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Das Prinzip Bosheit

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Fotozellen in den Bahnhöfen, nur dunkler war es hier<br />

und den kleinen Eingang verschlossen nicht die billigen<br />

Plastikvorhänge; im Eingang hingen schwere, schwarze<br />

Brokatstoff e, die kaum noch Licht in die kleine Zelle ließen.<br />

Auf der anderen Seite öff nete sich das »Fliegengitter«,<br />

durch das er schemenhaft den Geistlichen sah. So viele<br />

Jahre hatte er nicht mehr in dieser kleinen Zelle gesessen.<br />

Eigentlich war es lange vorbei, aber jetzt war er noch einmal<br />

zurückgekehrt. Zum letzten Mal. Er wartete auf die<br />

Auff orderung zum Reden.<br />

»Was hast du auf dem Herzen, mein Sohn?«, fragte ihn<br />

der Geistliche.<br />

S. nahm sich viel Zeit und schilderte eine ganze Menge<br />

kleiner und großer Sünden. Während er erzählte, spürte<br />

er, wie die Unruhe des Geistlichen langsam zunahm. Er<br />

wartete und genoß, wie sich die Spannung zuspitzte.<br />

Schließlich unterbrach ihn der Geistliche; S. spürte den<br />

mühsam unterdrückten Widerwillen gegen den Schwall<br />

der Sünde, den er nun schon seit über einer Stunde über<br />

ihn kübelte. »Mein Sohn, gibt es irgendeine Sünde, die du<br />

nicht begangen hast?«, fragt der Geistliche im Tonfall erschöpft<br />

en Ekels.<br />

»<strong>Das</strong> kommt darauf an, was man unter einer Sünde<br />

versteht«, meinte S.<br />

»Wie meinst du das?«, fragte ihn der Geistliche.<br />

S. schwieg lange und genoß die verstreichende Zeit. Er<br />

mußte jetzt warten, sonst hätte alles keinen Sinn.<br />

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