kein einziger Obdachloser seinen Einkaufswagen den Bürgersteigentlang schob – hier gab es nicht einmal Bürgersteige!Mom hatte Barbara Stratford angerufen, während wir darauf warteten, dass Mr. Glover wiederrunterkam. Die Journalistin hatte schon geschlafen, aber Mom war so erregt gewesen, dass sie völligvergessen hatte, sich britisch zu benehmen und peinlich berührt zu sein, sie geweckt zu haben; stattdessen hatte sie ihr nachdrücklich erzählt, dass sie etwas zu besprechen habe und dass es persönlichsein müsse.Als wir zu Barbara Stratfords Haus hochrollten, war meine erste Assoziation Brady Bunch – eingeducktes Ranch-Haus mit Ziegelverblendung und ordentlichem, vollkommen quadratischem Rasen.Die Verblendung hatte ein abstraktes Kachelmuster, und dahinter ragte eine altmodische UHF-TV-Antenne hervor. Wir gingen ums Haus herum zum Eingang und sahen, dass drinnen bereits Lichtbrannte.Die Schreiberin öffnete die Tür, bevor wir auch nur eine Chance hatten, den Klingelknopf zu drücken.Sie war etwa so alt wie meine Eltern, mit scharf profilierter Nase und klugen Augen mit vielenLachfältchen. Sie trug Jeans, die hip genug waren, um auch in einer der Boutiquen auf Valencia Streetdurchzugehen, und eine weite indische Baumwollbluse, die ihr bis über die Oberschenkel hing. Ihrekleinen runden Brillengläser blitzten im Licht ihres Korridors.Sie schenkte uns die Andeutung eines Lächelns.„Wie ich sehe, seid ihr mit der ganzen Sippe angereist.“140
Mom nickte. „Du wirst gleich verstehen, warum“, sagte sie.Mr. Glover trat hinter Dad hervor.„Und die Navy habt ihr auch angefordert?“„Alles zu seiner Zeit.“Wir wurden ihr vorgestellt. Sie hatte einen festen Händedruck und langgliedrige Finger.Ihr Heim war japanisch-minimalistisch eingerichtet mit nur wenigen wohlproportionierten, niedrigenMöbelstücken, großen Tongefäßen mit Bambus, dessen Wedel bis zur Decke ragten, und etwas, dasaussah wie großes, verrostetes Bauteil eines Dieselaggregats auf einem polierten Marmorsockel. Ichentschied mich dafür, es zu mögen. Die Fußböden waren altes Holz, gesandet und gebeizt, aber nichtversiegelt, so dass man Risse und Vertiefungen unter dem Firnis sehen konnte. Das mochte ichwirklich sehr, insbesondere, als ich auf Socken darüberlief.„Ich habe Kaffee aufgesetzt“, sagte sie. „Wer möchte welchen?“ Wir hoben alle die Hände. Ich blicktemeine Eltern herausfordernd an.„Okay“, sagte sie.Sie verschwand in einem anderen Raum und kam kurz darauf mit einem groben Bambustablettzurück, auf dem eine Zwei-Liter-Thermoskanne und sechs Tassen in sehr präziser Formgebung, abergrobschlächtiger Dekoration standen. Die mochte ich auch.„Nun denn“, sagte sie, nachdem sie eingeschenkt und verteilt hatte. „Es ist sehr schön, euch alle malwieder zu sehen. Marcus, als ich dich letztes Mal gesehen habe, warst du ungefähr sieben Jahre alt.Und wenn ich mich recht erinnere, warst du damals sehr begeistert von deinen neuen Videospielen,die du mir gezeigt hast.“Ich erinnerte mich daran überhaupt nicht, aber es klang genau nach dem, wofür ich mich mit siebenbegeistert hatte. Musste wohl meine Sega Dreamcast gewesen sein.Sie holte ein Tonbandgerät, einen gelben Block und einen Kugelschreiber und drehte den Stift auf.„Ich bin bereit, anzuhören, was immer ihr mir zu erzählen habt, und ich kann euch versprechen, dassich alles, was ich höre, vertraulich behandeln werde. Aber ich kann nicht versprechen, dass ich das,was ich höre, irgendwie verwenden werde oder dass es veröffentlicht werden wird.“ Die Art, wie siedas sagte, machte mir klar, dass diese Lady meiner Mom, die sie aus dem Bett geklingelt hatte, einensehr großen Dienst erwies, Freundinnen hin oder her. Berühmte investigative Reporterin musstemanchmal ein ganz schöner Scheißjob sein. Wahrscheinlich waren eine Million Leute heiß drauf, dasssie sich ihrer Fälle annahm.Mom nickte mir zu. Obwohl ich die Story in dieser Nacht schon drei Mal erzählt hatte, ging sie mirdieses Mal nicht so leicht über die Lippen. Das hier war was anderes, als es meinen Eltern zuerzählen. Es war auch was anderes, als es Darryls Vater zu erzählen. Das hier, das würde dem Spieleine völlig neue Wendung geben.Ich fing langsam an und beobachtete Barbara dabei, wie sie sich Notizen machte. Ich trank eine ganzeTasse Kaffee nur während der Erklärung, was ARG war und wie ich zum Spielen aus der Schulerauskam. Mom, Dad und Mr. Glover hörten dabei besonders aufmerksam zu. Ich schenkte mir einezweite Tasse ein und trank sie über dem Bericht unserer Festnahme aus. Als ich mit der komplettenGeschichte durch war, hatte ich die Kanne leer gemacht und hatte Druck auf der Blase wie einRennpferd.Ihr Badezimmer war genauso puristisch wie das Wohnzimmer, und es gab braune Öko-Seife, die wiereiner Schlamm roch. Ich kam wieder zurück und sah die Augen aller Erwachsenen auf mir ruhen.Dann erzählte Mr. Glover seine Geschichte. Er konnte nichts darüber berichten, was passiert war, aberer erzählte, dass er ein Veteran sei und sein Sohn ein guter Junge. Er sprach darüber, wie er sichgefühlt hatte, als er annehmen musste, dass sein Sohn tot war, und wie seine Ex-Frau einen141
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Cory DoctorowLittle BrotherDeutsch
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Bona, Heimatort Petaluma) ist ne ga
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werden konnten. Man musste bloß hi
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Aber es gibt ne Menge Leute, die ir
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Kapitel 2Dieses Kapitel ist Amazon.
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sind, die auf seinen Befehl warten.
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Die physische Komponente des heutig
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Kapitel 3Dieses Kapitel ist Borderl
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des Telefonnetzes. Solche Sachen h
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Das Licht im Raum war so grell, das
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Desinfektionslösung, auf der in kl
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Wenn du mit den Bullen sprichst, oh
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Wärter brüllten uns zu, wir sollt
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Die Wahrheit lautet: Ich hatte alle
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Dann zurück in die Zelle; aber sie
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„Warten Sie!“, schrie ich. „B
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Gegend gabs schon seit Jahren keine
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Ich verstand den Wink und ging weit
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Ich fand mein Bild und sah, dass es
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Ich wälzte mich aus dem Bett. Inzw
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Hacker gehen durch solche Sperren g
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Meine Kinnlade klappte runter.„De
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Deshalb geben sich Rasierklingen-Fi
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Und tatsächlich ist ziemlich genau
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mit vollem Magen. Außerdem nahm ic
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„Also folgen Sie jedem, der mit e
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„Mom setzte ihren Teebecher ab.
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unnormal warst. Und ich konnte das
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Pigspleens Gründerin hatte die Ant
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Kapitel 8Dieses Kapitel ist Borders
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Sie lag zurückgelehnt in der Sonne
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hat. Damit meine ich, er liefert in
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(Klingen kreuzen, um auszufechten,
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dass sie mich abgefangen haben, ist
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Und die Überwachung in Großbritan
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Jetzt konnte ich wirklich nicht meh
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