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Das Prinzip Bosheit

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Hyper-Ritualismus:<br />

der »Hömöostat des Fehlers«<br />

Der Schikaneur macht aus jeder Handlung ein strenges<br />

Ritual: Der Vater könnte seinen Sohn auch dazu bringen,<br />

nur mit der rechten Hand anzuklopfen und die Tür mit<br />

der Linken zu öff nen oder ihm die Anzahl des Klopfens<br />

vorschreiben. Es gibt unendlich viele Varianten des schikanösen<br />

Hyper-Ritualismus.<br />

Ein Ritual war ursprünglich eine Handlungsweise archaischer<br />

Religiosität, eine sinnliche Form des Glaubens<br />

aus einer Zeit, in der die Praxis eines Glaubens mit seiner<br />

Substanz weitgehend zusammenfi el. Die mikroskopisch<br />

genaue Erfüllung des Rituals kollektivierte den Glauben<br />

und machte ihn sichtbar und kontrollierbar.<br />

Der Schikaneur läßt uns seine schwarze Messe zelebrieren:<br />

Zu unfreiwilliger Anbetung gezwungen, gehen<br />

wir in die Falle der Selbstvervielfältigung der Fehler. Ein<br />

schikanöses Ritual ist ein System, in dem der Schikanierte<br />

nicht nichts falsch, also nichts richtig machen kann.<br />

Roland Barthes hat das zwangsneurotische Arrangement<br />

des schikanösen Rituals als einen »Hömöostat des<br />

Fehlers« (11) beschrieben: Der Zwangsneurotiker bestraft<br />

sich für die nichtpräzise Ausführung imaginärer,<br />

ihm auferlegter Handlungsvorschrift en mit immer neuen<br />

Aufl agen, die wiederum präzise ausgeführt werden müssen,<br />

wobei natürlich abermals Fehler entstehen usw. Der<br />

Schikaneur zwingt sein Opfer in eine künstliche Zwangs-<br />

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