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Kleines Lehrbuch der Astronomie und Astrophysik - Astronomie.de

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Mars<br />

Eine <strong>de</strong>taillierte Untersuchung <strong><strong>de</strong>r</strong> Tharsis-Region hat ergeben, daß dieses Gebiet bereits sehr früh in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Marsgeschichte entstan<strong>de</strong>n ist. Während <strong><strong>de</strong>r</strong> vulkanisch aktiven Phase wur<strong>de</strong>n dabei mehr als 300<br />

Millionen Kubikkilometer Gestein geför<strong><strong>de</strong>r</strong>t <strong>und</strong> abgelagert. Dieser Vorgang war mit einer starken<br />

Entgasung verb<strong>und</strong>en, bei <strong><strong>de</strong>r</strong> sehr viel Kohlendioxid in die Atmosphäre gelangte. Der Wassergehalt<br />

<strong>de</strong>s Magmas wird auf 1.8 bis 2 Volumenprozent geschätzt. Dieses Wasser könnte während <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Ausbrüche aufgr<strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Druckentlastung freigesetzt <strong>und</strong> in Form von Wasserdampf in die Atmosphäre<br />

entlassen wor<strong>de</strong>n sein. Der daraufhin in <strong><strong>de</strong>r</strong> Atmosphäre einsetzen<strong>de</strong> Treibhauseffekt – so eine<br />

Hypothese – führte letztendlich zu <strong>de</strong>n Umweltbedingungen, unter <strong>de</strong>nen flüssiges Wasser zumin<strong>de</strong>st<br />

eine Zeit lang in <strong><strong>de</strong>r</strong> Frühgeschichte <strong>de</strong>s Mars eine wichtige geomorphologische Rolle gespielt hat.<br />

Eine Gesteinsprobe vom Mars stellt ohne Zweifel <strong><strong>de</strong>r</strong> Shergotty-Meteorit dar, einem ca. 5 kg schweren<br />

feinkörnigen Basaltbrocken, <strong><strong>de</strong>r</strong> 1865 in Indien gef<strong>und</strong>en wur<strong>de</strong> <strong>und</strong> wahrscheinlich aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Tharsis-<br />

Region stammt. Eine genaue Bestimmung <strong>de</strong>s „Bestrahlungsalters“ (das ist die Zeit, in <strong><strong>de</strong>r</strong> er <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

kosmischen Strahlung ausgesetzt war) ergab, daß dieser Meteorit vor ungefähr 175 Millionen Jahren<br />

<strong>de</strong>n Planeten verlassen haben muß. Die Analyse seiner mineralogischen Zusammensetzung erbrachte<br />

außer<strong>de</strong>m das Ergebnis, daß die Gesteins-schmelze, aus <strong>de</strong>m er erstarrte, ursprünglich bis zu 2%<br />

Wasser enthalten hat. An<strong><strong>de</strong>r</strong>nfalls wären die Menge <strong>und</strong> die Struktur <strong><strong>de</strong>r</strong> reichlich in ihm enthaltenen<br />

Pyroxen-Körner nicht erklärbar. Dieses im Magma gelöste Wasser wur<strong>de</strong>, nach<strong>de</strong>m die Schmelze an<br />

die Marsoberfläche gelangt war, in Form von Dampf an die Marsatmosphäre abgegeben. Heute enthält<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Meteorit <strong>de</strong>shalb so gut wie kein H 2O<br />

mehr (nur noch ca. 130-350 ppm). Dieser indirekte Bef<strong>und</strong><br />

bestätigt <strong>de</strong>mnach die Annahme, daß ein beträchtlicher Teil das Wassers auf <strong>de</strong>m Mars letztendlich<br />

<strong>de</strong>m Marsvulkanismus zu verdanken ist.<br />

Bestimmte geologische Strukturen, die auf <strong>de</strong>n Aufnahmen von Mars Expreß <strong>und</strong> Mars Global<br />

Surveyor zu sehen sind, weisen darauf hin, daß es wahrscheinlich noch vor weniger als 100 Millionen<br />

Jahren aktiven Marsvulkanismus gegeben hat. Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e phreatische Prozesse im Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Tharsis Montes, die zum Hervorbrechen von regelrechten Schlammströmen im unteren Teil <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Vulkanschil<strong>de</strong> führten, haben diesbezüglich typische morphologische Merkmale hinterlassen (z.B. ein<br />

Netzwerk von auffälligen „Flußtälern“). An einigen Stellen sind sogar Strukturen auszumachen die<br />

darauf hin<strong>de</strong>uten, daß lokal vulkanische Prozesse noch vor 2 Millionen Jahren stattgef<strong>und</strong>en haben.<br />

Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Auswertung von Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Mars Orbiter Camera <strong>de</strong>s „Mars Global Surveyor“ wur<strong>de</strong> ein<br />

weiteres <strong>und</strong> offensichtlich recht junges vulkanisches Gebiet im Bereich von Elysium Planitia <strong>und</strong><br />

Amazonis Planitia ent<strong>de</strong>ckt. Es liegt etwas südöstlich von Elysium Mons, <strong>de</strong>m mit 12 Kilometern<br />

höchsten Schildvulkan dieser Region. Die durch Spalten bzw. Verwerfungen ausgetretene Lava mit<br />

Temperaturen von über 1000°C hat vor geologisch kurzer Zeit (zwischen 10 <strong>und</strong> 100 Millionen Jahren)<br />

große Mengen Eis, welches im Permafrostbo<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Mars eingelagert war, plötzlich aufgeschmolzen.<br />

Dabei entstan<strong>de</strong>n in Flußrichtung ausge<strong>de</strong>hnte, als fluvatile bezeichnete erodierte Landschaftsformen.<br />

Die großen Schildvulkane <strong><strong>de</strong>r</strong> Elysium-Aufwölbung (Elysium Mons, Albor Tholus <strong>und</strong> Hecates<br />

Tholus) selbst sind dagegen r<strong>und</strong> 2 Milliar<strong>de</strong>n Jahre alt.<br />

Aus all diesen Bef<strong>und</strong>en kann man die Schlußfolgerung ziehen, daß <strong><strong>de</strong>r</strong> Mars auch heute noch nicht<br />

völlig tektonisch inaktiv ist. Für rezenten Vulkanismus gibt es bis jetzt (2006) jedoch keine<br />

Anzeichen.<br />

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