des Telefonnetzes. Solche Sachen hört man nur, wenn drei Millionen Leute alle auf einmal dieselbeNummer wählen. Wer braucht schon Botnetze, wenn es Terroristen gibt?„Wikipedia vielleicht?“, schlug Jolu vor.„Kein Netz, keine Daten“, entgegnete ich.„Und die da?“, fragte Darryl und zeigte die Straße entlang. Ich folgte seiner Geste und erwartete einenPolizisten oder Sanitäter zu sehen, aber da war niemand.„Ist alles gut, Kumpel, bleib mal liegen“, sagte ich.„Nein, du Idiot, die da, die Bullen in den Wagen. Da!“ Er hatte Recht. Alle paar Sekunden sauste einStreifenwagen, eine Ambulanz oder ein Feuerwehrwagen vorbei. Die würden uns helfen können. Ichwar echt ein Idiot.„Also gut“, sagte ich, „wir bringen dich irgendwo hin, wo sie dich sehen, und halten einen an.“Vanessa war skeptisch, aber ich nahm an, an einem Tag wie diesem würde kein Bulle stehenbleiben,bloß weil ein junger Kerl auf der Straße den Hut schwenkte. Aber vielleicht würden sie anhalten,wenn sie sahen, wie Darryl blutete. Wir zankten uns kurz, was Darryl unterbrach, indem er mühsamaufstand und sich Richtung Market Street schleppte.Das erste Fahrzeug, das vorbeiraste, ein Notarztwagen, wurde nicht mal langsamer. DerStreifenwagen danach auch nicht, auch nicht das Feuerwehrauto und auch nicht die nächsten dreiPolizeiwagen. Darryl gings nicht gut – er war kreidebleich und keuchte. Vans Sweater warblutüberströmt.Ich hatte die Faxen dick von Autos, die an mir vorbeirasten. Als das nächste Mal ein Fahrzeug inMarket Street auftauchte, stellte ich mich mitten auf die Straße, schwenkte die Arme überm Kopf undschrie „STOP!“ Der Wagen bremste ab, und da erst erkannte ich, dass es weder ein Polizeiwagen nocheine Ambulanz oder die Feuerwehr war.Es war ein militärisch aussehender Jeep, wie ein gepanzerter Hummer, bloß ohne jeglicheMilitärabzeichen drauf. Die Kiste kam unmittelbar vor mir zum Stehen, ich machte einen Satzrückwärts, verlor das Gleichgewicht und fand mich auf der Straße liegend wieder. Ich spürte, wieneben mir Türen aufschwangen, dann sah ich ein Durcheinander von Stiefeln in nächster Nähe. Ichblickte hoch und starrte auf eine Horde von Typen, die wie Soldaten aussahen, in Overalls steckten,riesige, fette Gewehre trugen und deren Gesichter hinter Gasmasken mit getönten Gläsernverschwanden.Ich hatte kaum Zeit, sie überhaupt wahrzunehmen, als die Knarren schon auf mich gerichtet waren.Nie zuvor hatte ich in die Mündung eines Gewehrs geblickt, aber alles, was man darüber hört, istwahr. Du gefrierst an Ort und Stelle, die Zeit bleibt stehen und dein Herz donnert in deinen Ohren. Ichöffnete meinen Mund, schloss ihn wieder, und dann nahm ich, sehr langsam, meine Hände nach oben.Der gesichts- und augenlose Mann über mir zielte mit seinem Gewehr genau auf mich. Ich wagtenicht zu atmen. Van schrie etwas, und Jolu brüllte; ich schaute einen Augenblick lang zu ihnen rüber,und im selben Moment stülpte jemand einen rauen Sack über meinen Kopf und zog ihn um die Kehleherum dicht – so schnell und rabiat, dass ich kaum eben Luft holen konnte, als er schon um mich rumgeschlossen war. Dann schubste man mich grob, aber teilnahmslos auf den Bauch, und irgendwaswurde zweimal um meine Handgelenke gewickelt und festgezogen – es fühlte sich an wie Draht undschnitt höllisch ein. Ich schrie auf, aber meine Stimme wurde von der Kapuze gedämpft.Nun war ich von absoluter Dunkelheit umgeben, und ich bemühte mich, zumindest zu hören, was mitmeinen Freunden geschah. Durch den geräuschdämpfenden Stoff des Sacks konnte ich sie rufenhören, dann wurde ich ohne viele Umstände an den Handgelenken emporgerissen – ein stechenderSchmerz durchzuckte meine Schultern, als die Arme hinterm Rücken hochgebogen wurden.Ich stolperte, dann drückte eine Hand meinen Kopf nach unten, und ich war im Hummer drin. AndereKörper wurden grob neben mich geschubst.18
„Leute“, rief ich und kassierte dafür einen heftigen Hieb auf den Kopf. Ich hörte Jolu antworten, dannspürte ich, wie er ebenfalls einen Schlag abbekam. In meinem Kopf pulsierte es wie ein Gong.„He“, sagte ich zu den Soldaten, „hören Sie zu! Wir sind doch bloß Schüler. Ich hab Sie anhaltenwollen, weil mein Freund blutet. Jemand hat ihn mit nem Messer verletzt.“ Ich hatte keine Ahnung,wie viel davon durch den dicken Sack durchdrang. Trotzdem redete ich weiter. „Hören Sie doch – dasmuss ein Missverständnis sein. Wir müssen meinen Freund ins Krankenhaus bringen ...“Wieder hieb mir jemand was auf den Schädel. Fühlte sich an wie ein Gummiknüppel – so hart war ichnoch nie am Kopf getroffen worden. Mir schossen Tränen in die Augen, und vor Schmerz blieb mirdie Luft weg. Einen Moment später bekam ich wieder Luft, aber ich sagte nichts mehr. Ich hattemeine Lektion gelernt.Wer waren diese Clowns? Abzeichen hatten sie keine. Vielleicht waren es Terroristen! Bisher hatte ichnicht so recht an Terroristen geglaubt – okay, es gab sie wohl irgendwo auf der Welt, aber für michwaren die keine echte Bedrohung gewesen. Die Welt kannte Abermillionen Möglichkeiten, michumzubringen – angefangen bei einem besoffenen Raser, der mich auf der Valencia überfahren könnte–, die alle sehr viel direkter und wahrscheinlicher waren als Terroristen. Terroristen brachten wenigerLeute um als Ausrutscher im Badezimmer oder versehentliche Stromschläge. Mir über TerroristenSorgen zu machen war mir immer ähnlich sinnvoll vorgekommen, wie Angst vor einem Blitzschlagzu haben.Doch auf der Rückbank des Hummer, Kapuze überm Kopf, Hände hinterm Rücken gefesselt, vor- undzurücktaumelnd, während die Beulen am Kopf anschwollen, fühlte sich Terrorismus plötzlich sehrviel gefährlicher an.Der Wagen wippelte und neigte sich bergauf. Nach meiner Schätzung waren wir in Richtung Nob Hillunterwegs, und der Neigungswinkel ließ vermuten, dass wir eine der steileren Routen nahmen –eventuell Powell Street.Jetzt ging es ebenso steil bergab. Wenn meine innere Landkarte mich nicht trog, steuerten wirFisherman‘s Wharf an. Von dort könnte man auf einem Boot entkommen. Das passte zu der Terror-Hypothese. Aber warum zum Teufel sollten Terroristen ein paar Schüler kidnappen?Mit einem Ruck kamen wir an einem Hang zum Halten. Der Motor erstarb, und die Türen öffnetensich. Jemand zerrte mich an den Armen raus auf die Straße, dann wurde ich stolpernd eine gepflasterteStraße entlanggeschubst. Nach wenigen Sekunden purzelte ich über eine eiserne Treppe und schlugmir die Schienbeine auf. Die Hände hinter mir schubsten mich erneut. Vorsichtig stieg ich die Stufenhoch, unfähig, meine Hände benutzen zu können. Auf der dritten Stufe angekommen, tastete ich nachder vierten, fand aber keine und fiel fast wieder hin. Doch andere Hände griffen von vorn nach mir,zogen mich auf einen stählernen Fußboden, zwangen mich in die Knie und schlossen meine Hände anirgend etwas hinter meinem Rücken an.Mehr Bewegung, dann das Gefühl, wie Körper einer nach dem anderen neben mir angebundenwurden. Stöhnen, unterdrückte Geräusche. Gelächter. Dann eine lange, zeitlose Ewigkeit ingedämpftem, trübem Halbdunkel, meinen eigenen Atem atmen, die Geräusche meines eigenen Atemsim Ohr.-----Irgendwie schaffte ichs sogar, hier zu schlafen, auf Knien, Beine nicht anständig durchblutet, denKopf im Zwielicht des Sackstoffs. Mein Körper hatte eine Jahresration Adrenalin binnen 30 Minutenausgeschüttet; und der Stoff gibt dir zwar kurzfristig die Kraft, Autos über geliebten Menschenhochzustemmen oder über hohe Gebäude zu springen, aber die Nachwirkungen sind immer biestig.Ich erwachte, als jemand die Kapuze von meinem Kopf wegzog. Sie machten es weder grob nochvorsichtig, einfach nur ... unpersönlich. Wie jemand bei McDonald‘s, der einen Hamburger zubereitet.19
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(Klingen kreuzen, um auszufechten,
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dass sie mich abgefangen haben, ist
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Und die Überwachung in Großbritan
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Jetzt konnte ich wirklich nicht meh
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Das würde absolut klappen! Jolu, d
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Du willst ihnen eine Nachricht schi
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„Was ich heute Nacht von euch mö
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jemanden erkennt, dem man vertrauen
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Zuerst fand der Vorschlag keinen Zu
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Die planen einen Riesengig und habe
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Das gab den Startschuss für die Be
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Moment hätte ich schwören können
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Tabasco. Das ist verdammt höllensc
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„Traut keinem über 25!“Sie sch
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Und dann fiel der Nebel vom Himmel.
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„Heilige Scheiße!“ Das war wir
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meinten wir, holt euch Amerika zur
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verliert eure Freiheit und eure Fre
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Kapitel 14Dieses Kapitel ist der un
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edroht ist. Wir sitzen jetzt im Ret
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ennen, brennen, brennen wie sagenha
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mit Schraubenziehern auseinananderg
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Angelegenheit, als gestern abend Na
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Kapitel 15Dieses Kapitel ist Chapte
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zurechtzufinden, und gelegentlich d
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Gegen elf Uhr hatte ich genug. Auß
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Ich hatte Glück. Niemand verhaftet
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-----Ange und ich sprachen vier Tag
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Darryl erzählte mir, dass sie ihm
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lebten. Es war neblig um Twin Peaks
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Mom nickte. „Du wirst gleich vers
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Kapitel 19Dieses Kapitel ist dem MI
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Um mich herum fielen Hunderte Vampi
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Wir liefen weiter Market Street hoc
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Ich kam wieder auf die Beine. Alles
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Ich schluckte. Ich fühlte Knochen
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Quarter aus meiner Tasche und polie
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„Hört mal, ich muss jetzt sofort
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gemeldet, zu meiner Armee. Ich war
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„Er schläft“, sagte er. „Vor
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Der Gouverneur breitete die Arme au
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Risikokapitalgeber saßen, um eine
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Nachwort des ÜbersetzersIm 13. Kap