Material als unentzifferbare, verschlüsselte Daten ein. Niemand konnte unterscheiden, welcheInternet-Datenpakete zum Xnet gehörten und welche ganz normale Bank-, Shopping- oder andereverschlüsselte Kommunikation war. Es war niemandem möglich, herauszufinden, wer das Xnetgeknüpft hatte, geschweige denn, wer es benutzte.Aber was war mit Dads „Bayesscher Statistik“? Mit Bayesscher Mathematik hatte ich schon malrumgespielt. Darryl und ich hatten mal versucht, unseren eigenen, besseren Spamfilter zu schreiben,und wenn man Spam filtern will, braucht man Bayessche Mathe. Thomas Bayes war ein britischerMathematiker des 18. Jahrhunderts, an den nach seinem Tod erst mal niemand mehr dachte, bisComputerwissenschaftler hundert Jahre später entdeckten, dass seine Methode, große Datenmengenstatistisch zu analysieren, für die Informations-Gebirge der modernen Welt unglaublich nützlich seinkönnten.Ganz kurz was darüber, wie Bayessche Statistik funktioniert. Mal angenommen, du hast hier einenHaufen Spam. Dann nimmst du jedes Wort in jeder Mail und zählst, wie oft es vorkommt. Das nenntman ein „Wortfrequenz-Histogramm“, und es verrät dir die Wahrscheinlichkeit dafür, dass einebeliebige Ansammlung von Wörtern Spam ist. Dann nimmst du eine Tonne Mails, die kein Spam sind(Experten nennen das „Ham“), und machst mit denen das gleiche.Jetzt wartest du auf eine neue E-Mail und zählst die Wörter, die darin vorkommen. Dann benutzt dudas Wortfrequenz-Histogramm in der fraglichen Nachricht, um die Wahrscheinlichkeit zu berechnen,dass sie auf den „Spam“- oder auf den „Ham“-Stapel gehört. Wenn sich herausstellt, dass sietatsächlich Spam ist, passt du das „Spam“-Histogramm entsprechend an. Es gibt massenhaftMöglichkeiten, diese Technik noch zu verfeinern – Worte paarweise betrachten, alte Daten wiederlöschen –, aber im Prinzip funktionierts so. Es ist eine von diesen einfachen, großartigen Ideen, dievöllig offensichtlich zu sein scheinen, sobald man das erste Mal davon hört.Es gibt dafür ne Menge Anwendungen – man kann einen Computer anweisen, die Linien in einemFoto zu zählen und herauszufinden, ob es eher ein „Hunde“-Linienfrequenz-Histogramm ergibt odereher ein „Katzen“-Histogramm. Man kann damit Pornografie, Bankbetrügereien oder Flamewarserkennen. Gute Sache.Zugleich wars eine schlechte Nachricht für das Xnet. Mal angenommen, du hast das gesamte Internetangezapft – und das DHS hat das natürlich. Dann kannst du zwar, Krypto sei Dank, nicht durchbloßes Anschauen von Daten rausfinden, wer Xnet-Daten versendet.Aber was du rausfinden kannst, ist, wer viel, viel mehr verschlüsselten Datenverkehr erzeugt als alleanderen. Bei einem normalen Internet-Benutzer kommen in einer Online-Session vielleicht 95 ProzentKlartext und 5 Prozent Chiffretext zusammen. Wenn nun jemand zu 95 Prozent Chiffretext versendet,dann könnte man ja computererfahrene Kollegen von Popel und Pickel hinschicken, umnachzufragen, ob er vielleicht ein terroristischer drogendealender Xnet-Benutzer ist.In China passiert genau das permanent. Irgendein cleverer Dissident kommt auf die Idee, die GroßeChinesische Firewall, die die gesamte Internetanbindung des Landes zensiert, zu umgehen, indem ereine verschlüsselte Verbindung zu einem Computer in einem anderen Land herstellt. Dann kann diePartei zwar nicht herausfinden, was er überträgt – vielleicht Pornos, vielleichtBombenbauanleitungen, schmutzige Briefe von seiner Freundin auf den Philippinen, politischeMaterialien oder gute Nachrichten über Scientology. Aber was es ist, müssen sie auch nicht wissen. Esgenügt, wenn sie wissen, dass dieser Typ viel mehr verschlüsselten Datenverkehr hat als seineNachbarn. Und dann schicken sie ihn in ein Zwangsarbeitslager, bloß um ein Exempel zu statuieren,damit jeder sehen kann, was mit Klugscheißern passiert.Für den Moment hätte ich wetten mögen, dass das DHS das Xnet noch nicht auf dem Radar hatte,aber das würde nicht ewig so bleiben. Und nach diesem Abend war ich mir nicht mehr sicher, ob ichwirklich noch besser dran war als ein chinesischer Dissident. Ich setzte alle Leute, die sich am Xnetanmeldeten, enormen Risiken aus. Vor dem Gesetz war es gleichgültig, ob du tatsächlich irgendwasSchlimmes tatest; sie würden dich schon unters Mikroskop legen, bloß weil du statistisch gesehen58
unnormal warst. Und ich konnte das Ganze nicht mal mehr stoppen – jetzt lief das Xnet, und es hatteein Eigenleben entwickelt.Ich musste die Sache irgendwie anders gradebiegen.Wenn ich nur mit Jolu drüber reden könnte. Er arbeitete bei einem Internetanbieter namens PigspleenNet, seit er zwölf Jahre alt war, und er wusste viel mehr übers Internet als ich. Wenn irgend jemandeine Ahnung hatte, wie wir unsern Hintern aus dem Knast draußenhalten konnten, dann er.Zum Glück waren Van, Jolu und ich für den folgenden Abend nach der Schule zum Kaffee in unseremLieblingsplatz in der Mission verabredet. Offiziell wars unser wöchentliches Harajuku-Fun-Madness-Teamtreffen, aber seit das Spiel abgebrochen und Darryl verschwunden war, wars hauptsächlichwöchentliches gemeinsames Flennen, ergänzt um rund ein halbes Dutzend Telefonate undTextnachrichten im Stil von „Bist du OK? Ist das wirklich passiert?“ Es würde gut tun, mal über wasanderes sprechen zu können.-----„Du spinnst ja komplett“, sagte Vanessa. „Bist du jetzt endgültig total übergeschnappt?“ Sie war inihrer Mädchenschul-Uniform gekommen, weil sie auf dem langen Weg nach Hause, ganz bis runterzur San Mateo Bridge und wieder rauf in die Stadt, mit dem Zubringerbus, den die Schule betrieb, imVerkehr steckengeblieben war. Sie hasste es, in der Öffentlichkeit in ihrer Schuluniform gesehen zuwerden, weil die total Sailor Moon war: ein Faltenrock, Tunika und Kniestrümpfe. Sie war schonschlecht gelaunt, seit sie ins Café gekommen war, das voll war mit älteren, cooleren, zotteligen Emo-Kunststudenten, die in ihre Lattes grinsten, als sie zur Tür reinkam.„Was denkst denn du, was ich machen sollte, Van?“, fragte ich. Ich fing selbst langsam an, ärgerlichzu werden. In der Schule wars unerträglich, seit das Spiel nicht mehr lief und seit Darryl nicht mehrda war. Den ganzen Tag lang hatte ich mich im Unterricht damit getröstet, dass ich mein Team sehenwürde oder besser gesagt das, was davon übrig war. Und jetzt hatten wir uns in der Wolle.„Ich will, dass du aufhörst, solche Risiken einzugehen, M1k3y.“ Meine Nackenhaare stellten sich auf.Okay, wir verwendeten bei Team-Treffen immer unsere Team-Nicks, aber jetzt, da mein Nick auchmit meinem Xnet-Profil zusammenhing, machte es mir Angst, ihn laut in der Öffentlichkeit zu hören.„Sag den Namen nicht noch mal in der Öffentlichkeit“, platzte ich heraus.Van schüttelte den Kopf. „Genau das ist es, worüber ich rede. Du könntest dich im Knastwiederfinden, Marcus, und nicht bloß du. Eine Menge Leute. Nach dem, was mit Darryl passiert ist…“„Ich tu das doch für Darryl!“ Ein paar Kunststudenten drehten sich nach uns um, und ich dämpfte dieStimme wieder. „Ich mach das, weil die Alternative wäre, sie mit all dem ungeschoren davonkommenzu lassen.“„Und du glaubst, du kannst sie aufhalten? Du bist wirklich übergeschnappt. Die sind die Regierung.“„Aber es ist immer noch unser Land“, entgegnete ich. „Und wir haben immer noch das Recht, das zutun.“Van sah aus, als würde sie gleich losheulen. Sie atmete ein paar Mal tief durch und stand dann auf.„Ich kann das nicht, sorry. Ich kann dir nicht dabei zuschauen. Das ist ja wie ein Autounfall inZeitlupe. Du bist auf dem besten Weg, dich zugrunde zu richten, und ich liebe dich viel zu sehr, alsdass ich dir dabei zuschauen könnte.“Sie neigte sich runter, umarmte mich heftig und gab mir einen harten Kuss auf die Wange, der nochmeinen Mundwinkel erwischte. „Pass auf dich auf, Marcus“, sagte sie. Mein Mund brannte dort, wosie ihre Lippen draufgepresst hatte. Für Jolu hatte sie dieselbe Behandlung parat, allerdings glatt aufdie Wange. Dann ging sie.Als sie weg war, starrten Jolu und ich einander an.59
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Cory DoctorowLittle BrotherDeutsch
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Bona, Heimatort Petaluma) ist ne ga
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werden konnten. Man musste bloß hi
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edroht ist. Wir sitzen jetzt im Ret
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ennen, brennen, brennen wie sagenha
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mit Schraubenziehern auseinananderg
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Angelegenheit, als gestern abend Na
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Gegen elf Uhr hatte ich genug. Auß
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Ich hatte Glück. Niemand verhaftet
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Darryl erzählte mir, dass sie ihm
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lebten. Es war neblig um Twin Peaks
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Mom nickte. „Du wirst gleich vers
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Werbemails zu missbrauchen, und des
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Hier kommt ein Hack, an den du noch
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eine flache Nase mit breit ausgeste
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Ich brauch dich, um selbst rauszuko
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geheimen Gegenspieler hatte, einen
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Jedenfalls ist das eine gute Theori
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„Jetzt gehen wir zu dir und kümm
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Kapitel 19Dieses Kapitel ist dem MI
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worden zu sein; viel eher klang es,
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Um mich herum fielen Hunderte Vampi
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Wir liefen weiter Market Street hoc
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Ich kam wieder auf die Beine. Alles
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Ich schluckte. Ich fühlte Knochen
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„Hört mal, ich muss jetzt sofort
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Alles, woran ich denken konnte, war
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„Er schläft“, sagte er. „Vor
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Risikokapitalgeber saßen, um eine
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Nachwort des ÜbersetzersIm 13. Kap