20.11.2013 Aufrufe

Leitfaden Gesundheitsbewußt modernisieren - Siegwart, Michael

Leitfaden Gesundheitsbewußt modernisieren - Siegwart, Michael

Leitfaden Gesundheitsbewußt modernisieren - Siegwart, Michael

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

5.2.9.2.1 Gefährdungsbeurteilung<br />

Allgemeines<br />

5.2.9.2 Mineralwolle-Dämmstoffe<br />

(künstliche Mineralfasern – KMF)<br />

Alte Mineralwolle ist als krebserzeugend oder krebsverdächtig<br />

eingestuft (s. u.). Mineralfaser-Produkte finden<br />

im Baubereich umfangreiche Verwendung zur Wärmedämmung,<br />

zum Kälte- und Brandschutz sowie zur Schallisolation.<br />

Im Wohnungsbau werden Mineralwolle-<br />

Erzeugnisse insbesondere verwendet in Form von Platten<br />

oder rollbaren Matten und Filzen sowie als Formteile<br />

z. B. zur Dämmung von Rohrleitungen. Mineralwolle-<br />

Matten werden auch zu Dämmzwecken in Elektro-Speicherheizgeräten<br />

eingesetzt.<br />

Zur Verstärkung und auch um das Freisetzen von Feinstaub<br />

zu vermindern, werden die Dämmfilze werkseitig<br />

häufig mit einer papierverstärkten Aluminiumfolie oder<br />

mit einem dünnen Glasfaservlies verklebt.<br />

Um 1990 erhärtete sich der Verdacht, dass künstliche<br />

Mineralfasern Krebs erzeugen können. Mitte der 1990er<br />

Jahre begannen die Mineralfaser-Hersteller, ihre Produkte<br />

so zu verändern, dass die Fasern in der Lunge<br />

schneller abgebaut werden. Seit dem 1.6.2000 dürfen nur<br />

noch Mineralwolle-Dämmstoffe hergestellt und eingebaut<br />

werden, die nachweislich nicht krebserzeugend<br />

sind.<br />

Für die „Freizeichnung“ vom Krebsverdacht hat der<br />

Gesetzgeber den Herstellern mehrere alternative Möglichkeiten<br />

(Kriterien) angeboten (siehe Kasten). Für die<br />

Freizeichnung eines „neuen“ Produktes reicht es aus,<br />

wenn der Hersteller nachweist, dass das Produkt eines<br />

der drei u.g. Kriterien erfüllt.<br />

Um Käufern und Verarbeitern von Mineralwolle-Dämmstoffen<br />

eine leicht erkennbare Information darüber zu<br />

geben, ob ein Mineralwolle-Erzeugnis nach Gefahrstoffrecht<br />

freigezeichnet ist, haben deutsche Hersteller 1998<br />

die „Gütegemeinschaft Mineralwolle e.V." gegründet<br />

und gemeinsam mit dem RAL Deutsches Institut für<br />

Gütesicherung und Kennzeichnung e.V. das RAL-Gütezeichen<br />

388 eingeführt. Damit kennzeichnet das RAL-<br />

Institut seit 1999 die Mineralwolle-Dämmstoffe, die frei<br />

von Krebsverdacht sind.<br />

Kriterien zur Freizeichnung von<br />

Mineralwolle vom Krebsverdacht<br />

1. Kriterium: Tierexperimentelle<br />

Untersuchungen zur<br />

krebserzeugenden<br />

Wirkung der KMF<br />

2. Kriterium: Tierexperimentelle<br />

Untersuchungen zur<br />

Biobeständigkeit der<br />

KMF<br />

3. Kriterium: Chemische Analyse<br />

der KMF zur Ermittlung<br />

des Kanzerogenitätsindexes<br />

(KI)<br />

Der KI stellt ein Maß für die Biolöslichkeit<br />

der Fasern dar. Dabei geht es<br />

um die Frage, wie leicht sich die<br />

Fasern in einem biologischen<br />

System, z. B. der Lunge, auflösen.<br />

Der KI wird durch eine Rechenformel<br />

ermittelt. Entscheidet sich der<br />

Hersteller für den KI als Freizeichnungskriterium,<br />

so muss dieser mindestens<br />

einen Wert von 40 aufweisen.<br />

Rein äußerlich sind „alte“ und „neue“ Mineralfaser-Erzeugnisse nicht voneinander zu unterscheiden.<br />

Bei Produkten, die vor 1996 hergestellt wurden, ist davon auszugehen, dass es sich<br />

noch um „alte“, also krebsverdächtige bzw. krebserzeugende Materialien handelt. Zwischen 1996<br />

bis zum Herstellungsverbot am 1.6.2000 wurden sowohl „alte“ wie auch „neue“ Mineralfaserprodukte<br />

hergestellt und eingebaut.<br />

Um die gefahrstoffrechtliche Einstufung von eingebauten Altprodukten rasch festzustellen, kommen<br />

aus nahe liegenden Gründen Tierversuche (1. und 2. Kriterium) nicht infrage. Nur die<br />

Bestimmung des Kanzerogenitätsindex KI durch eine Laboranalyse des Materials (3. Kriterium)<br />

stellt eine praktikable Untersuchungsmethode dar. Für den Zeitraum zwischen 1996, dem Beginn<br />

der Umstellung auf „neue“ Produkte, und Mitte 2000, dem Herstellungsverbot für „alte“ Produkte,<br />

ergibt sich damit folgende Schwierigkeit: Der KI eines eingebauten Produktes kann einen<br />

Wert kleiner als 40 aufweisen – und damit eine Einstufung als krebsverdächtig (K3) bzw. krebserzeugend<br />

(K2) anzeigen – es kann sich aber trotzdem um ein (nach dem 1. oder 2. Kriterium)<br />

freigezeichnetes „neues“ Mineralfaser-Produkt handeln. In solchen Fällen kann eine Klärung nur<br />

mit Hilfe der Produktunterlagen (Sicherheitsdatenblatt) aus der Zeit des Einbaus erreicht werden.<br />

Sofern entsprechende Unterlagen noch verfügbar sind und das Produkt als freigezeichnet ausweisen,<br />

ist die Bestimmung des Kanzerogenitätsindexes nicht erforderlich bzw. ein eventuell<br />

bereits ermittelter Kanzerogenitätsindex irrelevant. Sind jedoch keine geeigneten Unterlagen<br />

mehr verfügbar oder verbleiben Zweifel, ist bei dem fraglichen Produkt gemäß Technischer<br />

Regel für Gefahrstoffe (TRGS) 521 stets von einer Einstufung als krebserzeugend (K2) auszugehen.<br />

63

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!