Sonntag, 9. November 2003, 16.00 Uhr ... - ChorPfalz online
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sen! Diese Politik muss von einer »gesunden«<br />
Vorstandschaft mitgetragen werden,<br />
das heißt: immer im Gespräch bleiben<br />
und miteinander arbeiten, nicht<br />
gegeneinander! 3. Durch qualitativ gute<br />
Konzerte Werbung für die Chormusik<br />
machen! Vorsicht bei dem neuen Modetrend<br />
»Projektchor« auf Gruppen- oder<br />
Kreisebene. Öffnen wir den Choristen den<br />
Blick fürs Qualitative, egal, ob deutsch<br />
oder fremdsprachlich, ob Pop oder Volkslied.<br />
Ein motivierter Chor ist immer ein guter<br />
Chor, egal ob deutsch, ob Pop, ob<br />
englisch, ob Volkslied. Wenn wir Chorleiter<br />
dran bleiben, bleiben auch die Sänger<br />
dabei! KARL FINCK (Herxheim)<br />
Chorleiter<br />
Thema: »Freundschaftssingen oder<br />
Singen schafft Freunde«<br />
Eine Glosse oder eine fast wahre Begebenheit?<br />
- Es ist wieder soweit. Die Sommerpause<br />
ist vorbei. Alle Sängerinnen<br />
und Sänger sind wohlbehalten aus dem<br />
wohl verdienten Urlaub zurück. Auch einige<br />
Aussteiger haben wieder den Weg zurück<br />
gefunden, was allerseits mit anerkennenden<br />
Worten begrüßt wird. Nur eine<br />
Singstunde um die für das Freundschaftssingen<br />
angegebenen Lieder aufzufrischen.<br />
Nach der Singstunde, die üblichen<br />
Informationen des Vorstandes: »Alla, ihr<br />
Leit', nächste Freitag simmer vornedraus<br />
beim Gesangverein Häwwelsdorf zum<br />
125-jährische Jubiläum. Mer ziehn uns a<br />
wie immer. Awwer net vergesse, mer<br />
hänn e Schreiwe krieht, dass es schun<br />
um siewene anfangt. De Bus fahrt pünktlich<br />
um sechse.« Als die Sängerschar<br />
kurz vor 19 <strong>Uhr</strong> am Ort des Geschehens,<br />
einem Riesenzelt von 50 Meter Länge,<br />
eintrifft, finden sie ein fast leeres Zelt vor.<br />
Das Freundschaftssingen scheint also<br />
doch erst um 20 <strong>Uhr</strong> zu beginnen. Die reservierten<br />
Plätze sind schnell ausfindig<br />
gemacht. Na gut, da kann man in Ruhe<br />
einen Schoppen holen und die Kehle anfeuchten.<br />
Mittlerweile treffen so nach und<br />
nach die anderen Chöre ein. Alte Bekannte<br />
werden begrüßt. Auf den Tischen<br />
liegt das Programm: 14 Chöre, das geht<br />
ja noch. Wir an sechster Stelle; auch in<br />
Ordnung! Der Kirchenchor St. Florian vor<br />
uns, auch das ist prima, die packen wir locker.<br />
Da plötzlich erschreckt das zur<br />
Unterhaltung engagierte Musikanten-Duo<br />
die auf den Beginn wartenden Sängerinnen<br />
und Sänger mit der musikalischen<br />
Nachricht, die lautstark in den Ohren<br />
schmerzt, dass sie mit dem Radl da<br />
seien. Ist das nur der Soundcheck oder<br />
die musikalische Begrüßung? Auf jeden<br />
Fall, jetzt geht es los. Der gastgebende<br />
Chor beginnt. Danach die übliche Begrüßung<br />
der Ehrengäste, Bürgermeister,<br />
ehemaliger Bürgermeister, Beigeordnete,<br />
Gruppenvorsitzende und sonstige Ehrengäste.<br />
Danach die Ankündigung, dass der<br />
nächste Chor auf der Liste noch nicht vollzählig<br />
sei, deswegen möge bitte der gemischte<br />
Chor aus Duppweiler auf die<br />
1 8<br />
Bühne kommen. Der Aufmarsch wird lautstark<br />
durch das Duo mit Text und Melodie<br />
zu »Wir sinn die Tramps vun de Palz«<br />
unterstützt. Zaghafter Applaus für die<br />
dreißig Sängerinnen und Sänger, deren<br />
Lieder durch die Übertragungsanlage im<br />
Zelt auf Telefonqualität zurechtgestutzt<br />
wurden. Danach die Aufforderung für den<br />
MGV Holzdorf auf die Bühne zu kommen.<br />
»Nanu? Die stehen doch gar nicht im Programm!«<br />
Das nun bestens eingespielte<br />
Duo untermalt den Aufmarsch mit dem<br />
Kufsteinlied. Passend danach erklingen<br />
die Holzdorfer Männerstimmen mit dem<br />
»Ännchen von Tharau« von Friedrich Silcher<br />
und dem Lied der Freundschaft von<br />
Otto Groll. Nanu, was ist jetzt los? Jetzt<br />
lässt das Duo schon, als der Chor die<br />
Bühne verlässt, den bekannten Gassenhauer<br />
»In einem Polenstädtchen« erklingen.<br />
Erste Unmutsäußerungen werden<br />
an den Tischen laut. Mittlerweile hat der<br />
Verantwortliche des gastgebenden Chores<br />
gemerkt, dass der Aufmarsch auf die<br />
Bühne zu lange dauert und er ruft den<br />
Gesangverein Liederlust (nicht im Programm)<br />
auf und bittet den Gemischten<br />
Chor Liederkranz Heiligenhofen (Nummer<br />
14 im Programm) sich als Nächste bereitzuhalten.<br />
Auch der Mann am Verstärker<br />
hat seine Anlage besser in Griff bekommen.<br />
Allerdings sind die fleißigen Musiker<br />
immer noch zu laut. Also hat sich<br />
der Lärmpegel der Gäste dem Lautstärkepegel<br />
des Keyboardspielers und des<br />
Schlagzeugers angepasst, was den Vorsitzenden<br />
des gastgebenden Chores zu<br />
den harschen Worten veranlasst, dass<br />
doch bitte den Chören die gebührende<br />
Aufmerksamkeit und Ruhe gezollt werden<br />
solle. Inzwischen sind die Chöre Nr. 13<br />
und Nr. 2 (inzwischen vollzählig) auf der<br />
Bühne gewesen, jeweils mit Musik zu Auf-<br />
PFÄLZER SÄNGER 1/<strong>2003</strong><br />
und Abmarsch versorgt, was einige<br />
Scherzbolde als Aufforderung auffassen,<br />
die rechte Hand fasnachtsmäßig an die<br />
l inke Schläfe zu führen und fröhlich winkend<br />
die Bühne zu verlassen. Als Chorleiter<br />
(erst seit kurzem im Amt) mittlerweile<br />
unruhig geworden, gehe ich zu dem für<br />
das Programm Verantwortlichen. Auf die<br />
Frage, wann wir drankämen, erhalte ich<br />
die Gegenfrage welchen Chor ich vertrete.<br />
Dann die erlösende Antwort: Wir sind<br />
an übernächster Stelle eingeplant. Vor<br />
dem Zelt erregte Stimmen, die sich über<br />
die Art und Weise dieser Organisation<br />
auslassen. Unterdessen hat der Kirchenchor<br />
St. Florian das »Ave verum« von<br />
Mozart zu Gehör gebracht, was das Musiker-Duo<br />
sinnigerweise mit der musikalischen<br />
Aufforderung der Kolibris, die Hände<br />
zum Himmel zu heben, beantwortet.<br />
Die Sängerinnen und Sänger, die ihren<br />
Auftritt bereits hinter sich haben, singen<br />
lauthals mit. Der Lärmpegel steigt. Nach<br />
einer guten weiteren Stunde - es ist so<br />
gegen 22.45 <strong>Uhr</strong> - und nach sechs weiteren<br />
Auftritten verschiedener Singgemeinschaften<br />
sind wir immer noch nicht aufgerufen<br />
worden. Wieder nach vorne und<br />
nachgefragt. Wieder die Frage, für welchen<br />
Chor ich spreche. Danach hastiges<br />
Suchen in den Blättern, Nachfragen beim<br />
Gegenüber, Neusortieren der Blätter, erneutes<br />
Durchblättern der Formulare, da<br />
endlich das gesuchte Blatt. Eine Antwort<br />
bekomme ich aber nicht, weil jetzt der<br />
Auftritt der Weinprinzessin Susanne bevorsteht,<br />
zu dem der Verantwortliche auf<br />
der Bühne zu erscheinen hat. Als der<br />
nächste Chor »O, Herr welch ein Abend«<br />
singt und die Musiker danach den Ötzi,<br />
sprich Anton aus Tirol, wieder auferstehen<br />
lassen, bin ich einer Meinung mit<br />
meinen Sängerinnen und Sängern: Auf<br />
ein solches Freundschaftssingen können<br />
wir verzichten. Der Vorstand meldet uns<br />
ab und wir verlassen, ohne gesungen zu<br />
haben, das Zelt. Anzufügen sei noch: Selten<br />
hat in unserem Chor eine solche Einigkeit<br />
und ein solches Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
geherrscht wie in der darauffolgenden<br />
Zeit. Insoweit waren die<br />
Kosten für die Busfahrt doch nicht in den<br />
Sand gesetzt. (Ähnlichkeiten mit real Geschehenem<br />
sind leider nicht zufällig. Vielleicht<br />
erkennt sich auch der betroffene<br />
Chor wieder, obwohl die Namen frei erfunden<br />
sind, und zieht den folgerichtigen<br />
Schluss, dass Freundschaftssingen zuerst<br />
dem Gesang und der Freundschaft<br />
dienen sollen und erst danach der Profit<br />
(nach dem Motto: je mehr Chöre da sind,<br />
um so mehr wird getrunken und gegessen)<br />
kommen darf. Und als weiteres:<br />
Auch die Planung und Organisation einer<br />
solchen Veranstaltung kann man lernen.<br />
Vielleicht empfiehlt sich da die Teilnahme<br />
an einer entsprechenden Fortbildungsveranstaltung<br />
des PSB.)<br />
DIETER KÖNIG (Elmstein)<br />
Chorleiter