Sie hob die Hand. „Das war nicht so abgemacht. Ich sollte unbegrenzten Zugang zu allen Bereichendieser Anlage erhalten. Das kam direkt vom Gouverneur, Sir. Wir werden uns hier nicht rühren, bevorSie diese Zellen geöffnet haben.“Ihr Gesicht war vollkommen unbewegt, sie zeigte kein Anzeichen von Nachgiebigkeit. Sie meinte dasso.Der Captain sah aus, als brauche er Schlaf. Er zog eine Grimasse. „Ich werde sehen, was ich tunkann“, sagte er.-----Eine halbe Stunde später hatten sie es geschafft, die Türen zu öffnen. Sie brauchten drei Versuche,aber schließlich gaben sie die richtigen Codes ein, nachdem sie sie mit den RFIDs in denIdentifikationsmarken abgeglichen hatten, die sie den festgenommenen Wachen abgenommen hatten.Sie betraten Anges Zelle zuerst. Sie war in einen Krankenhauskittel gehüllt, der hinten offen war, undihre Zelle war sogar noch karger als meine – nur Polsterung rundum, kein Waschbecken, kein Bett,kein Licht. Sie trat blinzelnd in den Flur hinaus, und die Polizeikamera hielt auf sie drauf, das grelleLicht frontal in ihr Gesicht. Barbara trat schützend zwischen uns und die Kamera. Ange kam zögerndund leicht schwankend heraus. Mit ihren Augen und ihrem Gesicht stimmte etwas nicht. Sie weinte,aber das wars nicht.„Die haben mir Medikamente gegeben“, sagte sie. „Als ich nicht aufgehört habe, nach einem Anwaltzu schreien.“Ich zog sie in meine Arme. Sie ließ sich fallen, aber sie erwiderte die Umarmung. Sie roch miefig undverschwitzt, und ich roch nicht besser. Ich wollte sie nie wieder loslassen.Und dann öffneten sie Darryls Zelle.Er hatte seinen papiernen Krankenhauskittel zerrissen. Nackt lag er zusammengerollt in der hinterstenEcke der Zelle und versuchte sich vor der Kamera und unseren Blicken zu verbergen. Ich rannte zuihm.„D“, flüsterte ich ihm ins Ohr. „D, ich bins. Marcus. Es ist vorbei. Die Wachen sind verhaftet. Wirkommen auf Kaution raus, wir gehen nach Hause.“Er zitterte und kniff die Augen zu. „Es tut mir Leid“, flüsterte er und drehte sein Gesicht zur Wand.Dann brachten sie mich weg, ein Polizist in Panzerweste und Barbara; sie brachten mich zu meinerZelle und verschlossen die Tür, und dort verbrachte ich die Nacht.-----An die Fahrt zum Gerichtsgebäude erinnere ich mich nur vage. Sie hatten mich an fünf andereGefangene gekettet, die alle schon viel länger eingesessen hatten als ich. Einer sprach nur Arabisch –er war ein alter Mann, und er zitterte. Die anderen waren alle jung. Ich war der einzige Weiße. Als wiralle auf dem Deck der Fähre zusammengepfercht waren, sah ich, dass fast jeder auf Treasure Islandeine mehr oder weniger braune Hautfarbe hatte.Ich war nur eine Nacht drin gewesen, aber das war schon zu lange. Ein leichter Nieselregen perlte aufuns herunter, normalerweise die Sorte Wetter, bei dem ich die Schultern einzog und auf den Bodenguckte; aber heute reckte ich wie alle anderen meinen Hals nach dem unendlichen grauen Himmelund genoss die stechende Nässe, während wir über die Bay und den Fähranlegern entgegenbrausten.Sie fuhren uns in Bussen weiter. Die Fesseln machten das Einsteigen mühselig, und es dauerte eineEwigkeit, bis alle eingestiegen waren. Niemanden kümmerte es. Wenn wir uns nicht geradeabmühten, das geometrische Problem „Sechs Mann, eine Kette, schmaler Gang“ zu lösen, dannbetrachteten wir bloß die Stadt um uns herum, die vielen Häuser oben auf dem Hügel.192
Alles, woran ich denken konnte, war, Darryl und Ange zu finden, aber keiner von beiden war zusehen. Es war eine riesige Menge, und es war uns nicht erlaubt, uns frei darin zu bewegen. DieNationalgardisten, die sich um uns kümmerten, waren einigermaßen freundlich, aber sie warennichtsdestotrotz groß, gepanzert und bewaffnet. Ich dachte ständig, ich würde Darryl in der Mengesehen, aber es war immer jemand anderer mit demselben geprügelten, gebeugten Ausdruck, den ichan ihm in seiner Zelle gesehen hatte. Er war nicht der einzige Gebrochene hier.Im Gerichtsgebäude führten sie uns in unseren Fesselgrüppchen in Befragungsräume. Eine ACLU-Anwältin nahm unsere Daten auf, stellte uns einige Fragen – als ich an der Reihe war, lächelte sie undbegrüßte mich mit Namen – und führte uns dann in den Gerichtssaal und vor den Richter. Er trug einerichtige Robe und schien gut gelaunt zu sein.Es schien vereinbart zu sein, dass jeder, für den ein Familienmitglied Kaution hinterlegen konnte,freigelassen wurde und alle anderen ins Gefängnis kamen. Die ACLU-Anwältin redete auf denRichter ein und bat um einige Stunden Aufschub, während derer die Angehörigen der Gefangenenaufgetrieben und zum Gerichtsgebäude gebracht wurden. Der Richter war ziemlich wohlwollend, aberals mir klar wurde, dass einige von den Leuten hier schon seit dem Tag des Attentats inhaftiert waren,ohne jedes Verfahren, Verhören, Isolation und Folter ausgeliefert, während ihre Familien sie totglaubten, da hätte ich nur noch die Ketten zerreißen und sie alle einfach freilassen mögen.Als ich dem Richter vorgeführt wurde, sah er auf mich herunter und nahm seine Brille ab. Er sahmüde aus. Die ACLU-Anwältin sah müde aus. Die Gerichtsdiener sahen müde aus. Hinter mir konnteich ein plötzliches Aufbranden von Gesprächen hören, als ein Gerichtsdiener meinen Namen verlas.Der Richter pochte einmal mit seinem Hammer, ohne den Blick von mir abzuwenden. Er rieb sichüber die Augen.„Mr. Yallow“, sagte er, „die Anklage hat Sie als fluchtverdächtig eingestuft. Ich denke, das ist nichtvon der Hand zu weisen. Sie haben mehr, sagen wir mal, Geschichte als die anderen Leute hier. Ichbin versucht, Sie bis zum Verfahren festzusetzen, unabhängig davon, wie viel Kaution Ihre Eltern zuhinterlegen bereit sind.“Meine Anwältin hob an zu sprechen, doch der Richter bedeutete ihr mit einem Blick zu schweigen. Errieb sich wieder die Augen.„Haben Sie etwas dazu zu sagen?“„Ich hatte Gelegenheit zu fliehen“, sagte ich. „Letzte Woche. Jemand hatte mir angeboten, michfortzubringen, weg aus der Stadt, und mir eine neue Identität aufzubauen. Stattdessen habe ich dieserFrau das Telefon gestohlen, bin aus unserem Lastwagen abgehauen und fortgerannt. Ich habe ihrTelefon – auf dem sich Beweise über meinen Freund Darryl Glover befanden – einer Journalistinübergeben und mich dann hier, in der Stadt, versteckt.“„Sie haben ein Telefon gestohlen?“„Ich war zu der Erkenntnis gelangt, dass ich nicht weglaufen durfte. Dass ich mich der Justiz zustellen hatte – dass meine Freiheit nichts wert war, solange ich gesucht wurde oder solange meineStadt noch der DHS unterworfen war. Solange meine Freunde immer noch eingesperrt waren. Unddass meine Freiheit nicht so wichtig war wie die Freiheit des Landes.“„Aber Sie haben ein Telefon gestohlen.“Ich nickte. „Ja, das habe ich. Ich beabsichtige es zurückzugeben, sobald ich die fragliche junge Fraufinde.“„Nun, ich danke Ihnen für diese Rede, Mr. Yallow. Sie sind ein sehr eloquenter junger Mann.“ Erfixierte den Staatsanwalt. „Mancher würde sagen, auch ein sehr mutiger Mann. Heute früh lief in denNachrichten ein gewisses Video, das die Annahme rechtfertigt, dass Sie gute Gründe hatten, denStrafverfolgungsbehörden aus dem Weg zu gehen. Vor diesem Hintergrund und eingedenk Ihrerkleinen Rede hier werde ich Kaution gewähren, aber ich werde veranlassen, dass die Anklage gegen193
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Cory DoctorowLittle BrotherDeutsch
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Bona, Heimatort Petaluma) ist ne ga
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werden konnten. Man musste bloß hi
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Aber es gibt ne Menge Leute, die ir
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Kapitel 2Dieses Kapitel ist Amazon.
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sind, die auf seinen Befehl warten.
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Die physische Komponente des heutig
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Kapitel 3Dieses Kapitel ist Borderl
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des Telefonnetzes. Solche Sachen h
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Das Licht im Raum war so grell, das
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Desinfektionslösung, auf der in kl
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Wenn du mit den Bullen sprichst, oh
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Wärter brüllten uns zu, wir sollt
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Die Wahrheit lautet: Ich hatte alle
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Dann zurück in die Zelle; aber sie
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„Warten Sie!“, schrie ich. „B
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Kapitel 5Dieses Kapitel ist Secret
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Gegend gabs schon seit Jahren keine
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Ich verstand den Wink und ging weit
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Ich fand mein Bild und sah, dass es
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Ich wälzte mich aus dem Bett. Inzw
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Hacker gehen durch solche Sperren g
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Meine Kinnlade klappte runter.„De
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Deshalb geben sich Rasierklingen-Fi
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Und tatsächlich ist ziemlich genau
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mit vollem Magen. Außerdem nahm ic
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„Also folgen Sie jedem, der mit e
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unnormal warst. Und ich konnte das
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Pigspleens Gründerin hatte die Ant
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Kapitel 8Dieses Kapitel ist Borders
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Sie lag zurückgelehnt in der Sonne
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hat. Damit meine ich, er liefert in
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man machte die Pseudo-Sicherheitsma
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(Klingen kreuzen, um auszufechten,
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dass sie mich abgefangen haben, ist
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Und die Überwachung in Großbritan
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Jetzt konnte ich wirklich nicht meh
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Das würde absolut klappen! Jolu, d
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jemanden erkennt, dem man vertrauen
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Zuerst fand der Vorschlag keinen Zu
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Die planen einen Riesengig und habe
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Das gab den Startschuss für die Be
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Moment hätte ich schwören können
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Tabasco. Das ist verdammt höllensc
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„Traut keinem über 25!“Sie sch
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Und dann fiel der Nebel vom Himmel.
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„Heilige Scheiße!“ Das war wir
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meinten wir, holt euch Amerika zur
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verliert eure Freiheit und eure Fre
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Kapitel 14Dieses Kapitel ist der un
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edroht ist. Wir sitzen jetzt im Ret
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ennen, brennen, brennen wie sagenha
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mit Schraubenziehern auseinananderg
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Angelegenheit, als gestern abend Na
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zurechtzufinden, und gelegentlich d
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Gegen elf Uhr hatte ich genug. Auß
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Ich hatte Glück. Niemand verhaftet
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-----Ange und ich sprachen vier Tag
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Darryl erzählte mir, dass sie ihm
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lebten. Es war neblig um Twin Peaks
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