Leitfaden Gesundheitsbewußt modernisieren - Siegwart, Michael
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8.2.3 Polychlorierte Biphenyle (PCB)<br />
8.2.3.1 Stoffbeschreibung<br />
Polychlorierte Biphenyle (PCB) ist die Bezeichnung für<br />
ein synthetisches Stoffgemisch, das seit den 1950er Jahren<br />
in elektrotechnischen Bauteilen wie Kondensatoren<br />
(z. B. für Leuchtstofflampen und Waschmaschinen) verwendet<br />
wurde. Neben diesem „geschlossenen System“<br />
Kondensator wurden PCB auch für „offene Anwendungen“<br />
eingesetzt. Im Baubereich sind dies insbesondere<br />
die Thiokol-Fugenmassen, in denen PCB als Weichmacher<br />
fungierte. Weiterhin wurde PCB speziellen Anstrichen<br />
zugesetzt, entweder mit dem Ziel, dem Anstrich<br />
eine gewisse Elastizität zu verleihen oder um Holzfaserdeckenplatten<br />
flammhemend auszurüsten. Schließlich<br />
wurde PCB hin und wieder auch Buntsteinputzen beigemischt,<br />
um diese elastischer zu machen.<br />
Regelwerk<br />
Richtlinie für die Bewertung und<br />
Sanierung PCB-belasteter Baustoffe<br />
und Bauteile in Gebäuden (PCB-Richtlinie<br />
NRW), RdErl. d. Ministeriums für<br />
Bauen und Wohnen v. 3.7.1996 – II B<br />
4-476.101 http://www.katumwelt.de/<br />
icheck/dokumente/pcbnrw.htm<br />
Anders als bei Großbauten in Fertigteilbauweise wurden<br />
PCB-haltige Fugenmassen und Anstriche in Wohngebäuden<br />
nur sehr selten eingesetzt. Die hauptsächlich verwendeten<br />
Silikon- und Acryl-Dichtmassen wie auch die<br />
handelsüblichen Dispersionsfarben waren immer PCBfrei.<br />
PCB-haltige Deckenplatten wurden ausschließlich<br />
für abgehängte Decken in Nicht-Wohngebäuden verwendet.<br />
Buntsteinputze wurden insbesondere in Treppenhäusern<br />
und im Außenbereich aufgebracht. Manchmal<br />
wurde diesen Putzen auf der Baustelle noch PCB zugesetzt.<br />
Der Hauptverwendungszeitraum für PCB-haltige Bauprodukte<br />
liegt in den 1960er und 1970er Jahren. 1978<br />
wurde die Verwendung von PCB für „offene Anwendungen“<br />
verboten. Seit 1983 werden PCB in der Bundesrepublik<br />
Deutschland nicht mehr hergestellt. Die Verwendung<br />
von PCB im elektrotechnischen Bereich, d. h. z. B.<br />
für Kondensatoren, wurde 1984 beendet.<br />
8.2.3.2 Gesundheitsgefahren<br />
Ein Kontakt mit PCB im Wohnbereich ist möglich über<br />
leck gewordene Kondensatoren, in denen PCB als zähe<br />
Flüssigkeit enthalten ist oder über Thiokol-Fugenmassen,<br />
die sich – wenn überhaupt – bei Wohngebäuden<br />
meistens im Außenbereich befinden. PCB kann sowohl<br />
über direkten Hautkontakt wie auch über die Atemluft<br />
aufgenommen werden. PCB ist vor allem ein Schadstoff,<br />
der bei langfristiger Aufnahme (chronisch) krankheitsverursachend<br />
sein kann. Im Gefahrstoffrecht ist die Chemikalie<br />
eingestuft als ein Stoff, der die Fortpflanzungsfähigkeit<br />
beeinträchtigen und das ungeborene Leben<br />
schädigen kann. Diese beiden Schadwirkungen werden<br />
unter dem Begriff Reproduktionstoxizität zusammengefasst.<br />
Darüber hinaus besteht ein begründeter Verdacht<br />
auf krebserzeugende Wirkung. Weitere Wirkungen von<br />
PCB äußern sich in Neurotoxizität, Immuntoxizität,<br />
Lebertoxizität sowie in Schilddrüsen- und Hauteffekten.<br />
Wegen seiner Schadwirkung und der Eigenschaft, sich in<br />
der Umwelt anzureichern, ist PCB als umweltgefährlich<br />
eingestuft.<br />
Infolge des umfangreichen und weltweiten Einsatzes von<br />
ca. 1,5 Millionen Tonnen sowie der hohen Beständigkeit<br />
in Wasser und Boden sind Spuren von PCB praktisch allgegenwärtig.<br />
Das meiste PCB nimmt der Mensch über<br />
die Nahrung auf. Relativ viel PCB enthalten fettreiche<br />
tierische Nahrungsmittel, wohingegen Gemüse und Obst<br />
nur sehr geringe PCB-Gehalte aufweisen.<br />
Im Vergleich zu der mit der Nahrung aufgenommenen<br />
PCB-Menge ist der Beitrag der Atemluft zur PCB-Belastung<br />
des Menschen i. d. R. deutlich geringer. Unter Vorsorgeaspekten<br />
soll aber eine zusätzliche Belastung über<br />
die Atemluft so weit wie möglich minimiert werden. Um<br />
dies zu erreichen, wurde für die Innenraumluft ein Vorsorgewert<br />
von 300 Nanogramm (ng) PCB/m 3 Luft festgelegt.<br />
Eine solche PCB-Raumluftkonzentration gilt als<br />
langfristig tolerabel.<br />
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