Kleines Lehrbuch der Astronomie und Astrophysik - Astronomie.de
Kleines Lehrbuch der Astronomie und Astrophysik - Astronomie.de
Kleines Lehrbuch der Astronomie und Astrophysik - Astronomie.de
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Merkur<br />
Atmosphäre<br />
Merkur besitzt heute keine nennenswerte Atmosphäre mehr. Die geringen Gasmengen, die in seiner<br />
Umgebung nachgewiesen wur<strong>de</strong>n, bil<strong>de</strong>n gewissermaßen eine Exosphäre, die bis zur<br />
Planetenoberfläche reicht. Die darin enthaltenen Gase entweichen kontinuierlich in <strong>de</strong>n kosmischen<br />
Raum, so daß sie immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> nachgeliefert wer<strong>de</strong>n müssen. Das geschieht durch eine Restentgasung<br />
<strong>de</strong>s Planeten, durch das Freisetzen von Heliumatomen aus <strong>de</strong>m Zerfall radioaktiver Elemente, aus <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Wechselwirkung <strong><strong>de</strong>r</strong> intensiven Sonnenstrahlung mit <strong>de</strong>m Oberflächengestein <strong>und</strong> nicht zuletzt durch<br />
einen Eintrag über <strong>de</strong>n Sonnenwind.<br />
Nachgewiesen wer<strong>de</strong>n konnten folgen<strong>de</strong> Gase (geordnet nach Häufigkeit):<br />
Sauerstoff 2<br />
O , Natrium Na, Wasserstoff H 2 , Helium He, Kalium K sowie folgen<strong>de</strong> Spurengase:<br />
Argon Ar, Kohlendioxid CO 2 , Wasser 2 H O , Stickstoff N 2 , Xenon Xe, Krypton Kr <strong>und</strong> Neon Ne.<br />
Es ist nicht unwahrscheinlich – <strong>und</strong> Radarbeobachtungen lassen <strong>de</strong>n Schluß zu – daß es im Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Polkalotten im Schatten mancher Krater merkliche Mengen von Wassereis gibt. Dort liegen die<br />
Oberflächentemperaturen permanent bei ca. 112 K, wodurch größere Eismassen über lange Zeiten<br />
stabil bleiben könnten. Quelle für diese Eisvorkommen könnten Einschläge von wasserreichen<br />
Kometen <strong>und</strong> Planetoi<strong>de</strong>n sein.<br />
Magnetfeld<br />
Die einzigen Messungen <strong>de</strong>s Merkurmagnetfel<strong>de</strong>s stammen von <strong>de</strong>n drei Vorbeiflügen von Mariner 10<br />
in <strong>de</strong>n Jahren 1974 <strong>und</strong> 1975, wobei nur die erste <strong>und</strong> die dritte Begegnung brauchbare Werte lieferten.<br />
Da <strong><strong>de</strong>r</strong> Merkur praktisch keine Atmosphäre besitzt, verfügt er auch nur über eine vernachlässig-bare<br />
Ionosphäre. Die maximale Feldstärke, die gemessen wur<strong>de</strong>, lag bei r<strong>und</strong> 400 nT als die Son<strong>de</strong> bei ihrer<br />
dritten Annäherung (16.März 1975) die Stoßfront durchquerte. Der Abstand <strong><strong>de</strong>r</strong> Magnetopause zur<br />
Merkuroberfläche dürfte geringer als ein Merkurradius (2439 km) sein.<br />
Man nimmt an, daß die Magnetosphäre in ihrer Struktur einer verkleinerten Ausgabe <strong><strong>de</strong>r</strong> Irdischen<br />
ähnelt. Eine <strong>de</strong>taillierte Analyse erwartet man von <strong><strong>de</strong>r</strong> Son<strong>de</strong> Bepi-Colombo, welche die ESA nach <strong>de</strong>n<br />
vorliegen<strong>de</strong>n Planungen im Jahre 2013 mit einer Ariane 5 auf die Reise zum Merkur schicken möchte.<br />
Sie soll nach zweieinhalbjähriger Flugzeit am Merkur eine spezielle Son<strong>de</strong> (MMO, „Mercury<br />
Magnetospheric Orbiter“) zur Erforschung <strong>de</strong>s Magnetfel<strong>de</strong>s aussetzen.<br />
Vielleicht kann man mit ihrer Hilfe klären, was die Ursache für das Merkur-Magnetfeld ist. Z.B.<br />
vermutet man, daß <strong><strong>de</strong>r</strong> relativ große Eisenkern <strong>de</strong>s Planeten doch noch nicht vollständig erstarrt ist <strong>und</strong><br />
dadurch zumin<strong>de</strong>st noch einen rudimentären Dynamoeffekt am Laufen hält. Eine neuere Erklärung<br />
(CHRISTENSEN, 2006) geht auch davon aus, daß <strong><strong>de</strong>r</strong> Merkur einen flüssigen Eisenkern besitzt, wobei<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> äußere Bereich statisch ist (d.h. die Konvektion ist unterb<strong>und</strong>en) <strong>und</strong> nur <strong><strong>de</strong>r</strong> innere Bereich eine<br />
durch Konzentrationsunterschie<strong>de</strong> (<strong>und</strong> zwar aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>s Schwefelgehalts) hervorgerufene stabile<br />
Strömung aufweist. Auf diese Weise kann nur ein Bruchteil <strong>de</strong>s vom Dynamo erzeugten Fel<strong>de</strong>s durch<br />
<strong>de</strong>n ruhen<strong>de</strong>n Teil <strong>de</strong>s Eisenkerns nach außen diff<strong>und</strong>ieren was be<strong>de</strong>uten wür<strong>de</strong>, daß Merkurs Dynamo<br />
gegenwärtig nur noch tief in <strong>de</strong>ssen flüssigen Kern arbeitet.<br />
13