Sonntag, 9. November 2003, 16.00 Uhr ... - ChorPfalz online

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Beispiel 1: 10 Flaschen Wein, 5 Baguette, Käse, Schinken und zwei Gläser Oliven im Supermarkt geklaut. 29 Freunde waren dabei und haben beim Verlassen des Supermarkts aufgepasst. Anschließend einen schönen Abend gehabt, 30 Freunde haben gegessen, getrunken, gefeiert. »Ersparnis«: 45,00 EUR Beispiel 2: Einen Chorsatz von einem guten Bekannten ausgeliehen, 30 x kopiert, einstudiert und bei einem Ständchen für ein Ehrenmitglied des Chors gesungen. »Natürlich« nicht bei der GEMA gemeldet, war ja auch »ganz privat«. Anschlie- ßend vom Jubilar eingeladen, gegessen, getrunken, gefeiert. »Ersparnis«: 45,00 EUR für 30 Chorsätze »...Entschuldigung, das hab' ich mir erlaubt«: Selbstverständlich kennen Sie diesen Song der Vocalgruppe »Die Prinzen«. Von allen betroffenen Sängerinnen und Sängern im Deutschen Sängerbund gesungen, ergäbe das Lied einen wochentäglichen Ruf wie Donnerhall, einen ostinaten Choral von 19-22 Uhr, der traditionellen Probezeit unserer Chöre, egal ob sie montags, dienstags, mittwochs ... oder am Freitag proben. Denn geklaut wird täglich, reichlich und ohne Unrechtsbewusstsein. Nun sind nicht alle Diebe bzw. »Hehler« auf dem Chornotensektor so dreist wie jene Sängerin, die im Pressebüro des Schwäbischen Sängerbundes anrief und fragte: »Sagen Sie mal, können Sie mir nicht sagen, wo unser >Liederkranz< seine Noten kostenlos kopieren kann? Unser neuer Dirigent will doch tatsächlich zwei Chorhefte anschaffen. Stellen Sie sich einmal vor, was das kostet! Unser bisheriger Leiter hat die Noten immer kostenlos PFÄLZER SÄNGER 3/2003 75
ei sich in der Musikschule kopiert. Da war das nie ein Problem.« Also nicht nur klauen, sondern auch noch mit dem Taxi kostenlos zum Tatort gefahren werden! Wo wird kostenlos kopiert? • In vielen Firmen, Behörden, Büros, in denen Sänger beschäftigt sind. Mal so eben in der Mittagspause oder nach Feierabend. • In nahezu allen Schulen, Musikschulen... • In allen Copy-Shops Wer sind die Geschädigten? • Die Arbeitgeber. Sie zahlen nicht nur die Arbeitszeit, sondern auch Papier und Toner. • Die jeweiligen Komponisten • Die jeweiligen Textdichter • Die jeweiligen Bearbeiter • Die jeweiligen Musikverlage • Die jeweiligen Lizenzverlage • Die gesamte Musikindustrie Wir haben es also im schlimmsten Fall mit sechsfachem Diebstahl - oder nennen Sie's ruhig Betrug - zu tun. Man kann sich das gar nicht drastisch genug vorstellen. Bezogen auf die Jahresleistung eines aktiven Autors oder Verlags trifft der Vergleich jedoch durchaus zu: Irgend jemand hat Ihnen über Nacht I hr Auto aus der Garage gestohlen. Leider haben Sie keine Hausratversicherung. Auch das Auto ist noch lange nicht abbezahlt. Sie haben sich dafür Geld von der Bank, von den Eltern, den Schwiegereltern und von einem Freund geliehen. Pech für Sie, denn das Geld müssen Sie zurückzahlen. Das Auto aber bleibt verschwunden. Bundespräsident Rau lobt Bildung aller Sinne Am 30. März hat Bundespräsident Johannes Rau in Halle/Saale im Rahmen der Tage der Laienmusik die ersten Zelterund Pro-musica-Plaketten des Jahres 2003 verliehen. In diesem Jahr werden insgesamt 158 Zelter-Plaketten an Chöre und 38 Pro-Musica-Plaketten an Instrumental-Ensembles verliehen. In seiner Ansprache betonte der Bundespräsident die Bedeutung des Laienmusizierens in Deutschland, bei dem sich rund sieben Millionen Menschen aktiv engagieren. Es sei wichtig, dass Musik nicht nur aus den Medien komme, »sondern dass wir sie selber machen«. Besondere Zustimmung fand er mit seinem Hinweis: »Die Pisa- Studie ist missverstanden, wenn wir jetzt das Pauken anfangen und das Musizieren und den Kunstunterricht und den Sport kleinschreiben und ausfallen las- Wer hat was investiert in die Noten? 1. Der Textdichter Ein guter Text: eine Stunde, ein Tag? Manchmal beides. Die Idee und der Refrain kommen oft ganz spontan, aber dann muss gefeilt werden. Ist der Text erst fertig, heißt es, einen Komponisten bzw. einen Verlag zu finden. Investition: viele Stunden und Telefonate, also Zeit und Geld. 2. Der Komponist Von seinem Gespür hängt es ab, ob ein Text musikalisch lebendig wird oder Wort bleibt. Seine Investition: ein langjähriges Musikstudium, viele Stunden Arbeit, viel Papier, viele verworfene Ideen und dann endlich der Einfall. Und während jeder Arbeiter, jeder Angestellte für ein, zwei oder mehr Tage Arbeit Lohn erhält, egal, ob er nun besonders fleißig oder besonders faul war - bis der Komponist und sein Textdichter Geld sehen, wird es lange dauern. Sehr lange! 3. Der Bearbeiter Er handelt meist im Auftrag eines Verlags, eines Chors, eines Orchesters, einer Rundfunkstation etc. Er schreibt keine Originalmusik, sondern bearbeitet bereits bestehende Kompositionen für eine ganz bestimmte Besetzung und einen ganz bestimmten Zweck. Kein Evergreen, kein erfolgreicher Schlager, von dem es nicht mehrere Fassungen gibt. Die Bearbeitungen der Beatles-Songs u.a. gehen in die tausende. Handelt es sich um eine Bearbeitung für Tonträger, für Rundfunk oder Fernsehen, hat der Arrangeur Glück. Dann erhält er Geld von der GEMA. Andernfalls ist er auf das »Papiergeld« (den Verkauf der Noten) angewiesen oder er sen... Man muss Naturwissenschaften pflegen und Geisteswissenschaften fördern. Aber wer glaubt, das gehe, wenn 76 PFÄLZER SÄNGER 3/2003 erhält vom Verlag eine pauschale Abgeltung. 4. Der Musikverlag Er investiert und trägt das unternehmerische Risiko. Entwickelt sich ein Song zum Hit, hat er Glück gehabt. Wird es ein Flop, ist oft viel Geld verloren. Bleiben wir beim Chorsektor. Ein Verlag bezahlt die Kosten für das Lektorat, für den Notensatz, für den Druck, für die Werbung, für den Vertrieb, die Tantiemen für die Autoren bzw. die Lizenzverlage, falls es sich um kein eigenes Verlagscopyright handelt und - er muss auch seine eigenen Angestellten bezahlen. Bis beispielsweise ein größeres Chorheft auf dem Markt ist, hat der Verlag selbst bei sparsamster Vorgehensweise nicht selten einen fünfstelligen Eurobetrag investiert. Jeder investierte Euro verursacht tagtäglich Negativzinsen, und das so lange, bis die Einnahmen die Ausgaben decken. Wenn auf jedes verkaufte Heft 20 oder 30 schwarze Kopien kommen, wird dieses nicht möglich sein. Und noch etwas leidet: die Qualität. Es geht wie bei der CD-Piraterie oder beim kostenlosen Kopieren von Computerprogrammen vor allem um das Unrechtsbewusstsein. Geistiges Eigentum scheint bei vielen Chören und Orchestern im Laienmusikbereich vogelfrei zu sein. Dass mit jeder Kopie nahezu alle Glieder der Kette »Musikindustrie« geschädigt werden, ist kaum jemandem bewusst. Deswegen gilt es, dieses Bewusstsein zu schaffen, damit es irgendwann einmal jedem Sänger peinlich ist, aus kopierten Noten zu singen. Interessanterweise sind nicht diejenigen Chöre besonders erfolgreich, die sich den ordentlichen Erwerb von Noten sparen, sondern genau die anderen. ( aus: Schwäbische Sängerzeitung 1/2003) man bei Musik und Kunst und Sport kürzt, der hat nicht verstanden, was das Ziel von Bildung ist.« (ADC)
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