Kleines Lehrbuch der Astronomie und Astrophysik - Astronomie.de
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Inneres Sonnensystem<br />
rotiert wie die Er<strong>de</strong>, bil<strong>de</strong>n sich großräumig auch ähnliche Strömungsverhältnisse in <strong><strong>de</strong>r</strong> Atmosphäre<br />
aus: Hadley-Zellen über <strong>de</strong>m Äquator <strong>und</strong> westliche Stromsysteme in <strong>de</strong>n mittleren Breiten<br />
(Corioliskraft). Letztere treten auf <strong>de</strong>m Mars in merklicher Form jedoch nur in <strong>de</strong>n Wintermonaten <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
jeweiligen Hemisphäre auf, da nur dann <strong><strong>de</strong>r</strong> breitenabhängige Temperaturgradient die Werte erreicht,<br />
die für die Entstehung von Jetstreams erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich sind. Diese Strahlströme, die in großen Höhen als<br />
starke Westwin<strong>de</strong> wehen, führen in <strong>de</strong>n bo<strong>de</strong>nnahen Atmosphärenschichten zur Ausbildung<br />
periodischer zyklonaler <strong>und</strong> antizyklonaler Windsysteme, welche Energie aus <strong>de</strong>n Strahlströmen<br />
abziehen <strong>und</strong> polwärts transportieren. Die Messungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Viking-Lan<strong><strong>de</strong>r</strong> zeigen, daß damit<br />
verb<strong>und</strong>ene Wetterfronten mit einer überraschend konstanten Perio<strong>de</strong> von ungefähr 3 Tagen die<br />
Lan<strong>de</strong>plätze überstreichen. Ein Meteorologe auf <strong>de</strong>m Mars hätte zwar einen sehr langweiligen Job,<br />
aber seine Vorhersagegenauigkeit wäre um einiges besser als das seiner Kollegen auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong>.<br />
Die großräumigen Zirkulationsmuster hängen auf <strong>de</strong>m Mars sehr stark von <strong><strong>de</strong>r</strong> Jahreszeit ab. Ursachen<br />
dafür sind:<br />
§ die Neigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Marsachse (ca. 25°)<br />
§ die große Bahnexzentrizität (führt dazu, daß die Jahreszeiten in <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Hemisphären<br />
unterschiedlich lang sind)<br />
§ das Auskon<strong>de</strong>nsieren von CO 2 während <strong><strong>de</strong>r</strong> Wintermonate, was u.a. zu einer zyklischen Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
<strong>de</strong>s Luftdrucks an <strong><strong>de</strong>r</strong> Oberfläche führt<br />
§ <strong><strong>de</strong>r</strong> relativ geringe Treibhauseffekt (ca. 8°)<br />
§ das zyklische Auftreten von Staubstürmen (Erhöhung <strong><strong>de</strong>r</strong> Opazität <strong><strong>de</strong>r</strong> Atmosphäre).<br />
§ <strong><strong>de</strong>r</strong> äußerst geringe Wasserdampfgehalt <strong><strong>de</strong>r</strong> Marsatmosphäre<br />
Außer<strong>de</strong>m führt <strong><strong>de</strong>r</strong> Höhenunterschied zwischen <strong><strong>de</strong>r</strong> niedriger gelegenen Nordhalbkugel <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> einige<br />
Tausend Meter höher gelegenen Südhalbkugel zu einer Beeinflussung <strong><strong>de</strong>r</strong> großräumigen<br />
atmosphärischen Strömungen. Computersimulationen von RICHARDSON <strong>und</strong> WILSON (2002) zeigen<br />
sehr schön, daß es – wie auch beobachtet – auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Südhalbkugel in dieser Beziehung heftiger zugeht.<br />
Ein wesentlicher Unterschied zur Er<strong>de</strong> ist, daß <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweils wärmste Bereich auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Marsoberfläche im<br />
Sommer <strong><strong>de</strong>r</strong> subsolare Punkt ist. Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> ist das nicht so ausgeprägt, weil <strong><strong>de</strong>r</strong> Wärmeaustausch<br />
zwischen Oberfläche <strong>und</strong> Atmosphäre maßgeblich von <strong>de</strong>n Ozeanen bestimmt wird, die eine enorme<br />
thermische Pufferwirkung entfalten. So etwas fehlt natürlich auf <strong>de</strong>m Mars. Das führt dazu, daß sich<br />
nicht - wie bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong> – zwei zum Äquator symmetrische Hadley-Zellen ausbil<strong>de</strong>n, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n nur eine<br />
mit <strong>de</strong>m Zentrum in <strong><strong>de</strong>r</strong> Breite <strong>de</strong>s subsolaren Punktes. Für das Auftreten <strong><strong>de</strong>r</strong> Strahlströme ist – wie<br />
bereits erwähnt - <strong><strong>de</strong>r</strong> breitenabhängige Temperaturgradient verantwortlich. Dieser Gradient ist dann am<br />
größten, wenn z.B. im Frühjahr das Trockeneis an <strong>de</strong>n Polkappen zu sublimieren beginnt <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
subsolare Punkt sich zu höheren Breiten hin bewegt. In dieser Jahreszeit ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Jetstream beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />
stark ausgeprägt <strong>und</strong> „bläst“ um einiges stärker als sein Pedant auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong>.<br />
Im Mars-Sommer sind die Temperaturen über <strong>de</strong>m Planeten dann soweit ausgeglichen, daß die<br />
großräumigen Windsysteme im Prinzip zusammenbrechen.<br />
Durch die starke Bahnexzentrizität ergibt sich noch ein weiterer marsspezifischer Effekt. Die Länge<br />
<strong>und</strong> meteorologischen Bedingungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Jahreszeiten sind auf bei<strong>de</strong>n Hemisphären recht