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Das Prinzip Bosheit

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Noch perfi der wird der paradoxe Diebstahl, indem<br />

er die Zeit abermals »nachverdichtet«: Der Schikaneur<br />

verbraucht selbst gelassen geradezu demonstrativ viel<br />

Zeit. Die Intensität dessen, was er uns nimmt, wächst<br />

angesichts dessen, über das er gelassen verfügt. Noch in<br />

einer zweiten Hinsicht begeht der Schikaneur einen paradoxen<br />

Diebstahl: Anders als der konventionelle Dieb,<br />

der so schnell wie möglich das Weite sucht, genießt es<br />

der Schikaneur, dem Bestohlenen das Gestohlene vorzuführen.<br />

Am Ende der Szene geht der impertinente Fußgänger<br />

zu dem mit seiner Geduld kämpfenden Autofahrer und<br />

gibt ihm den »guten Ratschlag«: Er möge doch endlich<br />

aufh ören, den Verkehr zu blockieren.<br />

Die schikanöse Ironie kritisiert auch noch die Fügsamkeit<br />

und Hilfl osigkeit des Schikanierten.<br />

Stellen wir uns vor, der Schikaneur hätte für seine<br />

Botschaft nicht die Karikatur eines gut gemeinten Ratschlages<br />

gewählt, sondern die Unverschämtheit besessen,<br />

uns zu beschimpfen: »Sehen Sie nicht, daß Sie den gesamten<br />

Verkehr aufh alten!«<br />

Diese provozierende Umdeutung der geduldigen und<br />

nervösen Höfl ichkeit zu einer dummdreisten Unfähigkeit<br />

verschärft den aggressiven Widersinn der Auff orderung<br />

des Schikaneurs, ihn zu »überfahren«, nochmals.<br />

Man sollte diese seltsame Auff orderung nicht gleich als<br />

Unsinn disqualifi zieren: Mit diesem verrückt wirkenden<br />

Appell wird nicht nur das Opfer erneut – diesmal deutli-<br />

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