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Leitfaden Gesundheitsbewußt modernisieren - Siegwart, Michael

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7.1 Richtiges Lüften<br />

Die Lüftung hat zwei unterschiedliche Funktionen zu<br />

erfüllen: Zufuhr von Frischluft und Fortleitung von Feuchtigkeit<br />

und Luftverunreinigungen.<br />

Beim Aufenthalt von Personen in einem geschlossenen<br />

Raum muss kontinuierlich oder in regelmäßigen Abständen<br />

„frische Luft“ zugeführt werden. Beim Aufenthalt von<br />

Personen steigt die Kohlendioxidkonzentration und der<br />

Wasserdampfgehalt in der Raumluft. Steigen die Kohlendioxidkonzentrationen<br />

in Räumen, dann nehmen erfahrungsgemäß<br />

auch die Geruchsbelastungen durch Körperausdünstungen<br />

zu. Deshalb eignet sich die Kohlendioxidkonzentration<br />

der Raumluft als Indikator für die<br />

Feststellung und Bewertung von Personen bedingten Luftverunreinigungen.<br />

Bei Volumengehalten von bis zu 1.000<br />

ppm (parts per million) Kohlendioxid wird die Luftqualität<br />

von den meisten Personen als gut bewertet. Steigt die Kohlendioxid-Konzentration<br />

weiter an, wird die Raumluft<br />

zunehmend als verbraucht und schlecht empfunden. Die<br />

verbrauchte Luft muss gegen frische ausgetauscht werden.<br />

Als Faustregel kann man sich merken, dass pro Person und<br />

Stunde ca. 20 m 3 Frischluft zugeführt werden müssen,<br />

damit eine gute Luftqualität erhalten bleibt. Da die Verschlechterung<br />

der Luft sensorisch wahrnehmbar ist, kennt<br />

die Bewohnerschaft „ihren“ Lüftungsbedarf.<br />

Als zweite Funktion der Lüftung wurde die Fortleitung von<br />

Luftverunreinigungen und Feuchtigkeit erwähnt. Diese<br />

Lüftungsaufgabe besteht auch unabhängig vom Aufenthalt<br />

von Personen in einer Wohnung. Insbesondere in den<br />

ersten Wochen und Monaten nach Fertigstellung können<br />

bauwerksbedingte Feuchtelasten und erhöhte Emissionen<br />

von flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) vorliegen.<br />

Darüber hinaus ergeben sich durch die Nutzung<br />

Feuchtelasten, die unabhängig von dem Aufenthalt von<br />

Personen im Raum fortgeleitet werden müssen. Zusätzlich<br />

sind Möbel und Einrichtungsgegenstände Quelle für VOC-<br />

Emissionen (siehe Abschn. 7.3).<br />

Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen am<br />

Gebäudebestand führen zwangsweise zu einer luftdichteren<br />

Außenhülle am Gebäude. Vor der Durchführung der<br />

baulichen Maßnahmen gab es in aller Regel zusätzlich eine<br />

Fugenlüftung, die für einen geringen, aber konstanten<br />

Luftaustausch in einer Größenordnung zwischen 0,3 und<br />

0,8 Luftwechsel pro Stunde sorgte. Diese Art der Grundlüftung<br />

kann nicht ersatzlos gestrichen werden. Im Rahmen<br />

der Planungen kann dieses Lüftungsdefizit durch den<br />

Einbau maschineller Lüftungseinrichtungen wie z. B. einer<br />

kontrollierten Be- und Entlüftung, einer zentralen Abluftanlage<br />

mit Nachströmöffnungen in der Außenhülle oder<br />

durch Dauerlüftungsvorrichtungen im Bereich der Fenster<br />

ausgeglichen werden. Die Bewohnerschaft muss bei technischen<br />

Einrichtungen nicht nur über die Funktionsweise<br />

aufgeklärt werden, sie muss auch lernen, ihr Lüftungsverhalten<br />

an die veränderten Erfordernisse anzupassen.<br />

Außerdem muss sichergestellt sein, dass die Geräte regelmäßig<br />

gewartet und gereinigt werden.<br />

Wird die weggefallene Fugenlüftung im Rahmen der<br />

Modernisierung (siehe Kapitel 4) nicht als Planungsaufgabe<br />

wahrgenommen und gelöst, kann dies dazu führen,<br />

dass die Bewohnerschaft die Luftqualität unter Beibehaltung<br />

ihrer alten Lüftungsgewohnheiten schlechter bewertet.<br />

Fensterlüftung, die energiesparend und den hygienischen<br />

Erfordernissen genügend sein soll, kann nicht in ein<br />

paar knappen Sätzen für alle Anforderungssituationen passend<br />

erläutert werden. Die Grundlagen sind nachfolgend<br />

beschrieben:<br />

Von der Lüftungsart her unterscheidet man zwischen<br />

Stoßlüftung und Dauerlüftung. Bei der Stoßlüftung wird in<br />

der Regel ein Fensterflügel für einen Zeitraum zwischen 5<br />

und 30 Minuten komplett geöffnet Die Stoßlüftung erfolgt<br />

mit dem Ziel, in kurzer Zeit einen teilweisen oder kompletten<br />

Luftaustausch zu erzielen. Diese Lüftungsart ist<br />

eine wirksame Methode insbesondere zur Fortleitung von<br />

nutzungsbedingten Emissionen (Gerüche, Wasserdampf;<br />

Kohlendioxid) und zur Zufuhr von Frischluft. Aus energetischer<br />

Sicht ist das Verfahren als ein sparsames Lüftungsverfahren<br />

anzusehen. Als Dauerlüftungsmethode ist die<br />

Kippstellung der Fenster beliebt. Wird diese Art der Dauerlüftung<br />

jedoch auch während der Heizperiode praktiziert,<br />

konterkariert sie alle Bemühungen zur energetischen<br />

Modernisierung eines Gebäudes.<br />

Die Effizienz der Fensterlüftung und damit auch die erforderliche<br />

Lüftungsdauer wird sehr stark von der Lage und<br />

Ausrichtung des Fensters am Gebäude und vom<br />

Außenklima bestimmt. Neben dem Winddruck an einem<br />

Gebäude spielen Temperaturunterschiede zwischen drinnen<br />

und draußen eine Rolle. Seit Jahren wird von Energieberatern<br />

die Stoßlüftung propagiert. Die Erfahrungen der<br />

letzten Jahre zeigen jedoch, dass von der Bewohnerschaft<br />

und den Nutzenden, die sich nur unregelmäßig in Wohnungen<br />

aufhalten, Stoßlüftungen nicht in dem erforderlichen<br />

Maß vorgenommen werden können.<br />

In Schlafräumen ohne spezielle Lüftungseinrichtungen ist<br />

eine ausreichende Lüftung während der Nachtruhe nur<br />

durch Dauerlüftung mit geöffnetem Fenster gewährleistet.<br />

Liegt der Raum an einer verkehrsreichen Straße, befindet<br />

sich der Bewohner/die Bewohnerin in einem nicht zu<br />

lösenden Dilemma: Entweder er vermeidet die Lärmbelästigung<br />

und nimmt eine schlechte Luftqualität in Kauf,<br />

oder er lüftet und sieht sich Lärmbelastungen ausgesetzt.<br />

Eine aus energetischer Sicht akzeptable Form einer minimalen<br />

Dauerlüftung ist die Spaltlüftung. Die Spaltlüftung<br />

kann durch Lüftungsklappen im Fensterrahmen oder in der<br />

Fensterfalz sowie durch eine geringe und kontrollierte Fensteröffnung<br />

mit Hilfe einer speziellen Arretierungsvorrichtung<br />

am Fenster erfolgen. Es handelt sich um einfache,<br />

nachträglich selbst einzubauende Möglichkeit zur Verbesserung<br />

der Lüftungsmöglichkeiten.<br />

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