Kleines Lehrbuch der Astronomie und Astrophysik - Astronomie.de
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Inneres Sonnensystem<br />
Was <strong>de</strong>n inneren Aufbau <strong>de</strong>s Mars betrifft, ergeben sich einige interessante Fragen. Sie betreffen z.B.<br />
<strong>de</strong>n physikalischen Zustand <strong>und</strong> die Entstehung <strong>und</strong> zeitliche Entwicklung <strong>de</strong>s innersten Kernbereichs.<br />
Die Ent<strong>de</strong>ckung von remanentem Magnetismus scheint je<strong>de</strong>nfalls darauf hinzu<strong>de</strong>uten, daß es in<br />
fernster Vergangenheit zumin<strong>de</strong>st einmal kurzzeitig ein durch interne Strömungen verursachtes<br />
Magnetfeld gegeben hat, welches heute weitgehend verschw<strong>und</strong>en ist. Mantelkonvektion hat auf je<strong>de</strong>n<br />
Fall in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vergangenheit stattgef<strong>und</strong>en, wie noch heute einige eindrucksvolle Oberflächenformationen<br />
beweisen. Zu erwähnen ist insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e die Tharsis-Aufwölbung (Durchmesser r<strong>und</strong> 8000 km), auf<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> sich mächtige Schildvulkane (z.B. Olympus Mons) befin<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> das Gebiet um das Valles<br />
Marineris, einem riesigen Grabenbruchsystem. Computersimulationen zeigen, daß z.B. die Tharsis-<br />
Region durch einen riesigen Mantelplume vor mehr als 3.5 Milliar<strong>de</strong>n Jahren entstan<strong>de</strong>n sein könnte.<br />
Zu dieser Zeit haben sich in mehreren Schüben riesige Lavamassen über Teile <strong>de</strong>s Planeten ergossen.<br />
Diese Lava war sehr heiß <strong>und</strong> <strong>de</strong>mentsprechend recht dünnflüssig. Man vermutet, daß sie entwe<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
vom basaltischen o<strong><strong>de</strong>r</strong> komatiitischen Typ war (Komatiite sind ultramafische, d.h. magnesiumreiche<br />
Silikatschmelzen, die auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> nur vor r<strong>und</strong> 1.7 Milliar<strong>de</strong>n Jahren in Erscheinung traten).<br />
Gegenwärtig ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Abkühlungsprozeß <strong>de</strong>s Planeten wahrscheinlich bereits soweit fortgeschritten, daß<br />
Konvektionsströmungen im Mantelbereich nur noch eingeschränkt möglich sind. Nur im Bereich <strong>de</strong>s<br />
Tharsis-Plumes scheint <strong><strong>de</strong>r</strong> Vulkanismus erst in <strong>de</strong>n letzten 150 Millionen Jahren endgültig<br />
abgeklungen zu sein wie Kraterzählungen im Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Gipfelcal<strong><strong>de</strong>r</strong>en nahe legen (GERHARD<br />
NEUKUM, 2005). Eine Vermutung, die durch die ersten Ergebnisse von Mars-Expreß gestützt wird.<br />
Neuere Untersuchungen lassen für die Entstehung <strong><strong>de</strong>r</strong> Tharsis-Aufwölbung aber auch einen an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Mechanismus <strong>de</strong>nkbar erscheinen. Danach hat ein starker Impakt in <strong><strong>de</strong>r</strong> Frühzeit <strong>de</strong>s Mars die Energie<br />
geliefert, um einen wesentlichen Teil <strong>de</strong>s Marsmantels im Bereich <strong>de</strong>s Einschlags zumin<strong>de</strong>st teilweise<br />
aufschmelzen zu lassen. Die aufgeschmolzenen Regionen sind bei einem <strong><strong>de</strong>r</strong>artigen katastrophalen<br />
Ereignis recht heterogen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Marskruste <strong>und</strong> im Marsmantel verteilt. Die oberen Bereiche erfahren<br />
aufgr<strong>und</strong> ihrer flui<strong>de</strong>n Eigenschaften <strong>und</strong> ihrer höheren Temperatur gegenüber <strong><strong>de</strong>r</strong> Umgebung einen<br />
Auftrieb, <strong><strong>de</strong>r</strong> letztendlich <strong>de</strong>n isostatischen Ausgleich (<strong><strong>de</strong>r</strong> durch <strong>de</strong>n Impakt empfindlich gestört<br />
wur<strong>de</strong>) för<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Auf diese Weise entsteht – ähnlich wie bei einem Mantelplume – eine Aufwölbung, an<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong>en Oberfläche eine zeitlang permanent geschmolzenes Material austritt <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Impaktkrater<br />
vollständig überformt. Eine genaue Analyse dieser im Detail sehr komplexen Vorgänge zeigt, daß man<br />
zur Erklärung <strong><strong>de</strong>r</strong> Tharsis-Aufwölbung nicht unbedingt einen klassischen Mantelplume, <strong><strong>de</strong>r</strong> seinen<br />
Ausgang an <strong><strong>de</strong>r</strong> Kern-Mantel-Grenze nimmt, benötigt. Auch ein impaktinduzierter Mantelplume kann<br />
zu <strong><strong>de</strong>r</strong> beobachteten Geomorphologie führen <strong>und</strong> sogar einige geologische Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten besser<br />
erklären. Welche <strong><strong>de</strong>r</strong> bei<strong>de</strong>n Mo<strong>de</strong>lle <strong><strong>de</strong>r</strong> Wahrheit am nächsten kommt, können jedoch erst weitere<br />
Untersuchungen klären.<br />
Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Ausdifferenzierung <strong>de</strong>s Mantels in <strong><strong>de</strong>r</strong> Frühgeschichte <strong>de</strong>s Mars wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ten die schweren<br />
Elemente in Richtung Kern, wohingegen die leichteren Elemente (hauptsächlich in Form von Si-Al-<br />
Verbindungen) unter Volumenvergrößerung nach oben wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ten. Das führte in <strong><strong>de</strong>r</strong> verhältnismäßig<br />
starken Kruste (>40 km, Er<strong>de</strong> 5-30 km) zu Spannungen, die sich unter <strong><strong>de</strong>r</strong> Bildung von<br />
verhältnismäßig flachen Dehnungsrissen lösten. Die dabei entstan<strong>de</strong>nen morphologischen Strukturen<br />
kann man sehr gut auf <strong>de</strong>n Aufnahmen <strong>de</strong>s Mars Global Surveyor <strong>und</strong> noch besser – da in 3D – auf <strong>de</strong>n<br />
Aufnahmen von Mars-Expreß beobachten. Zurzeit wird auch die Theorie <strong><strong>de</strong>r</strong> sog. „Ein-Platten-<br />
Tektonik“ diskutiert. Darunter versteht man eine äußerst langsame Bewegung <strong><strong>de</strong>r</strong> Marskruste als