Kleines Lehrbuch der Astronomie und Astrophysik - Astronomie.de
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Mars<br />
Ganzes auf <strong>de</strong>n zähflüssigen Mantelgesteinen („langsam“ be<strong>de</strong>utet hier, daß es zu keinen Faltungen<br />
<strong>und</strong> auch zu keinen merklichen „Hot-Spot“-Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen gekommen ist, wie man sie auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong><br />
z.B. von Hawaii her kennt). Das soll wegen <strong><strong>de</strong>r</strong> Elliptizität <strong>de</strong>s Planeten zu regionalen Stauchungen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
vom Äquator in Richtung Pol wan<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong>n Gebiete bzw. zu Dehnungen bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Bewegung von <strong>de</strong>n<br />
Polen zum Äquator geführt haben. Durch die dabei entstan<strong>de</strong>nen enormen Spannungen ist nach dieser<br />
Hypothese z.B. das riesige Bruchsystem <strong>de</strong>s Valles Marineris vor min<strong>de</strong>stens 3.5 Milliar<strong>de</strong>n Jahren<br />
entstan<strong>de</strong>n. Sie erklärt auch, warum es auf <strong>de</strong>m Mars nahe beieinan<strong><strong>de</strong>r</strong> liegen<strong>de</strong> Strukturen gibt, <strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Entstehung in Pol- bzw. Äquatornähe erfolgt sein muß.<br />
Ein weiterer Indiz für plattentektonische Prozesse sind die streifenartigen Magnetisierungsmuster,<br />
welche Mars Global Surveyor vor einigen Jahren im Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> geologisch ältesten Gebiete <strong>de</strong>s Mars<br />
ent<strong>de</strong>ckt hat. Sie dokumentieren Umpolungen <strong>de</strong>s ehemals vorhan<strong>de</strong>nen dipolartigen Magnetfel<strong>de</strong>s <strong>de</strong>s<br />
Mars, während<strong>de</strong>ssen gesteinsbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s Material aus Rissen ausgetreten ist <strong>und</strong> regional Marskruste<br />
ausgebil<strong>de</strong>t hat (also ähnlich <strong>de</strong>m Prozeß, <strong>de</strong>n man auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> unter <strong>de</strong>m Begriff „ocean floor<br />
spreading“ zusammenfaßt). Diese „magnetic stripes“ fin<strong>de</strong>t man ausschließlich in <strong>de</strong>n sehr alten<br />
südlichen Gefil<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Mars, im Bereich <strong>de</strong>s Terra Sirenum <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Terra Cimmeria. Sie sind<br />
ungefähr 160 km breit <strong>und</strong> knapp 1000 km lang. Im Vergleich zu <strong>de</strong>n analogen Strukturen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
basaltischen Gesteine <strong><strong>de</strong>r</strong> irdischen ozeanischen Kruste sind sie breiter, was auf eine größere<br />
Ausbreitungsrate <strong><strong>de</strong>r</strong> neu entstan<strong>de</strong>nen Kruste hin<strong>de</strong>utet wenn man davon ausgeht, daß die<br />
Umpolungsfrequenz <strong>de</strong>s Marsmagnetfel<strong>de</strong>s mit <strong>de</strong>m <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> vergleichbar ist. Diese Art <strong><strong>de</strong>r</strong> frühen<br />
Krustenbildung kann jedoch nicht lange angehalten haben, da Mars aufgr<strong>und</strong> seiner geringen Masse<br />
relativ schnell ausgekühlt ist. Deshalb kann auch <strong><strong>de</strong>r</strong> magnetfel<strong><strong>de</strong>r</strong>zeugen<strong>de</strong> Dynamoeffekt nur relativ<br />
kurzzeitig in <strong><strong>de</strong>r</strong> frühesten Geschichte <strong>de</strong>s Planeten funktioniert haben. Auf je<strong>de</strong>m Fall ähneln die von<br />
Mars Global Surveyor beobachteten „stripes“ frappierend <strong>de</strong>n magnetischen Mustern in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
ozeanischen Kruste <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong>. Mars hat offensichtlich eine bewegte, d.h. dynamische Frühgeschichte<br />
hinter sich, die ungefähr eine halbe Milliar<strong>de</strong> Jahre andauerte <strong>und</strong> bereits vor 3.5 Milliar<strong>de</strong>n Jahren<br />
aufgr<strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> erwähnten Abkühlungsprozesse in seinem Inneren en<strong>de</strong>te. Heute dürften tektonische<br />
Prozesse weitgehend erloschen sein. Man erwartet lediglich noch „Marsbeben“ infolge von<br />
Impaktereignissen bzw. beim Ausgleich mechanischer Spannungen in <strong><strong>de</strong>r</strong> sehr mächtigen Marskruste.<br />
Oberfläche<br />
Der Planet Mars ist mittlerweile durch <strong>de</strong>n Einsatz interplanetarer Raumson<strong>de</strong>n vollständig<br />
kartographiert. Die Aufnahmen sind in speziellen Archiven erfaßt <strong>und</strong> für je<strong><strong>de</strong>r</strong>mann über das Internet<br />
zugänglich.<br />
(ein kompletter fotografischer Marsatlas auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Gr<strong>und</strong>lage <strong><strong>de</strong>r</strong> Mars-Global-Surveyor-Aufnahmen<br />
z.B. unter http://www.msss.com/mars_images/moc/moc_atlas o<strong><strong>de</strong>r</strong> www.google.com/mars ).<br />
Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s eindrucksvoll sind die dreidimensionalen Aufnahmen durch die HRSC-Kamera („High<br />
Resolution Stereo Camera“) <strong><strong>de</strong>r</strong> ESA-Son<strong>de</strong> Mars-Expreß.<br />
Die Bil<strong><strong>de</strong>r</strong> beweisen: Es ist nicht so, daß Mars – ähnlich wie Dune – nur ein kalter, eintöniger<br />
Wüstenplanet ist. Die Vielfalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Landschaftsformen, die sich <strong>de</strong>n Kameras von „Mariner“, „Viking<br />
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