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Kleines Lehrbuch der Astronomie und Astrophysik - Astronomie.de

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Mars<br />

unterschiedlich. Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Südhalbkugel sind Frühling <strong>und</strong> Sommer kurz <strong>und</strong> heiß <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Herbst <strong>und</strong><br />

Winter lang <strong>und</strong> kalt. Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Nordhalbkugel ist es genau umgekehrt.<br />

Daß es auf <strong>de</strong>m Mars riesige Staubstürme gibt, ist seit langem bekannt. Die ersten Beobachtungen<br />

gehen auf <strong>de</strong>n französischen Astronomen HONORE FLAUGERGUES (1755-1835) zurück, <strong><strong>de</strong>r</strong> 1796<br />

„gelbliche Wolken“ mit seinem Fernrohr auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Marsoberfläche wahrnahm. Während <strong><strong>de</strong>r</strong> Opposition<br />

von 1924 bemerkte <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utsche Astronom KASIMIR GRAFF (1878-1950), daß die Marsatmosphäre nur<br />

im Marshochsommer klar <strong>und</strong> durchsichtig erscheint. Davor <strong>und</strong> danach können viele bekannte<br />

Oberflächen<strong>de</strong>tails wie z.B. die Große Syrte nur angetrübt o<strong><strong>de</strong>r</strong> gar nicht im Fernrohr gesehen wer<strong>de</strong>n.<br />

Da die eintrüben<strong>de</strong>n Wolken eine <strong>de</strong>utliche rötliche Färbung aufweisen, kann es sich dabei nur um<br />

aufgewirbelten Sand o<strong><strong>de</strong>r</strong> Staub han<strong>de</strong>lt.<br />

Als 1971 Mariner 9 <strong>de</strong>n roten Planeten erreichte <strong>und</strong> die an diesem Projekt beteiligten Wissenschaftler<br />

auf die ersten Detailaufnahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Marsoberfläche warteten, wur<strong>de</strong>n sie enttäuscht. Ein Staubsturm<br />

machte die Marsatmosphäre quasi <strong>und</strong>urchsichtig <strong>und</strong> nur die großen Tharsis-Vulkane blickten wie<br />

Inseln aus <strong>de</strong>m Staubozean hervor. Erst einen Monat später hatte sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Staub soweit abgesetzt, daß<br />

Mariner 9 mit <strong><strong>de</strong>r</strong> fotografischen Kartierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Marsoberfläche beginnen konnte.<br />

Im Jahre 2001 ergab sich dann die Gelegenheit, die Entstehung <strong>und</strong> Entwicklung eines<br />

außergewöhnlich starken Staubsturms, <strong><strong>de</strong>r</strong> selbst auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> mit beschei<strong>de</strong>nen Amateurteleskopen<br />

auszumachen war, im Detail zu untersuchen. Eine Aufnahme <strong>de</strong>s Hubble Weltraumteleskops vom 26.<br />

Juni zeigt, wie sich ein Staubsturm im Bereich <strong>de</strong>s Hellas-Beckens entwickelt. Bereits drei Wochen<br />

später hat er <strong>de</strong>n gesamten Planeten in eine <strong>de</strong>taillose Kugel verwan<strong>de</strong>lt. Die Ausbreitung dieses<br />

Sturms konnte mit Hilfe <strong>de</strong>s IR-Wärmeemissions-Spektrometers (TES) von „Mars Global Surveyor“<br />

im Detail dokumentiert wer<strong>de</strong>n. Es zeigte sich, daß es sich dabei nicht um ein einziges, sich ständig<br />

vergrößern<strong>de</strong>s Phänomen han<strong>de</strong>lt. Vielmehr führte das lokale Ereignis in <strong><strong>de</strong>r</strong> Hellas-Region zur<br />

Entstehung weiterer Stürme, die oft viele tausend Kilometer voneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> entfernt waren <strong>und</strong> die sich<br />

später zu einem globalen Staubsturm vereinigten. Erst einige Monate danach klangen sie ab <strong>und</strong> die<br />

Oberflächen<strong>de</strong>tails <strong>de</strong>s Mars wur<strong>de</strong>n wie<strong><strong>de</strong>r</strong> sichtbar.<br />

Der Staub, <strong><strong>de</strong>r</strong> während eines solchen Sturms aufgewirbelt <strong>und</strong> in die Atmosphäre verfrachtet wird, ist<br />

außergewöhnlich fein, in <strong><strong>de</strong>r</strong> Größe vergleichbar mit <strong>de</strong>n Rußpartikeln im Rauch einer Zigarette (ca. 1<br />

µm ). Deshalb dauert es auch oft mehrere Wochen, bis er sich nach Abklingen <strong>de</strong>s Win<strong>de</strong>s wie<strong><strong>de</strong>r</strong> auf<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Marsoberfläche abgesetzt hat. Auf diese Weise wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Staub sehr gleichmäßig über <strong>de</strong>n Planeten<br />

verteilt. Man erkennt das auch daran, daß die chemische Zusammensetzung <strong>de</strong>s Staubes an <strong>de</strong>n<br />

verschie<strong>de</strong>nen Lan<strong>de</strong>plätzen <strong><strong>de</strong>r</strong> Marsson<strong>de</strong>n ziemlich i<strong>de</strong>ntisch ist. Während eines starken Sturms<br />

wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Staub bis in eine Höhe von 50 Kilometern aufgewirbelt <strong>und</strong> von Win<strong>de</strong>n mit<br />

Windgeschwindigkeiten größer als 100 km/h über <strong>de</strong>n Planeten verteilt. Äolische Prozesse stellen aus<br />

diesem Gr<strong>und</strong> zumin<strong>de</strong>st z.Z. <strong>de</strong>n wichtigsten Erosionsfaktor auf <strong>de</strong>m Mars dar.<br />

Ein wichtiges Ergebnis <strong><strong>de</strong>r</strong> TES-Messungen <strong>de</strong>s „Mars Global Surveyor“ ist, daß sich die stauberfüllte<br />

Atmosphäre im Äquatorbereich insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e in ihren oberen Schichten stark erwärmte (bis über 20°C,<br />

Strahlung wird vom Staub absorbiert <strong>und</strong> danach an das umgeben<strong>de</strong> Gas abgegeben, das sich dadurch<br />

erwärmt), während sich die Temperaturen im bo<strong>de</strong>nnahen Bereich signifikant verringerten. Der Gr<strong>und</strong><br />

dafür liegt in <strong><strong>de</strong>r</strong> hohen Opazität <strong><strong>de</strong>r</strong> Staubwolken, die das Durchdringen <strong><strong>de</strong>r</strong> Sonnenstrahlen <strong>und</strong> damit<br />

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