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Das Prinzip Bosheit

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es auch noch nicht verzichten. Was aber ist eine Falle dritten<br />

Grades anderes als ein Gefängnis ohne Mauern? Stellen<br />

wir uns das klassiche Panopticum einen Augenblick<br />

ohne Mauern vor: Es wäre dem Gefangenen möglich,<br />

jederzeit zu entkommen. Durch das Verschwinden der<br />

Mauern hätte der Gefangene die Möglichkeit, die Macht<br />

durch eine – gleichsam »experimentelle« – Flucht zum<br />

Erscheinen zu zwingen, sie zu verifi zieren. Die Macht<br />

könnte zur Wahrheit über ihre Ausmaße, zum »Geständnis«<br />

über den Realitätsgehalt ihrer Drohung gezwungen<br />

werden. Der panoptische Luxus einer Bewachung ohne<br />

Bewacher stünde zur Disposition. <strong>Das</strong> Panopticum verlöre<br />

die Kraft der absoluten Prävention.<br />

Und doch gibt es in wenigstens einer Hinsicht eine<br />

Verwandtschaft zwischen der panoptischen Struktur und<br />

der weißen Allmachtsfi gur einer Falle dritten Grades:<br />

Beiden gelingt eine nicht nur vorübergehende Stabilisierung<br />

der Fiktionalität ihrer Herrschaft sstruktur. <strong>Das</strong><br />

Panopticum ist eine Übergangsfi gur zwischen einer Falle<br />

zweiten und einer dritten Grades. Dem klassischen Panopticum<br />

in seiner steinernen, architektonischen Form gelingt<br />

es noch nicht, seine fi ktionale Macht ohne repressive Reste<br />

zu fundieren. Die Funktion der Mauer im Panopticum ist<br />

gleichsam paradoxer Natur: Als Ruine ihrer selbst muß sie<br />

gerade deshalb stehen bleiben, um sich fortlaufend ihre<br />

Existenznotwendigkeit immer wieder zu entziehen.<br />

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