„Zum Teufel“, sagte sie. „Geht es hier um Vertrauen oder was?“„Ja“, sagte ich. „Vertrauen.“Ich ging ein paar Schritte weg, während sie den Schlüsselgenerator laufen ließ, hörte ihr zu, wie sietippte und klickte, um Zufallsdaten zu generieren, hörte dem Rauschen der Brandung zu, hörte denPartygeräuschen zu, die von dort her kamen, wo das Bier war.Sie kam aus der Höhle raus, den Laptop in den Händen. Darauf waren in großen, leuchtend weißenLettern ihr öffentlicher Schlüssel, ihr Fingerprint und ihre E-Mail-Adresse zu sehen. Sie hielt denMonitor hoch neben ihr Gesicht und wartete, während ich mein Handy rauskramte.„Cheese“, sagte sie. Ich machte ein Bild von ihr und steckte die Kamera wieder ein. Sie ging weiterzu den Zechern und ließ jeden ein Foto von ihr mit dem Monitor machen. Es hatte was Feierliches.Und es war lustig. Sie hatte wirklich eine Menge Charisma – man wollte sie nicht bloß anlachen, manwollte mit ihr lachen. Und verdammt noch mal, es war lustig. Wir erklärten gerade einen geheimenKrieg gegen die Geheimpolizei. Wer dachten wir denn, wer wir waren?So ging es vielleicht eine Stunde lang weiter, jeder machte Fotos und erzeugte Schlüssel. Ich lerntejeden hier kennen. Ich kannte schon viele – einige hatte ich ja selbst eingeladen –, und die anderenwaren Freunde meiner Kumpels oder von Kumpeln meiner Kumpels. Wir sollten alle ein Team sein.Am Ende dieser Nacht waren wirs. Es waren alles gute Leute.Als alle fertig waren, ging Jolu, um einen Schlüssel zu erzeugen, und drehte sich dann mit einemunbeholfenen Lächeln von mir weg. Mein Ärger über ihn war inzwischen verraucht. Er tat, was er tunmusste. Und ich wusste, dass er, was immer er jetzt auch sagte, immer für mich da sein würde. Undwir waren zusammen im DHS-Knast gewesen. Van auch. Das würde uns für immerzusammenschweißen, komme was da wolle.Ich erzeugte meinen Schlüssel und drehte dann die Runde durch die Gang, um jeden ein Foto machenzu lassen. Dann kletterte ich wieder auf den erhöhten Fleck von vorhin und bat alle umAufmerksamkeit.„Also, ne Menge von euch haben mitbekommen, dass die ganze Nummer einen Riesenhaken hat: Waswäre, wenn ihr diesem Laptop nicht trauen könnt? Wenn er heimlich all unsere Anweisungenaufzeichnet? Wenn er uns ausspioniert? Was wäre, wenn ihr Jose Luis und mir nicht trauen könnt?“Mehr wohlwollendes Gickeln. Ein bisschen wärmer als vorher, bieriger.„Ich mein das so“, sagte ich. „Wenn wir auf der falschen Seite wären, dann würde all das hier uns alle– euch alle – in die Scheiße reiten. Vielleicht in den Knast.“Die Gickler wurden nervöser.„Und deshalb mach ich jetzt das hier“, sagte ich und nahm einen Hammer zur Hand, den ich aus DadsWerkzeugkiste mitgebracht hatte. Ich stellte den Laptop neben mir auf den Felsen und holte mit demHammer aus, Jolu mit der Lampe immer an der Bewegung dran. Crash – ich hatte immer davongeträumt, einen Laptop mit einem Hammer zu töten, und jetzt tat ich es. Es fühlte sich pornomäßiggut an. Und schlecht zugleich.Smash! Das Monitorpanel fiel raus, zersplitterte in Millionen Teile und gab die Tastatur frei. Ichschlug weiter darauf ein, bis die Tastatur runterfiel und Hauptplatine und Festplatte sichtbar wurden.Crash! Ich zielte genau auf die Festplatte und hieb mit aller Kraft auf sie ein. Es dauerte drei Schläge,bis das Gehäuse zerbarst und das zerbrechliche Innenleben freigab. Ich hämmerte weiter, bis nur nochfeuerzeuggroße Einzelteile übrig waren, dann packte ich alles in einen Müllsack. Meine Zuschauerjubelten frenetisch – laut genug, dass ich ernsthaft begann, mir Sorgen zu machen, dass uns jemandvon oberhalb über die Brandung hinweg hören und die Gesetzeshüter rufen könnte.„Das wäre das!“, rief ich. „Also, wenn mich jetzt jemand begleiten möchte – ich trage das jetzt runterzum Meer und spül es zehn Minuten im Salzwasser.“90
Zuerst fand der Vorschlag keinen Zuspruch, aber dann kam Ange nach vorn, nahm meinen Arm inihre warme Hand und flüsterte mir „das war wundervoll“ ins Ohr; dann gingen wir zusammen runterzum Strand.Es war völlig dunkel unten am Wasser und nicht ungefährlich, selbst mit unseren Schlüsselanhänger-Lampen. Rutschige, scharfkantige Felsen überall, auf denen auch schon ohne drei Kilo pürierterElektronik in ner Plastiktüte schwer balancieren war. Ein Mal rutschte ich aus und war drauf gefasst,mir was aufzuschlagen, aber sie angelte mich mit erstaunlich festem Griff und hielt mich aufrecht. Ichwurde ganz nah an sie rangezogen, nah genug, um ihr Parfum wahrzunehmen, einen Duft nach neuenAutos. Ich liebe diesen Duft.„Danke“, brachte ich raus und schaute ihr in die großen Augen, die von ihrer männlichen, schwarzgefassten Brille noch vergrößert wurden. Ich konnte im Dunkeln nicht erkennen, welche Farbe ihreAugen hatten, aber ich tippte auf was Dunkles, soweit man aus ihrem dunklen Haar und olivebraunenTeint darauf schließen konnte. Sie wirkte südländisch, vielleicht mit griechischen, spanischen oderitalienischen Wurzeln.Ich bückte mich und ließ den Beutel im Meer mit Salzwasser volllaufen. Dabei brachte ichs fertig,auszurutschen und meinen Schuh zu fluten; ich fluchte und sie lachte. Seit wir zum Uferaufgebrochen waren, hatten wir kaum ein Wort gewechselt. Es war etwas Magisches um unserStillschweigen.Bis zu diesem Tag hatte ich insgesamt drei Frauen geküsst, den Heldenempfang in der Schule nichtmitgerechnet. Das ist keine beeindruckende Zahl, aber so ganz winzig ja auch nicht. Ich habe einpassables Frauenradar, und ich glaube, ich hätte sie küssen können. Sie war nicht h31ß imtraditionellen Sinn, aber ein Mädchen und eine Nacht und ein Strand, das hat schon was; außerdemwar sie smart, leidenschaftlich und engagiert.Aber ich küsste sie nicht und nahm sie auch nicht bei der Hand. Stattdessen erlebten wir einenMoment, den ich nur als spirituell bezeichnen kann. Die Brandung, die Nacht, das Meer und dieFelsen, dazu unser Atmen. Der Moment dehnte sich aus. Ich seufzte. Was für eine Aktion! In dieserNacht würde ich noch eine Menge zu tippen haben, um all die Schlüssel in meinen Schlüsselbund zuübertragen, zu signieren und die signierten Schlüssel zu veröffentlichen. Um das Netz des Vertrauenszu starten.Sie seufzte auch.„Gehn wir“, sagte ich.„Ja.“So gingen wir zurück. Diese Nacht war eine gute Nacht.Jolu wartete hinterher noch, bis der Freund seines Bruders kam, um die Kühlboxen abzuholen. Ichging mit allen anderen die Straße hoch bis zur nächsten Bushaltestelle und stieg ein. Natürlichbenutzte niemand von uns eine reguläre Fahrkarte mehr; mittlerweile klonte jeder Xnettergewohnheitsmäßig drei-, viermal am Tag den Fahrausweis von jemand anderem, um sich für jedeFahrt eine neue Identität zuzulegen.-----Es war nahezu unmöglich, im Bus cool zu bleiben. Wir waren alle leicht angeschickert, und es warwahnsinnig komisch, uns gegenseitig im grellen Licht im Bus anzuschauen. Wir wurden ziemlichlaut, und der Fahrer ermahnte uns zwei Mal über die Sprechanlage und sagte dann, wenn wir nichtsofort ruhig seien, würde er die Polizei rufen.Das brachte uns gleich wieder zum Gickeln, und so stiegen wir alle auf einmal aus, bevor er dieBullen rufen konnte. Wir waren jetzt in North Beach, und jede Menge Busse, Taxis, die BART inMarket Street und ein paar neonleuchtende Clubs und Cafés sorgten dafür, dass sich unsere Gruppehier zerstreute.91
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Cory DoctorowLittle BrotherDeutsch
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Bona, Heimatort Petaluma) ist ne ga
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werden konnten. Man musste bloß hi
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Aber es gibt ne Menge Leute, die ir
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Kapitel 2Dieses Kapitel ist Amazon.
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sind, die auf seinen Befehl warten.
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Die physische Komponente des heutig
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Kapitel 3Dieses Kapitel ist Borderl
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des Telefonnetzes. Solche Sachen h
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Das Licht im Raum war so grell, das
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Desinfektionslösung, auf der in kl
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Wenn du mit den Bullen sprichst, oh
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Wärter brüllten uns zu, wir sollt
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Die Wahrheit lautet: Ich hatte alle
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Dann zurück in die Zelle; aber sie
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„Warten Sie!“, schrie ich. „B
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Kapitel 5Dieses Kapitel ist Secret
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Gegend gabs schon seit Jahren keine
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Wir stöpselten die Xbox ein und gi
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Werbemails zu missbrauchen, und des
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Hier kommt ein Hack, an den du noch
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eine flache Nase mit breit ausgeste
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Ich brauch dich, um selbst rauszuko
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geheimen Gegenspieler hatte, einen
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gingen nach der Schule direkt zu de
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Jedenfalls ist das eine gute Theori
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„Jetzt gehen wir zu dir und kümm
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Kapitel 19Dieses Kapitel ist dem MI
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worden zu sein; viel eher klang es,
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Um mich herum fielen Hunderte Vampi
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Wir liefen weiter Market Street hoc
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Ich kam wieder auf die Beine. Alles
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Ich schluckte. Ich fühlte Knochen
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Quarter aus meiner Tasche und polie
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„Hört mal, ich muss jetzt sofort
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gemeldet, zu meiner Armee. Ich war
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Jetzt sah sie mich mit blanker Wut
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Und da geschah es. Eine unglaublich
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Dieses Mal war es ein Eimer voll Wa
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Endlich eine Frage, die ich beantwo
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Alles, woran ich denken konnte, war
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„Er schläft“, sagte er. „Vor
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Der Gouverneur breitete die Arme au
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Risikokapitalgeber saßen, um eine
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Nachwort des ÜbersetzersIm 13. Kap