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Das Prinzip Bosheit

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antworten, bevor er sich wieder setzen durft e. Waren seine<br />

Antworten wieder falsch, hatte er sich auf den Tisch zu<br />

stellen. Th omas stand in fast jeder Unterrichtsstunde auf<br />

dem Tisch. Jedesmal brachen alle, Frau M. und die Mitschüler,<br />

in Gelächter aus. Er fühlte sich gedemütigt und<br />

lächerlich gemacht. Lieber wäre er manchmal tot gewesen.«<br />

(3)<br />

<strong>Das</strong> mittelalterliche Register der peinlichen Strafen lebt<br />

hier und da immer noch weiter in den öff entlich verborgenen<br />

Räumen der Schule. Unwissen wird nicht als Fehler<br />

oder Irrtum verstanden, sondern als Schande und Makel<br />

bestraft . Die Ausstellung der Dummheit bedient sich<br />

– welch instinktiv treff sichere, perfi de Ironie – der Auszeichnung,<br />

über alle gestellt zu werden. Die schikanöse<br />

Häme inszeniert auf verstellte Weise das Bild der moralischen<br />

Warnung: »Wer sich erhöht, wird erniedrigt werden«.<br />

Die Schikane zelebriert hier die Moral: Wer unwissend<br />

ist, beweist damit, daß er es verdient, bestraft zu werden.<br />

»Im Zweifelsfall für den Angeklagten« – das gibt es bei<br />

ihr nicht.<br />

»<strong>Das</strong> Schlimmste war, daß die Mitschüler auch immer<br />

auf der Seite der Lehrerin waren, ihre Witze über<br />

mich machten, ihren Spaß hatten, anstatt mir wenigstens<br />

gefühls mäßig zu zeigen, daß sie zu mir hielten«, erinnert<br />

sich Th omas. (4)<br />

Jede Schikane mobilisiert ein System, indem sich die<br />

Gemeinschaft der Opfer – hier der Schüler – selbst demü-<br />

35

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