Kleines Lehrbuch der Astronomie und Astrophysik - Astronomie.de
Kleines Lehrbuch der Astronomie und Astrophysik - Astronomie.de
Kleines Lehrbuch der Astronomie und Astrophysik - Astronomie.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Mars<br />
gef<strong>und</strong>en hat, wird über <strong><strong>de</strong>r</strong>en Entstehung sehr kontrovers diskutiert. Dazu muß man wissen, daß<br />
Methan auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> zum allergrößten Teil biologischen Ursprungs ist. Es entsteht hauptsächlich durch<br />
anaerobe Zersetzung von organischen Stoffen <strong>und</strong> ist Hauptbestandteil <strong>de</strong>s Erdgases.<br />
Gas Häufigkeit (ppb)<br />
Methan 10 - 10.5<br />
Formal<strong>de</strong>hyd 130<br />
V.FORMISANO, 2004<br />
Während sich die Konzentration von 10 ppb Methan noch relativ zwanglos durch vulkanische<br />
Restentgasung erklären läßt (Methan muß kontinuierlich nachgeliefert wer<strong>de</strong>n, da die Moleküle durch<br />
chemische Reaktionen verbraucht o<strong><strong>de</strong>r</strong> durch Photodissoziation zerstört wer<strong>de</strong>n, was ihre mittlere<br />
Lebensdauer auf einige Jahrzehnte bis mehrere Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>te begrenzt), sieht es bei Formal<strong>de</strong>hyd ganz<br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>s aus. Dieses Molekül hat unter <strong>de</strong>n Bedingungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Marsatmosphäre nur eine mittlere<br />
Lebensdauer von ca. 7.5 St<strong>und</strong>en (!). An<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits kommt es in einer be<strong>de</strong>utend höheren Konzentration<br />
vor als Methan, aus <strong>de</strong>m es bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Oxidation als Zerfallsprodukt entsteht.<br />
Wenn man davon ausgeht, daß die gemessene Menge an Formal<strong>de</strong>hyd ausschließlich aus Methan<br />
entsteht, dann reicht die Methanmenge in <strong><strong>de</strong>r</strong> Marsatmosphäre bei weitem nicht aus, um die CH 2O<br />
-<br />
Menge im chemischen Gleichgewicht zwischen Entstehung <strong>und</strong> Vernichtung zu erklären.<br />
Vorsichtigerweise muß aber darauf hingewiesen wer<strong>de</strong>n, daß die Ergebnisse <strong>de</strong>s Fourierspektrometerexperiments<br />
von Mars-Expreß nahe an <strong>de</strong>ssen technischer Leistungsgrenze gewonnen wur<strong>de</strong>n <strong>und</strong><br />
<strong>de</strong>shalb zumin<strong>de</strong>st zurückhaltend zu interpretieren sind.<br />
Wenn sich diese hohe Konzentration aber bestätigen sollte, muß es auf <strong>de</strong>m Mars große Quellen von<br />
Methangas geben, die summa summarum eine kontinuierliche Erzeugungsrate von ca.<br />
117<br />
6<br />
2.5⋅ 10 t/a<br />
gewährleisten müssen um die Formal<strong>de</strong>hyd-Konzentration zu erklären (VITTORIO FORMISANO). Davon<br />
5<br />
entfallen auf vulkanische Prozesse höchstens einige 10 t/a. Außer<strong>de</strong>m ist die Verteilung <strong>de</strong>s<br />
Formal<strong>de</strong>hyd-Gases über die Marsoberfläche sehr ungleichmäßig <strong>und</strong> koinzidiert relativ stark mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Wasserdampfkonzentration in <strong><strong>de</strong>r</strong> unteren Atmosphäre. Da auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> Methan zu einem<br />
beträchtlichen Teil von anaeroben Bakterien erzeugt wird, liegt die Vermutung nahe, daß es auch auf<br />
<strong>de</strong>m Mars Mikroorganismen geben muß. Ob das so ist, kann jedoch aus <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong>zeitigen Erkenntnislage<br />
nicht entschie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Der Nachweis dieser bei<strong>de</strong>n kritischen Gase durch das Planetare<br />
Fourierspektrometer (PFS) auf Mars-Expreß ist zwar durchaus ein Indiz dafür. Man sollte es aber auch<br />
nicht überbewerten. Zumin<strong>de</strong>st Mikrobiologen, die die sonstigen Bedingungen auf Mars kennen,<br />
wollen nicht so recht daran glauben. Außer<strong>de</strong>m gibt es auf <strong>de</strong>m Mars große Mengen an <strong>de</strong>m Mineral<br />
Olivin, welches ein Hauptbestandteil vulkanischer Gesteine darstellt. Wie neuere Untersuchungen<br />
zeigen, entsteht durch <strong>de</strong>n Prozeß <strong><strong>de</strong>r</strong> Serpentinisierung aus diesem Mineral wahrscheinlich genügend<br />
Methan, um die Methan- <strong>und</strong> Formal<strong>de</strong>hyd-Konzentration in <strong><strong>de</strong>r</strong> Marsatmosphäre auch ohne Mikroben<br />
erklären zu können (SHARMA, OZE 2005).