29.01.2013 Aufrufe

Das Prinzip Bosheit

Das Prinzip Bosheit

Das Prinzip Bosheit

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

lich. Und die, die ihre Mitschüler besser beurteilten als er,<br />

bestraft e er zwar nicht, entzog ihnen aber deutlich seine<br />

Aufmerksamkeit, nahm sie nicht dran, wenn sie sich verzweifelt<br />

meldeten, und gab ihnen so keine Gelegenheit,<br />

sich im Beurteilungswettstreit zu »rehabilitieren«.<br />

Allmählich wurde die Benotung immer grotesker. Zu<br />

Beginn hatten die Schüler das Ganze noch als Witz betrachtet<br />

und mehr oder weniger fl achsend oder lustig geantwortet.<br />

Jetzt überschlugen sie sich darin, sein sachliches<br />

Dozieren, den souveränen Ton des »So-ist-es!« zu<br />

kopieren. Je mehr sich das spielerische Moment in seinem<br />

Rollenspiel verringerte und der Ernstfall regierte,<br />

um so unmutiger wurde die Klasse gegenüber dem erzwungenen<br />

Einfühlungsdruck.<br />

Die Schüler sahen nur einen einzigen Ausweg: Die mutigsten<br />

entschlossen sich, jetzt immer nur die denkbar<br />

schlechtesten Noten zu geben.<br />

Zunächst lief alles normal: Der Lehrer ignorierte die<br />

»Ausfälligkeiten« der Schüler. Doch der Ton des wechselseitigen<br />

Heruntermachens wurde immer schlimmer und<br />

wilder. In der Klasse spielten sich wahre Verurteilungsorgien<br />

ab. Irritiert und mit verhaltenem Zorn forderte<br />

der Lehrer die Schüler auf, sich wieder auf den Ernst des<br />

Spiels zu besinnen. Erfolglos.<br />

Ohnmächtig mußte er mitansehen, wie immer mehr<br />

Schüler es wagten, ihren Kameraden die schlechtesten Noten<br />

zu geben, und diese auch noch herzhaft dazu lachten.<br />

Der Lehrer brach das Spiel ab. Niemand wurde mehr<br />

37

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!