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Kleines Lehrbuch der Astronomie und Astrophysik - Astronomie.de

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Inneres Sonnensystem<br />

Aufsehen hervorgerufen. Dazu muß man wissen, daß dieses Gas auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> vorwiegend biologischen<br />

Ursprungs ist wobei die wichtigsten Methanbildner spezielle Bakterien sind. Um die heute in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Erdatmosphäre beobachtete Methankonzentration von ca. 1750 ppbv aufrechtzuerhalten (Methanmoleküle<br />

wer<strong>de</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> Atmosphäre kontinuierlich abgebaut wobei die Lebensdauer eines Moleküls<br />

ca. ein Jahrzehnt beträgt), müssen pro Jahr über 500 Millionen Tonnen erzeugt wer<strong>de</strong>n. Auf <strong>de</strong>m Mars<br />

sind die Verhältnisse dagegen vollkommen an<strong><strong>de</strong>r</strong>s. In seiner fast reinen CO2 -Atmosphäre ist Methan<br />

nur ein Spurengas. Ein Methanmolekül überlebt dort im Mittel r<strong>und</strong> 600 Jahre. Das be<strong>de</strong>utet, daß bei<br />

einer stabilen Konzentration von 10 ppbv pro Jahr r<strong>und</strong> 100 Tonnen von diesen Gas neu entstehen<br />

muß. Vulkanismus (<strong><strong>de</strong>r</strong> auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> ca. 0.2 % <strong><strong>de</strong>r</strong> erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lichen Menge liefert) scheint auf <strong>de</strong>m Mars<br />

auszuschei<strong>de</strong>n, da trotz genauester Fernerk<strong>und</strong>ung keine Anzeichen für rezenten Vulkanismus<br />

gef<strong>und</strong>en wer<strong>de</strong>n konnte. Eine weitere <strong>de</strong>nkbare Methanquelle wäre <strong><strong>de</strong>r</strong> Eintrag durch Kometenkerne,<br />

die ab <strong>und</strong> an <strong>de</strong>n Mars treffen. In solch einem Fall müßte solch ein Ereignis quasi vor kurzem (d.h.<br />

innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> letzten 2000 Jahre) stattgef<strong>und</strong>en haben. In diesem Fall wür<strong>de</strong> man gegenwärtig nur eine<br />

temporäre Anreicherung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Marsatmosphäre beobachten <strong>und</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Erklärungsmo<strong>de</strong>lle wären<br />

obsolet. Dieser sehr eleganten Erklärung steht aber die Beobachtung entgegen, daß das Methan in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Marsatmosphäre sehr ungleichmäßig verteilt ist. Lokale Entstehungsmechanismen können diese<br />

Verteilung sehr viel besser erklären wobei aber die <strong>de</strong>nkbaren Mechanismen <strong><strong>de</strong>r</strong> Methanbildung nur<br />

sehr begrenzt sind. Es kommen eigentlich nur mikrobiologische <strong>und</strong> anorganisch-chemische<br />

Bildungsmechanismen in Frage. Seit<strong>de</strong>m man weiß, daß es im Marsbo<strong>de</strong>n relativ viel Wasser gibt,<br />

könnte ein spezieller chemischer Vorgang, <strong><strong>de</strong>r</strong> als Serpentinisierung bezeichnet wird, <strong>de</strong>s Rätsels<br />

Lösung sein. Die Zutaten, Wasser, Kohlendioxid <strong>und</strong> das Mineral Olivin (ein wichtiger Bestandteil<br />

vieler Eruptivgesteine, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e von Basalten), sind auf <strong>de</strong>m Mars vorhan<strong>de</strong>n. Wenn Olivin (aber<br />

auch an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Minerale wie z.B. Amphibole o<strong><strong>de</strong>r</strong> Pyroxene) mit kohlesäurehaltigen Wasser in<br />

Berührung kommen, dann wan<strong>de</strong>ln sich die genannten Minerale im Rahmen einer exothermen<br />

Reaktion in weißliche Serpentine (das sind gesteinsbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Schichtsilikate, die sehr viel Magnesium<br />

enthalten) um wobei Wasserstoff frei wird. Die metamorphen Gesteine, die sehr viel von <strong>de</strong>m Silikat<br />

Serpentin enthalten, bezeichnet man als Serpentinite. Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> kann man ihre Entstehung im<br />

Bereich heißer untermeerischer Quellen im Bereich von sogenannten „Black and White Smoker“<br />

beobachten. Der bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Umwandlung freigesetzte Wasserstoff kann anschließend mit Kohlenstoff <strong>und</strong><br />

Kohlenstoffverbindungen (Kohlenmonoxid, Kohlendioxid) reagieren <strong>und</strong> dabei Methan bil<strong>de</strong>n. Man<br />

schätzt, daß pro Jahr ca. 80000 Tonnen Olivin umgewan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n müssen, um die heutige<br />

Methankonzentration in <strong><strong>de</strong>r</strong> Marsatmosphäre stabil zu halten. Das ist nicht soviel, daß es nicht möglich<br />

wäre. Das Problem ist eher die Präsenz von flüssigem Wasser. Auf je<strong>de</strong>n Fall gibt es aber durchaus<br />

Möglichkeiten die Methanvorkommen auf <strong>de</strong>m Mars auch ohne methanbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Mikroorganismen zu<br />

erklären. Um Leben auf <strong>de</strong>m Mars zu postulieren, braucht man stichhaltigere Beweise.<br />

Vermeintliches „Marsbakterium“ (ALH 84001)

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